Kapitel 34

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Jeder Mensch hat irgendwelche Geheimnisse. Auch ich hatte schon häufiger welche. Aber es war diese eine Sache die ich wirklich um jeden Preis geheimhalten würde. Doch das hatte ich nicht geschafft. Perrie hatte mich gesehen, hatte gesehen wie schwach in war.
In einem verzweifelten Versuch noch irgendetwas zu retten bemühte ich mich meinen blutigen Arm mit einer Hand abzudecken.
Doch es war zu spät. Perrie hatte längst begriffen was los war, ich sah es in ihren Augen.
Für einige, unendliche, quälende Sekunden, verharrten wir beide in unserer Position. Ich sah in Perries weit aufgerissene, blaue Augen, in denen sich Entsetzen, Mitleid, Schuld und noch eine andere undeutbare Emotion spiegelten.
Dann setzte Perrie sich in Bewegung und war mit 3 großen Schritten bei mit.

Ich kniff die Augen zusammen als Perrie meine Hand sanft von meinem Arm wegzog und meine Narben zum Vorschein kamen. Meine Scham ließ es nicht zu, dass ich in die strahlend blauen Augen von Perrie blickte. Ich konnte mir auch so genau vorstellen wie sich unendlich viele Emotionen darin spiegelten.

Perrie zog zittrig die Luft ein als sie ihren Zeigefinger vorsichtig über die vielen Narben gleiten ließ. Über jene die so alt waren, dass sie sich nur noch als blasser Schatten auf meiner Haut abbildeten aber auch über die Jüngeren, die noch rot waren. Vor den frischen Narben hielt sie inne.
Ich konnte es nicht verhindern und blinzelte kurz zu Perries Gesicht. Bis auf ihre Augen war keine Gefühlsregung zu sehen. Ihr ganzes Gesicht war eine undeutbare Maske.

Dann verließ sie den Raum und kam kurze Zeit später mit einem Verbandskasten zurück. Immer noch ohne ein Wort, begann sie erst das Blut von den frischen Schnitten ab zu tupfen und diese dann zu verbinden. Mir entging nicht, dass ihre Hände leicht zitterten.

Die Stille wurde nur durch mein unaufhörliches Schluchzen durchbrochen.

Dann zog Perrie mich in ihre Arme und strich mir über den Rücken bis ich mich beruhigt hatte.
Doch das dauerte. Perrie Schweigen machte mir Angst, denn ich wusste, dass sie noch etwas dazu sagen würde und davor hatte ich Angst. Ich konnte nicht einmal sagen was ich schlimmer fände; wenn sie mich wütend anschreien würde oder wenn sie einfach nur enttäuscht wäre und sich im schlimmsten Fall selbst Vorwürfe machen würde.
Doch für den Moment konnte ich nicht umhin mich in Perries warmen Armen sehr geborgen zu fühlen und so versiegten meine Tränen dann auch irgendwann.

Das war aber auch der Zeitpunkt an dem Perrie einmal tief durch atmete und dann zum Sprechen ansetzte: "W-wie lange schon?"
Aus der zittrigen Stimme der Sängerin klang so viel Schmerz heraus, dass ich kurz zusammenzuckte. Ich beschloss ihre Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, das hatte Perrie wirklich verdient.
"Ich hab mich das erste Mal geritzt als ich 8 war."
Meine Worte waren kaum hörbar und ich hatte den Kopf in Perries Halsbeuge vergraben. Mir war es peinlich darüber zu reden. Obwohl das ritzen mir half, sah ich es auch immer als etwas an was meine Schwäche offenbarte.
"J-jade, das ist doch keine Lösung es verletzt dich nur noch mehr.", versuchte Perrie mich zu überzeugen.
"Es hilft mir, aber.", rechtfertigte ich mich leicht trotzig, "Es verhindert für kurze Zeit, dass ich nachdenke."

"Und du denkst das würde gut sein? Wem bringt es denn was, wenn du nicht nur selisch verletzt bist sondern auch körperlich? Ist dir klar was passieren könnte, wenn du auch nur ein kleines bisschen tiefer schneiden würdest? Wie kann so was hilfreich sein?", Perries Stimme wurde immer lauter.

Nun war sie wütend und das war das letzte was ich wollte. Mir entfur ein kleines Wimmern. Wie konnte nur alles plötzlich so schief laufen?

Perrie merkte wie ich mich anspannte und ruderte sofort zurück: "Jade? Hey Jadey, ich wollte nicht so schreien und ich bin dir auch nicht böse. Es ist nur...Ich kann dich einfach nicht verlieren und schon gar nicht wegen-"
Perrie führte ihren Satz nicht fort.

Einige Sekunden verstrichen bevor die nächste Frage kam: "Hast du es noch öfter gemacht seit du hier bist?"
Perries Stimme klang jetzt noch bedrückter und ich zögerte, weil ich sie nicht noch mehr enttäuschen wollte aber Perrie anzulügen war auch keine Option.
"N-nicht oft, aber schon ein paar Mal. Also...ja."

Das war der Punkt an dem Perrie nicht mehr konnte. Die starke Perrie, die immer ein Lächeln auf den Lippen und eine Lösung für jedes Problem hatte, brach vor meinen Augen schluchzend zusammen.

Einige Sekunden saß ich reglos und geschockt da, bevor ich sie in meine Arme zog und ihr beruhigend durch die blonden Haare strich.
"Es tut mir so leid, Jade. Ich bin seit du hier bist so glücklich und ich habe nie bemerkt dass du nicht immer glücklich warst. Ich hab a-alles falsch gemacht. Und ich hätte dich heute Abend auch nicht küssen dürfen, ich weiß nicht was-"

"Nein Perrie, du hast gar nichts falsch gemacht.", meine Stimme klang fest und überzeugt, "Ich bin hier bei dir so glücklich wie noch nie. Und das ich den Kuss nich erwiedert habe lag nicht daran das ich es nicht wollte. Ich war einfach nur überracht, aber ich wollte dich küssen - wirklich."

Bei diesen Worten hob Perrie langsam den Kopf und sah mich an. Mir fiel nun auch wieder ein warum ich eigentlich von der Party weggerannt war, was ich Perrie unbedingt sagen musste. Ich räusperte mich einmal, sah in diese wunderschönen, himmelsblauen Augen und sprach es dann zum ersten Mal aus: "Ich liebe dich Perrie."

In ungefähr drei Sekunden wechselte Perries Gesichtsausdruck von dem zuvor Traurigen, erst in einem Ungläubigen und dann in das strahlendste Lächeln, dass ich jemals auf Perries Gesicht gesehen hatte.
"Ich liebe dich auch Jadey. Ich habe dich schon die ganze Zeit geliebt."

Diese Situation war an sie kein bisschen romantisch. Wir saßen mit zerknitterter Kleidung auf dem Fußboden in meinem Zimmer, hatten beide noch Tränenreste im Gesicht und unsere Schminke war heillos verwischt. Trotzdem fühlte ich mich wie der allerglücklichste Mensch, als könnte ich fliegen und als gäbe es nichts was mich jemals wieder unglücklich machen würde.

Perrie liebte mich. Diese Tatsache sorgte dafür, dass alles andere unwichtig wurde. Alle Sorgen und Probleme verschwanden einfach und da war nur noch dieses allumfassende Glücksgefühl.
Und diese Tatsache sorgte auch dafür, dass ich genügend Mut hatte mich lagsam zu Perrie herüber zu lehnen. Doch kurz bevor meine Lippen auf Perries treffen konnten, legten sich zwei sanfte Finger auf sie.
"Warte Jadey."
Verletzt sah ich zu Perrie nur um zu bemerken, dass diese ein sanftes Lächeln aufgesetzt hatte.

"Dieses Mal möchte ich es richtig machen und dich nicht einfach hier auf dem Fußboden küssen.", Perrie nahm eine Strähne meines Haares und strich sie vorsichtig hinter mein Ohr, "Würdest du mir die Ehre erweisen morgen mit mir auf ein Date zu kommen?"

Das brachte mich dazu leise und glücklich zu Lachen. Es gäbe vermutlich nichts was mich in diesem Moment glücklicher hätte machen können.
"Natürlich möchte ich das."
Perrie grinste von einem Ohr bis zum anderen und drückte mir einen Kuss auf die Wange, der ein prickelndes Gefühl hinterließ.

"Wir sollten noch ein wenig schlafen.", schlug Perrie dann vor und ich stimmte sogeich zu.

Kurze Zeit später lagen wir aneinander gekuschelt im Bett.
"Jadey?", fragte Perrie noch einmal als ich schon fast eingeschlafen war.
"Hm?"
"Kannst du mir versprechen, dass du bevor du dich wieder ritzen solltest immer erst zu mir kommst. Wenn wir darüber reden werden wir bestimmt immer eine andere Lösung für das Problem finden."
"Versprochen."
Dieses Versprechen meinte ich auch so. In dem Moment war ich sowieso so glücklich, dass ich mir nicht vorstellen konnte mich jemals wieder ritzen zu wollen.

Hey,
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
Und an dieser Stelle noch mal ganz Herzlichen Glückwunsch an Schattendieb. Dieses Kapitel ist für dich, weil ich dir ja leider nichts anderes schenken konnte. Ich bin unendlich froh einen so tollen Menschen kennengelernt zu haben und ich freue mich jeden Tag aufs neue mit dir schreiben zu können.♡
Ansonsten wünsche ich euch allen noch einen schönen Abend. Bis zum nächsten Kapitel. :)

Unexpected Love - Jerrie Fanfiction (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt