Kapitel 43

137 9 11
                                    

Das war alles meine Schuld. Hätte ich ihn nicht gefragt, wäre das Ganze nicht passiert. Und doch, musste ich unbedingt eine zweite Person bei mir haben, nur weil ich so ein Feigling war! Verdammt, ich konnte nicht mal das Gespräch mit meinem Vater zu Ende bringen! Doch das war mir in diesem Moment egal. Als die Polizei kam und den Mann festnahm, lag Noel nur noch am Boden... still und reglos. Seine Haare waren verklebt von dem Blut an seinen Händen. Er versuchte noch mit ihnen die Wunden zu zudrücken, doch sein Hemd war schon mit der roten Flüssigkeit durchtränkt. Gosh, ich konnte mich bei diesem Anblick kein Stück bewegen. Mein Körper zitterte jetzt noch, wenn ich daran zurück dachte... Ich konnte nur perplex zuschauen, wie er vor mir umkippte und sich nicht mehr bewegte. Erst als der Krankenwagen da war, löste ich mich von meiner Starre und stieg mit ein. Doch dann war es schon zu spät. Wäre ich dazwischen gegangen, hätte alles ein anderes Ende gefunden? Ich wusste es nicht. Aber um ehrlich zu sein, wollte ich mir ein Anderes auch gar nicht ausmalen. Immer wieder daran zurückzudenken würde mich nur verrückt machen.

'Dieses Piepen treibt mich noch in den Wahnsinn.'

Seit einer gefühlten Ewigkeit, saß ich vor seinem Bett und wartete darauf, dass er endlich wieder seine Augen öffnete. Wüsste man nicht, dass sich unter seinem Krankenhauskittel zwei tiefe Wunden befanden, sah er kerngesund aus. Vor einer Stunde war sein Gesicht noch blass vom Blutverlust und die Verbände, die unter dem Stoff hervortraten zeigten das komplette Gegenteil von "Gesund". Ich spürte förmlich seine Wunden, als hätte der Täter sie mir persönlich zugefügt. Der erste Stich landete im Arm mit dem Blondie ihn festgehalten hatte. Der zweite verfehlte knapp sein Herz, woraufhin endlich jemand zur Hilfe kam. Es musste unglaublich schmerzhaft gewesen sein... "Verdammt, warum habe ich ausgerechnet dich gefragt..." Flüsterte ich leise, als ich meinen Kopf auf seine Hand legte. Sie war so kalt. Ganz anders als im Restaurant, wo sie meinen inneren Sturm zur Ruhe gebracht hatte. Ich fragte mich wirklich, was ihn diese Macht dazu gab. Jedesmal schaffte er es und der Grund dafür war noch immer ungeklärt. Vielleicht, weil er selbst die Ruhe in Person war? Oder weil mein Bruder nicht mehr da war und er eine Art... Ersatz geworden war? Nein, ein Ersatz war er auf keinen Fall. Und trotzdem konnte ich mich immer auf ihn verlassen und ihn vertrauen. Ich nahm Blondis Hand und versuchte sie mit Meiner zu wärmen, so wie es er bei mir getan hatte. Seine Augen, bewegten sich unter den Lidern hin und her. Es sah fast so aus, als würde er langsam wach werden und ich rutschte hastig näher an ihn ran. "Noel?" Flüsterte ich wieder. 

'Komm schon, sei wieder bei mir...'

Im Zimmer herrschten kaum Geräusche. Nur das ständige Piepen des Pulsmessers war zu hören und das Klackern von Schuhen der Leute, die an der Tür vorbeiliefen. Umso lauter hallte das schmerzhafte Aufatmen von Noel wieder. Mein Blick richtete sich auf seine Lippen, die sich stumm bewegten. Redete er etwa im Schlaf? Ich legte mein Ohr über seine Lippen und wartete auf ein Ton von ihm. Doch es kam nichts. Entweder er träumte oder er war noch zu schwach um etwas zu sagen... Seine Augen waren nach wie vor geschlossen. Jetzt wo ich ihn näher betrachtete, hatte er verdammt lange Wimpern... und sein 3-Tage Bart trug er auch immer perfekt gestutzt. Als er mich geküsst hatte, war er mir gar nicht aufgefallen... Es würde sich sicher ganz anders anfühlen als bei Evin. Ob es kratzen würde? Moment, was dachte ich überhaupt?! Ich hätte Blondie doch nie küssen können! Jedenfalls nicht in diesem Zustand. "Noch ein... kleines Stückchen näher und ich hätte mir... Sorgen gemacht."

'OH GOSH, WAR ER ETWA DOCH WACH?!'

Ich schreckte sofort zurück und landete wieder auf dem Stuhl. Ich spürte förmlich, wie mein Gesicht rot anlief und die Hitze nach oben stieg. "S-sag doch das du wach bist! Du hast irgendwas im Schlaf gesagt und ich hab's nicht verstanden..." Das er mich auch immer verarschen musste... "Da bin ich näher gekommen..." Versuchte ich mich noch zu retten. Aber, dass ich es erklären wollte, schien mich selbstverständlich nur verdächtiger zu machen, weshalb er auch müde grinste.

It's complicated | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt