Breathe

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Ich bin endlich wieder zurück mit einem neuen Kapitel. Ich hoffe wirklich, dass es euch gefällt, weil ich echt dran zweifle, ob das hier irgendjemand gut findet^^

Der wunderschöne Song für dieses Kapitel heisst "Breathe" und ist von Matt Corby.

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Es könnte wirklich schon so weit sein!
Marc könnte heute und hier in Japan Weltmeister werden! Ich denke nicht, dass irgendjemand schon daran gedacht hätte, aber er führt das Rennen an und Vale ist gestürzt. Klar tut mir Vale sehr leid, das hätte ich ihm nicht gewünscht. Aber andererseits bin ich so verdammt glücklich für Marc! Es ist natürlich noch nicht ganz sicher, da Jorge noch mitfährt und das auf Platz zwei, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit. Den Titel kann ihm niemand mehr wegnehmen.
Gebannt starrt das ganze Team auf den Bildschirm. Santi hat schon die Kiste mit den Weltmeister-Shirts geholt, für den Fall, dass es wirklich soweit ist. Wir sitzen alle vor den Bildschirmen. Die Kamera ist auf Jorge, der gerade in eine Kurve einbiegt. Er sieht so sicher aus. Er fällt wohl kaum vom Motorrad.
Doch sobald ich diesen Gedanken fertig gedacht habe, sehe ich wie sein Motorrad unter ihm zuckt und schneller als ich begreife liegt er auch schon ausserhalb der Strecke im Kies.
Ich schaue ungläubig den Bildschirm vor mir an, der Jorge zeigt, wie er sich aufrappelt.
Ich drehe den Kopf und schaue in die erschrockenen Gesichter der Teammitglieder. Und auf einmal wird es echt laut in der Box. Der Raum ist voller Jubel und Gratulationen. Ich werde von Santi in die Arme gezogen, der nichtmal meinen Namen kennt und von dutzend anderen Personen, mit denen ich noch nie geredet habe. Die Stimmung ist ausgelassen, allen fällt eine riesige Last von den Schultern.
Eigentlich allen ausser mir. Ich habe mitgefiebert und mitgehofft, aber ich habe nicht wie alle anderen hier so viel Arbeit in diesen Titel gesteckt. Es wäre irgendwie unfair hier zu bleiben. Der Sieg gehört ihnen, dem Team, Marc und seiner Familie. Ich habe nicht das Recht dazu, mitzufeiern. Also mache ich mich schnell und unauffällig aus dem Staub.

Ich habe mich auf eine Tribüne in der Nähe des Park Fermés gesetzt und beobachte das Geschehen. Ich sehe, wie zuerst Viñales, dann Dovi auf das Podium steigt und als Letzter Marc. Mir geht die Frage durch den Kopf, wo Dani durchs Ziel gekommen ist. Ich schaue auf den grossen Bildschirm und lasse meinen Blick über die Rangliste flitzen. Nirgends steht PED. Ich hab's wohl übersehen... Nochmal gehe ich die Liste von oben bis unten durch, aber ich sehe Dani nirgends. Was ist passiert?
Ich schaue mich um, nach jemandem den ich fragen kann und während ich das tue, kommt ein ungutes Gefühl in mir auf.
Ich wende mich an eine junge Frau, die nett wirkt.
"Pedrosa? Der ist gestürzt, ziemlich heftig. Haben Sie das denn nicht mitbekommen?"
Ich schüttle den Kopf und frage mit zitternder Stimme ob sie vielleicht weiss, wo er hingebracht wurde.
"Nein ich weiss es nicht genau. Aber er wurde mit dem Helikopter in das nächste grosse Spital gebracht. Er muss wohl operiert werden, der Arme!"
Ich danke ihr und verlasse die Tribüne. Zuerst gehe ich langsam. Meine Schritte werden immer schneller und schneller, bis ich schlussendlich renne. Ich komme keuchend vor Danis Box an. Seine Mechaniker packen schon ein.
"In welchem Spital ist er?", frage ich schwer atmend und mit aufsteigenden Tränen in den Augen. Ich habe mir gedacht, dass die Frau sich möglicherweise irrt, weil sie die MotoGP vielleicht nicht regelmässig verfolgt und dass sie sich mit dem Namen vom Fahrer geirrt hat, aber ich sehe die Garage ohne Dani und voll mit aufräumenden Mechanikern.
Einer von ihnen dreht sich zu mir um. Er sieht zuerst so aus, als ob er mich abweisen möchte aber dann erkennt er mich und ruft mir den Namen des Krankenhauses zu.
Ich bedanke mich, suche einen Platz etwas abseits der Strecke wo es nicht so laut ist und hole mein Handy hervor. Ich finde die Nummer schnell und rufe ohne zu zögern an.
Eine Frau meldet sich in einer Sprache die ich nicht kenne, höchstwahrscheinlich Japanisch.
"Äh hallo", sage ich auf Englisch.
"Guten Tag, was können wir für Sie tun?", fragt sie nun auch auf Englisch.
"Ein Freund von mir wurde eingeliefert, Dani Pedrosa. Wie geht es ihm? Wann kann ich ihn besuchen?"
Ich höre wie die Dame etwas tippt.
"Ja, Herr Pedrosa ist hier. Er wird momentan noch operiert, mehr kann ich dazu nicht sagen. Sie können ihn morgen besuchen kommen, die Besucherzeiten sind von 9 - 12 Uhr und von
14 - 18 Uhr."
"Erst morgen? Kann ich nicht schon heute kommen?", frage ich verzweifelt.
"Ich bezweifle, dass das möglich ist. Herr Pedrosa muss sich ausruhen und da ist Besuch nicht wirklich angebracht. Es tut mir leid."
Ich atme zitternd aus.
"Ach ja, natürlich...danke trotzdem."
Ich sitze noch lange an der gleichen Stelle und denke nach. Es ist bestimmt eine Stunde seit dem Telefonat vergangen. Aber ich fühle mich nicht so, als könnte ich aufstehen. Wieso passieren die schlechten Dinge eigentlich immer den guten Menschen?

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