Kapitel 22

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4 Stunden zuvor...


Hannah...


Als die Sonne langsam um sechs Uhr morgens aufgeht und Ally und James noch immer nicht zurückgekommen sind, laufe vor der Schiebetür auf und ab. Immer wieder sehe ich hinaus in die Wälder, in der Hoffnung sie kehren zurück, doch es ist weiterhin niemand zu sehen.

Die Trainingseinheiten, die sie seit neustem zusammen absolvieren, verändern die beiden, das konnte ich schon feststellen. Doch was mir größere Sorge bereitet, ist etwas Anderes. Etwas scheinbar viel Kleineres: James Augen haben sich verändert. Auch, wenn er dies selbst nicht wahrhaben will und abwinkt, sobald ich ihn darauf anspreche.

Immer wieder sehe ich auf meine Armbanduhr und massiere meine Nasenwurzel, denn es fällt mir schwer meine Augen weiterhin auf zu halten. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, das letzte Mal eine Nacht richtig durch geschlafen zu haben, dennoch helfe ich gerne, wo ich kann. Immer wieder denke ich an mein Zuhause, an mein Apartment, welches ich nicht vorhabe, für immer zurück zu lassen. Irgendwann würde ich mit James darüber reden müssen, dass mein Leben weitergeht und seines auch, wenn es sein muss - und das ist wahrscheinlicher - getrennt. Dass unsere Leben so unterschiedlich sind, weiß er selbst, doch befürchte ich, dass es ein kleiner Kampf sein wird, dass hier alles hinter mir zu lassen. Ich habe so viel dazu gelernt, seit ich diese wundervollen Menschen kennen gelernt habe, die Zeit will ich nicht missen. Dennoch, jede Zeit geht einmal zu Ende.

Vieles hat sich seit der Abreise von Anna und Will verändert, wenn auch nicht nur zum Positiven. L verlässt das Zimmer am Ende das Ganges nur selten, er scheint Probleme zu haben, von denen die anderen beides nichts wissen. Manchmal spiele ich mit den Gedanken, ihn einfach mal nach seinem Gefühlszustand zu fragen, vielleicht würde er mir erzählen wie es ihm geht, doch die Wahrscheinlichkeit ist eher gering.

Es ist noch nicht so lange her, da habe ich Kriegsopfer behandelt, die sich ähnlich verhielten. Wie auch hier bei jedem einzelnen, sind die Symptome klar.

James hatte mir gesagt, dass er mir nicht sagen kann, was hier los ist, dass er mir aber das nötigste erzählen würde, sodass ich ihnen helfen könnte, sollte es der Fall sein. Ich hatte dies akzeptiert, dennoch merkte ich, dass es ein neues Geheimnis zu geben schien, dass er vor mir zu verheimlichen versucht.

»Wo bleibt ihr denn? «, flüstere ich sehnsüchtig und beschließe schließlich sie zu suchen. Ich weiß, ich sollte es nicht, aber ich kann nicht anders, ich will wissen, was hier los ist.

Langsam schiebe ich die Tür zur Seite und werfe noch mal einen prüfenden Blick zurück, denn so wie ich mich kenne, kommt L gerade zur Tür hinaus, wenn ich mich herausschleichen möchte.

Er ist nicht da.

Ich atme einmal tief aus und trete dann hinaus und renne direkt auf den Wald zu. Mein Herz rast, ich bin nicht dazu erzogen worden unanständig zu sei, dieses kleine Abenteuer, gehört bereits dazu. Ich weiß nicht, was mich erwartet aber was ich weiß ist, dass James nicht gut heißen wird, dass ich hier bin. Jedes Mal, wenn Ally und er zurückkamen, waren ihre Klamotten zerrissen und ihre Körper trugen plötzlich Blessuren, auf dessen Herkunft ich natürlich keine Antwort bekam.

Kratzspuren. Ich dachte mir jedes Mal, dass die Verletzungen nur von einer Raubkatze stammen konnte, doch woher sollten sie diese haben?

Ich erreiche den Wald Anfang, doch bleibe ich vor ihm stehen und atme erst einmal tief ein. Zur Vorsicht sehe ich mich noch einmal um, doch bin ich mir jetzt sicher, dass ich es wirklich tun will. Bevor ich losgehe, ziehe ich meine Stöckelschuhe aus und platziere sie hinter einem Baum.

Blood Hunter Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt