Kapitel 48

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Anna...

Raven zieht mich mit ihrem festen Griff hinter sich her - umklammert mit der anderen Hand ihren Brustkorb - sodass ich keine Chance habe stehen zu bleiben, doch es dauert nicht lange, da legt sich ein neuer Schleier über meine Sicht.

Ein viel trauriger Schleier. Ein viel schlimmerer: Gleichgültigkeit.

Ich muss das hier alles tun, ich habe keine Wahl. Ich musste töten, um nicht selbst getötet zu werden.

Wie ein kleines Kind trotte ich hinter ihr her, ohne sie würde ich mich verlieren. Nicht nur hier in diesem Wald. Nein, auch in meinen Gedanken.

Es dauert eine Weile, ehe wir plötzlich stehen bleiben. Sind wir etwa endlich da?

"Es ist nicht deine Schuld, ok?", es dringen Worte zu mir durch, ihre Worte "Die toten werden erst nach dem Krieg betrauert. Solange der Krieg noch stattfindet, wirst du dich nicht verlieren, verstanden?", sie macht eine kleine Pause nach ihren Worten, die nur so aus ihr heraus gesprudelt sind. Jetzt wird ihr Ton weicher und sie seufzt. "Ich brauche dich schließlich noch!" Sie legt ihre kühle Hand vorsichtig auf meine Schläfe und sieht mir in die Augen.

Das erste mal seit ich sie kenne, sehe ich plötzlich etwas in ihr, von dem ich dachte, sie würde es gar nicht besitzen: Mitgefühl.

Es erschreckt mich, deshalb bin ich gewillt etwas zurück zu weichen, doch ihre Augen, die mich wirklich davon überzeugen wollen, dass wir das hier zusammen schaffen, sind plötzlich so klar, dass ich nicht anders kann, als meine Hand vorsichtig auf ihre zu legen. Mehr kann ich ihr nicht geben, nein, es geht einfach nicht, denn mein Herz wiegt so schwer in mir, dass es mir den Atem raubt. Aufmunternd drücke ich ihre Hand ein wenig fester, als sich auf Ravens Gesicht plötzlich ein kleines Lächeln ausbreitet und meinem Herz damit doch noch einen warmen Stoß versetzt.

Sie ist meine Schwester, daran wird sie nie etwas ändern, doch kann ich ihr wirklich vertrauen? Was wird nach dem Krieg sein? Werden wir diesen Clan - Ihren Clan, ihre Familie - wirklich gemeinsam auslöschen können, oder werde ich eines Besseren belehrt und laufe gerade blindlinks in die Falle?

"Du kannst es nicht, oder?", zischt sie plötzlich und reißt ihre Hand von meinem Gesicht los und mich damit aus meinen Gedanken. "Du kannst mir nicht mal jetzt vertrauen", stellt sie betroffen fest.

Verdutzt sehe ich sie an, meine Hand reißt sie damit ebenfalls zur Seite, als sie ihre wegzieht und schon ist sie wieder da, die Raven die ich kenne. Eiskalt, wütend und vor allem erbarmungslos.

"Ich sehe es in deinen Augen, Anna. Sie verraten dich!", flüstert sie, als sie einen Schritt zurück macht und dabei vor Schmerz wegen ihrer Rippe zischt. Doch diesmal scheint es so, es macht ihr tatsächlich etwas aus. Ihre Augen verdunkeln sich ebenfalls, ehe sie sich langsam umdreht, um ihren Weg weiter humpelnd fortzusetzen, doch diesmal bin ich mir nicht sicher, was ich gerade gesehen habe. Hat sie sich wirklich mit ihrem Ärmel eine Träne aus ihrem Gesicht gewischt?

Natürlich so, dass ich es nicht sehe.

"Raven", versuche ich ihr noch hinterher zu rufen, obwohl ich selbst nicht weiß, was ich ihr sagen will. Sie ist bereits so weit weg, dass ich sie nicht mehr erreiche, also setze ich meinen Gang ebenfalls fort und folge ihr.

Eine Stunde später erreichen wir dann das Versteck. Schlau, wie ich ihren Clan eingeschätzt habe, befindet es sich unter der Erde, also steigen wir hinab. Raven ist gerade dabei mir die Grundrisse des Clan-Hauses zu zeigen, als sie erneut vor Schmerzen zischt. Doch ihre sofortige Antwort darauf, ich solle mich um mich selbst kümmern, lässt mich ebenfalls wieder klar denken. Ich bin nicht wegen ihr hier, sondern wegen dem Gift in meinem Blut. Wenn wir es nicht schaffen, es rechtzeitig aus meinem Körper zu bekommen, könnte es dem Baby schaden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 09, 2017 ⏰

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