Kapitel 5

85 5 0
                                    


Anna...

Stocksteif stehe ich da, wärend ich mir meine Wange halte und von dem Geschehenen völlig überrumpelt bin. Nie hätte ich gedacht, dass Ally jemals die Hand gegen mich erheben würde, doch irgendwann ist wohl immer das erste Mal.

Unschuldig liegt sie in ihrem Bett, hat die Augen geschlossen, um sich zu beruhigen, doch murmelt sie weiter vor sich hin. »Der Feind. Sie ist der Feind! «

Wütend sieht Will sie mit verschränkten Armen an, weiß ebenfalls nicht, was er sagen soll. So war das alles nicht geplant. Erst vor wenigen Stunden, ging es mir so schlecht, dass ich mich lieber umbringen wollte, als weiter mit dieser Lüge zu leben, weil niemand auch nur davon wissen sollte. Und jetzt? Jetzt will ich um nichts in der Welt leben und fürchte mich vor dem, was da jetzt noch kommt, weil sie es weiß. Ally scheint ein paar Erinnerungen von mir gesehen zu haben, was es mir nicht unbedingt leichter macht, all das zu verarbeiten. Ich will mich gerne erklären, ihr meinen Standpunkt erklären, doch ich fürchte, dass sie mich nicht zu Wort kommen lassen wird. Zu groß ist der Verlust, den sie vor vielen Jahren erlitten hat. Sie hat das ganze hunderte von Jahren mit sich herumgeschleppt, hat weiterhin Krieg gegen diese Leute geführt, um sich zu rechen. Wie kann ich da nur herkommen und meinen, nur, weil ich eine Freundschaft zu ihr pflege, würde das all diese Dinge aufwiegen? Ich war töricht das zu denken, sie hat jedes Recht der Welt, auf mich sauer zu sein, doch würde ich gerne ein paar Worte mit ihr wechseln, bevor sie mich wahrscheinlich für immer mit Verachtung bestraft, um sie davon zu überzeugen, dass ich mit diesen Leute nicht das Geringste zu tun habe. Ich hege keinen Groll gegen sie, das würde ich nie, sie ist meine beste Freundin, ich habe ihr so viel zu verdanken. All das, würde ich ihr gerne sagen und hoffe dann, dass sie einsieht, dass ich Recht habe. Ich will ebenso sehr, wie alle anderen in diesem Raum, dass dieser schreckliche Clan endlich ausgelöscht wird. Auch ich bin von ihnen gezeichnet wurden so, wie jeder Einzelne hier.

»Alles in Ordnung? «, fragt Will mich und zieht meine Hand etwas zur Seite, wärend ich ihn betrübt ansehe. »Lass mal sehen! « Als er sie wegzieht, schließe ich die Augen und schlucke schwer. Die unerwartete Wucht des Schlages hat mich überrascht und dafür gesorgt, dass sie mich, weil ich sie umarmen wollte, direkt erwischt hat. Sie hat genau gezielt und meinen Kiefer letztendlich voll erwischt.

Ich zische durch die Zähne, als er mit seinen Fingern sanft über die Stelle fährt. Sofort danach ist sie dick geworden, das merkte ich sofort, doch ist mir der Schmerz mittlerweile so vertraut, dass ich ihm nur noch wenig Beachtung schenke.

»Das sieht schlimm aus. Sie hat dich voll erwischt «, stellt er fest, doch ich drücke seine Hand wieder weg. »Ist schon gut. Ich ... ich will nur kurz für mich allein sein, ist das ok? «

Ich warte aber nicht auf eine Antwort. Langsam drehe ich mich um und gehe auf die Tür zu, bevor er mich stoppt. »Du machst doch keine Dummheiten oder? « Sein Ton klingt besorgt, doch es schwingt auch etwas Schmerz darin mit. Ich bleibe kurz stehen und schließe die Augen, doch würdige ich ihm keine Antwort. Ich setze mich dann doch wieder in Bewegung.

Ich verlasse die Treppe nach rechts und klopfe schließlich an die zweite Tür der Ruheräume.

»L? «

Weil ich keine Antwort bekomme, mache ich die Tür auf und trete ein. »Bist du da? «

»Hier hinten «, ertönt seine Stimme plötzlich. Sie klingt betrübt.

»Alles in Ordnung? Wieso bist du nicht bei Ally? «

Ich weiß, dass es nicht gut wäre, würde er bei ihr sein. Auch er wüsste, wer ich bin, wohin ich eigentlich gehöre, doch es erscheint mir trotzdem komisch, dass er nicht bei ihr ist. In einer der Ecken des Raumes sitzt er da, hält einen Schraubendreher in der einen und ein kleines viereckiges Teil in der anderen Hand, wärend er daran rum tüftelt.

Blood Hunter Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt