Sierra
Als ich am nächsten Morgen aufwache, liegt Danovan nicht mehr neben mir. Der Kleiderschrank ist angelweit offen und seine Bettseite ist ebenfalls zerknautscht, als wäre er auf der Flucht gewesen. Ich setze mich auf und recke den Hals Richtung Wohnzimmer, aber auch da ist es ruhig. Also schwinge ich die Beine aus dem Bett und schleiche mich aus dem Schlafzimmer.
Das Bad ist ruhig, die Küche und das Wohnzimmer ebenfalls. Danovan ist weg. Heute ist Samstag, heute arbeiten wir nicht. Vielleicht ist er einkaufen?
Ich werfe einen Blick in den Kühlschrank, aber dieser ist gut gefüllt. Er ist nicht einkaufen, das würde keinen Sinn machen. Vielleicht ist irgendwas passiert?
Ich seufze und lehne mich an den Tresen. Vielleicht ist er auch abgehauen?
Ich lasse den Blick durch die Wohnung schweifen. Es steht eine halb ausgetrunkene Tasse dort, die ich nehme und einen Schluck nehme. Der Kaffee ist kalt, also ist er schon länger weg.
Im Flur sind die Schuhe wild durcheinander, so als hätte er Schuhe gesucht, sie aber nicht gefunden und dann doch einfach andere angezogen. Die sonst so ordentliche Schale auf dem Schuhschrank ist ganz durcheinander. Er hat drinne herumgewühlt.
Ich sehe im Bad nach, aber dort ist alles wie immer.
Plötzlich piept ein Handy, was mich aufschrecken lässt. Meine Schritte hallen nach, als ich wieder ins Wohnzimmer hechte und das Handy suche, es liegt auf der Erde neben dem Küchentresen.
Ich hebe es auf und sehe, dass sein Dad ihn angerufen hat und nun auch eine SMS geschrieben hat.
"Danovan? Wir brauchen dich hier. Wir sind im Krankenzimmer 403."
Geht es ihnen nicht gut? Brauchen sie Hilfe?
Plötzlich ist mir klar, dass er ins Krankenhaus gefahren ist. Zu seinem Dad und der anderen person, vielleicht seine Mum?
Ich ziehe also meine Jeans an, friemele den blöden Zopfgummi aus meinen Haaren, ziehe dann meine Docs an und schnappe meine Autoschlüssel. Die Tür ziehe ich hinter mir zu und dann sprinte ich die Treppen hinunter.
Im Auto starte ich die Heizung und fahre los in Richtung Queens.
Nach einer halben Stunde komme ich dank Google Maps am Krankenhaus an. Er muss hier sein.
Als ich durch die Tür gehe beschleicht mich das Gefühl, dass es eine falsche Entscheidung war hierher zu kommen. Danovan wird sich nicht freuen, dass ich hier bin. Er wird die Augen verdrehen und mich wieder nach Hause schicken. Es sind seine Angelegenheiten, in die ich mich nicht einmischen soll, aber ich hielt es für wichtig zu ihm zu fahren und ihm zu helfen. Wieso weiß ich selbst nicht.
Ich gehe also durch die Halle und stapfe die Treppen hoch bis ich in der vierten Etage ankomme.
Ich suche das Zimmer 403, was ich ziemlich schnell finde, da Danovan davor sitzt.
Ich bleibe stehen und sehe ihn an. Ob ich weiter gehen sollte? Oder sollte ich wieder zurück gehen? Es geht mich nichts an, es ist sein Leben und ich hab da nichts zu suchen.
Aber die Entscheidung wird mir abgenommen, als Danovan den Kopf herumdreht und mich entdeckt. Er weitet die Augen und steht auf.
"Was tust du hier?", zischt er.
"Du warst weg und hast dein Handy vergessen und dann hat dir dein Dad geschrieben, dass sie dich brauchen und du ins Zimmer 403 kommen sollst."
"Und dann hast du beschlossen herzufahren?", fragt er und verschränkt die Arme.
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Carve your heart into mine
Teen FictionZukunftängste, Familienprobleme, gebrochene Herzen; Dinge, mit denen sich Sierra herumschlagen muss, als sie nach New York geschickt wird, um fortan bei ihrem Vater zu leben. Eigentlich möchte sie einfach nur leben, ohne Probleme. Denn diese hatte...