Kapitel 17

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Mein Handy klingelte zum tausendsten mal und zum tausendsten mal schaltete ich mein Handy aus. Puh. Ich hab gestern nur durchgegammelt. Das geht ja gar nicht. Na gut, Kori war für ein paar Stunden da und hat mit mir gezockt, aber sonst... ich wollte nicht zur Schule. Da gab es Lehrer und Unterricht und und... und Evin. Wie soll ich ihn denn in die Augen schauen?? Jetzt wo ich zwei Nächte darüber geschlafen habe, kam ich mir immer blöder vor. Ich wusste das Liebe nichts gutes bedeutet. Moment. Nicht falsch verstehen! Ich liebe ihn nicht. Wie auch? Ich kannte ihn kaum und außerdem war er ein Arsch. Vor der Liebe kommt verliebt sein, richtig? Ich gebe zu, vielleicht schwärmte ich für sein Körper, aber sein Charakter? Ne. Ganz sicher nicht. Ich musste es mir nur oft genug sagen, dann klappte das schon. Ich stand auf und nahm mir wieder blind irgendwelche Sachen aus meinem Kleiderschrank. Dann ging ich ins Bad und führte die gleich Prozedur, wie jeden morgen durch. Mit noch immer verwuschelten Haaren ging ich ins Esszimmer, wo Basti bereits am Tisch saß. Er stopfte sich ein Croissant in den Mund und schlang es hinunter. Als er mich sah, grinste er mich mit vollem Mund schelmisch an.

'Mmh lecker...'

"Guten Morgen." Bekam er grade so heraus. Ein knappes "Morgen" sollte vorerst reichen. Ich hatte noch knappe 15 Minuten, dabei hatte ich nicht mal Appetit. Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und löste ein lautes knarzen aus. "Vielleicht solltest du heute mal dein Frühstück auslassen." Lachte Basti, dieser Vollidiot und verschluckte sich. Ich prustete los, als er auch noch sein Glas umstieß, um eigentlich daraus zu trinken. Ich hielt mein Bauch und gab ihm mit der anderen mein Glas mit Wasser. Er kippte es sich die Kehle hinunter, wobei bestimmt die Hälfte auf sein T-shirt landete. Dieser Junge hatte echt Macken. Und natürlich musste mir Mum die Gleichen geben, welche uns irgendwie gerade deshalb so besonders machte. Ich fragte mich, wie sie es nur mit zwei hirnlosen Kindern ausgehalten hatte, beziehungsweise es noch immer aushielt. Ich meine, ihr kennt nicht unsere ganzen Geschichten. Ein Mal haben wir uns zum Beispiel als "Obdachlose" verkleidet, indem wir Einkaufstüten zurechtgeschnitten hatten und sie dann anzogen. Fragt mich nicht wie wir darauf gekommen sind, ich weiß es selbst nicht mehr. Auf jeden fall waren wir... naja... speziell. So speziell wie Basti gerade übertrieben würgt, um mir Angst zu machen. Dieses Arschloch wusste ganz genau, dass ich kotzende Leute hasste. "Basti, hör auf damit!" Noch immer rot vom Husten, grinste er mich an. "Ist das nicht sexy?" Ich denke mit einem verächtlichen Schnauben, war diese vollkommen unnötige Frage beantwortet. Ich nahm mein Glas wieder und goss mir Milch ein. Mehr wollte ich auch gar nicht, weshalb ich auch einen fragenden Blick von Basti kassierte. "Das war nur ein Scherz, du kannst ruhig frühstücken." Hab ich euch schon mal gesagt, dass ich meinen Bruder liebe? Über jede Kleinigkeit machte er sich Sorgen. Ob ich ihn etwas verarschen sollte? Neiiin, das wär fies. Sonst denkt er, ich bin wirklich magersüchtig und das wollen wir ja nicht. "Nein, ich hab nur keinen Appetit." Warum grinst er denn jetzt so blöd? "Rieche ich da Liebeskummer?"

"Du riechst gleich Tod und Verderben, wenn du so weiter machst." Dieser Junge brachte mich noch um. Vor allem weil er sich jetzt sein T-shirt auszog und mit seinen Muskeln spielte. Verführerisch schaute er mich an, oder eher versuchte so auszusehen. "Also ich finde, ich sehe besser aus als Evin." Was sagte er da gerade? Woher kennt er denn auf einmal Evin?! Ich musste die Frage gar nicht aussprechen, denn so wie ihr mich kennt, hab ich mal wieder laut gedacht. Basti ließ seine Schultern wieder sacken und trocknete sich mit einem Handtuch ab. "Ich hab überall meine Augen, Schwesterchen. Ich hab sogar mitbekommen wie du letztes Jahr abserviert wurdest, obwohl ich in London wohne! Natürlich ist dieser Junge damit nicht einfach so davon gekommen, Sascha hat sich ja um ihn gekümmert."

'Ach du scheiße, ist er verrückt.'

Sagen wir mal Basti hatte recht, ich wurde ziemlich peinlich abserviert. Dieser Junge auf den ich stand, war ein ziemliches Arschloch und ich naives Mädchen hatte Interesse. Ich hatte diese dumme Film Vorstellung, wo ein Aufreißer sich nur für das eine Mädchen ändert. Tja, zum Glück war ich nicht unsterblich verliebt in ihn. Sonst wär das ziemlich scheiße ausgegangen. Wir haben uns ziemlich gut verstanden, er fragte mich immer Sachen wie: "Wie möchtest du gerne mit einem Jungen zusammenkommen?' Oder "Was würdest du dir zum einmonatigem wünschen?" Lauter Fragen, die mir Hoffnungen machten. Und wisst ihr was? Er hat mich diese Sachen nur gefragt, um ein Mädchen zu beeindrucken. Und als ich ihn zur Rede stellen wollte, hat er mich einfach bloß gestellt. Genau genommen in der Schule, dieses Arschloch war zwei Klassen über mir und lachte mich lauthals im Flur darüber aus. "Du glaubst doch nicht etwa, dass ich mit dir so viel gemacht habe, weil ich Interesse hatte? Wer will schon mit dir zusammen sein?" Waren seine letzten Worte, bevor ich ihn mit einem Tritt in die Eier unterbrach. Tja, außer der Blamage hat es nicht wirklich lange gedauert darüber hinweg zu kommen. Aber was mich jetzt noch viel mehr schockierte war, dass Basti mich gerächt hatte. "Du hast Sascha beauftragt?! Also hat er ihn abgefüllt und mit Edding "Erbärmlich" auf die Stirn geschrieben?"

"Oh und wie er das getan hat! Eigentlich wollte er ihm es tattoowieren, aber das wäre etwas zu krass gewesen." Stolz plusterte Basti seine Brust auf und lächelte wie ein kleines Kind. Oh gosh, er hatte wirklich seine Kontakte. Unwillkürlich musste ich bei diesem Anblick lachen. "Du bist der verrückteste und beste Bruder aller Zeiten." Ich dachte immer, er meinte das nur zum Spaß, aber das Daniel gleich 2 Tage danach mit einem rasierten Kopf und ein blaues Auge zur Schule kommt... beweist das er doch... sehr anders ist. Ja Daniel, so hieß dieses Arschloch. Eigentlich wollte ich seinen Namen nicht erwähnen, er hat es einfach nicht verdient. Basti stand auf und räumte seine Sachen in die Spüle. "Ich weiß Schwesterchen. Was wirst du nur ohne mich machen? Du kommst zu spät, wenn du jetzt nicht los gehst." Als hätte mir jemand in den Hintern gestochen, sprang ich auf und rannte zur Tür. "Warum sagst du mir nicht eher Bescheid?!" Ein Blick nach draußen verriet mir das es regnete. Na toll... ehe mir Basti antworten konnte, sprang ich zu meinem Süße-Schwester-Modus um. "Könntest du mich fahren? Ich will nicht durchnässt werden." Mit einem Hundeblick klammerte ich mich an seinen Arm. Sofort zog er ihn aber wieder weg und fläzte sich mit schallenden Gelächter aufs Sofa. "Ganz sicher nicht. Du bist vielleicht meine Schwester, aber dich zur Schule fahren? Pff, ich bin doch nicht dein Chauffeur."

"Weißt du was, ich hab mich geirrt. Du bist nicht mein Lieblingsbruder!" Ich schnappte mir ein Regenschirm und zog meine Jacke und Schuhe an. Ohne eine Verabschiedung, stampfte ich durch die Tür und hörte noch Bastis Stimme hinter mir. "Du hast nur einen, Schwesterherz!" Mir doch egal. Idiot. Jetzt auch noch durch den Regen in die Hölle, besser kann mein Tag nicht werden... Das schlimmste an warmen Tagen ist, das danach meistens die Welt untergeht. Ich kämpfte mich gegen die Windböen und versuchte den Regenschirm so zu halten, dass mir nicht alles ins Gesicht klatschte und ich trotzdem überall trocken blieb. Tjaa... funktioniert wohl nicht so gut. An der Haltestelle angekommen, war ich von Kopf bis Fuß nass und hätte dieses unnötige Ding über meinen Kopf, auch zu Hause lassen können. Zum Glück konnte ich mir ein Platz genau an der Tür ergattern, weshalb die Fahrt ausnahmsweise mal angenehm war. Da war mein Bruder mal in Deutschland und dann verhielt er sich wie ein Egoist. Hätte ich jetzt auch noch mein Bus verpasst, wäre ich zurück gegangen und hätte ihn die Schuld dafür gegeben. Auch wenn er nichts für diesen Sturm konnte aber... einfach nett sein, ist ja nicht schwer! In der Schule angekommen, klebten mir meine Haare im Gesicht und die Kleidung wollte meine Haut anscheinend auch nicht mehr loslassen. Bestimmt hinterließ ich eine Spur im Flur. Manch' andere sahen aber auch nicht besser aus. Naja ist ja auch egal, mein größtes Problem stand mir noch bevor. Ich öffnete die Klasse und sah neben meinem Platz... niemanden? Evin war wohl noch nicht da und kommt hoffentlich auch einfach nicht mehr. Warum ist er überhaupt hierher gewechselt?

'Frag ihn doch einfach... oh fuck da kommt er.'

Der Besagte blieb kurz stehen und schaute mich mit großen Augen an. Ja ich sah scheiße aus, bild dir bloß nichts ein nur, weil du gemütlich mit dem Auto fahren konntest. Bis auf ein paar Tropfen auf seiner Jacke war er trocken und steuerte nun mit einem Grinsen sein Platz neben mir an. "Einen wunderschönen guten Morgen." Wünschte "Mister Ober cool" mir, als er sich setzte. Er konnte gleich wieder aus'm Fenster springen... "Bleib für 5 Minuten da draußen stehen und sag das dann noch mal." Also bis jetzt schlug ich mich ja ganz gut. Bis auf ein paar Blicke auf seinen Lippen, konnte ich seine Präsenz aushalten. Natürlich bemerkte er das, sonst wär er ja kein "Badboy". "Aber wenn wir Beide wieder nass sind und unsere Körper kleben, kann es doch gefährlich werden." Mein Herz hätte er auch sicher von der Tür aus gehört, so laut pumpte es mein Blut weiter. Er näherte sich mir Stück für Stück und langsam wärmte sein heißer Atem meine Lippen. Evin selbst schaute wie hypnotisiert auf meinem Mund und...

"So Leute, vor den Sommerferien müssen wir noch einiges schaffen! Holt eure Englisch Sachen raus."

'Verdammt!'

Hätte unser Lehrer uns nicht unterbrochen, wäre es sicher schon wieder so weit gekommen! Das konnte nicht so weiter gehen... ich brauchte einen Plan.



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Sooo das Letzte war eher kurz, deshalb ist hier noch ein Kapitel ;)

Ich hoffe es gefällt euch, auf Kommentare freue ich mich immer wieder *~*

Smile~

It's complicated | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt