Kapitel 17

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Will...

Schweratmend steht sie vor mir. Atmet hastig ein und wieder aus. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich schnell, während sie sich mit diesem Blick fixiert. Diesem Blick, den ich das erste Mal überhaupt nicht einschätzen kann. Es liegt Abneigung darin und Distanz, das sind beides Dinge, die ich von ihr nicht kenne und auch nicht spüren will, denn er droht mich tief in meinem Herzen zu durchbohren. Ihr Blick ist kalt und ihre Augenbrauen hat sie nachdenklich zusammengefaltet, als würde sie einen Entschluss fassen, der mir nicht gefallen wird. Ihre Atmung wird immer langsamer, sie scheint sich langsam zu beruhigen, doch ich traue mich nicht, den ersten Schritt zu machen, um diese unheimliche Situation zwischen uns endlich zu beenden. Ihr Körper ist angespannt, sie hat die Hände zu Fäusten geballt und ihre Augen suchen gierig die meinen, während sie hastig hin und her gehen. Das Blut rinnt ihr noch an den Mundwinkeln herunter, ich will es ihr mit meinen Daumen sanft weg wichen, doch schlucke ich lediglich schwer, da ich augenscheinlich genau das Gegenteil von dem erreicht habe, was ich ihr vermitteln wollte: Dass ich sie liebe und dass ich bei ihr nie das Gefühl hatte, ich müsse sie übergehen. Dass ich überhaupt so eine Scheiße denke, dass Gefühle ein Thema sind, worüber ich wahrhaftig nachdenke, das habe ich alles nur ihr zu verdanken. Ohne sie, wäre ich wahrscheinlich schon mit Raven verheiratet, würde ihr die beschissenen Füße küssen, damit sie meine Familie nicht in Stücke reißt. Ich würde irgendwo in ihrem beschissenen Clan sitzen, tief drin wissend, dass ich unglücklich bin. Doch würde ich es, wie die restliche Zeit meines Lebens, einfach zulassen. Würde einen Kampf anzetteln, nur um mich abzureagieren. Wie immer würde mir der Gegner nicht das Wasser reichen können und das geliebte Gefühl der Überlegenheit würde mich wieder vollends einnehmen. Jetzt führe ich Krieg, weil ich dieses Leben nicht mehr will. Ich will mehr. Ich will endlich leben, mit dieser hübschen Frau an meiner Seite will ich, dass der Krieg endet. Ich brauche das nicht mehr, ich will, dass sie in Sicherheit mit mir an ihrer Seite leben kann.

Langsam setzt sie sich in Bewegung und macht einen Schritt zurück, doch löst sie ihren nachdenklichen Blick nicht von mir und holt mich damit aus meinen Gedanken.

Vorsichtig nehme ich meine freie Hand in die Höhe und strecke sie ihr zögernd entgegen. »Anna, ich... Ich wollte nur, dass «, setze ich dann doch an, doch sie unterbricht mich sofort. Sie nimmt ebenfalls ihre Hand hoch und streckt sie mir entgegen. Doch mir will sie zeigen, dass ich nicht näherkommen soll. Seufzend nehme ich die Hand herunter und strecke meinen Nacken, bis er knackt.

»Wenn du jetzt meinst, sauer auf mich zu sein, ok aber du kannst mir nicht vorwerfen, dir nicht die Wahrheit gesagt zu haben. «

Sie sagt nichts, sieht mich einfach nur an, was mich noch nervöser macht. Ist sie jetzt wirklich sauer oder will sie einfach nur darüber nachdenken? Ich weiß es nicht.

Als aus der Dunkelheit schließlich zwei größere Schweinwerfer heraustreten, scheinen sie an uns vorbei in den Wald hinein. Als Anna sie sieht, löst sie ihren Blick dann doch von mir, doch bevor sie sich in Bewegung setzt, schenkt sie mir ein verächtliches Schnauben. Wütend will sie an mir vorbei stapfen, doch ich halte sie auf. Ich greife nach ihrem Arm und halte sie fest. »Ich liebe dich, Anna. Das weißt du, das hast du gesehen. «

Sie nimmt meine Worte in sich auf, scheint darüber nachzudenken, doch antwortet sie mir nicht. Rasch schlägt sie meine Hand von ihrem Handgelenk los und setzt sich wieder in Bewegung. Das Entsetzen darüber, ist mir ins Gesicht geschrieben, das habe ich verflucht nochmal nicht beabsichtigt. Ich dachte, dass es eine gute Idee wäre, ihr die ganze Wahrheit zu zeigen, doch vergessen hatte ich dabei, dass sie immer noch eine Frau ist. Die wollen einfach nicht die ganze Wahrheit hören, anders kann ich es mir nicht erklären.

Blood Hunter Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt