Wir haben die Hälfte des Weges geschafft und plötzlich wird mir ziemlich unbehaglich. Warum habe ich noch gleich gesagt, dass ich mitkomme? Warum zur Hölle? Was ist wenn mich seine Eltern nicht mögen? Wenn sie genau so sind wie Dave?
"Alles okay?", fragt mich Danovan.
Ich nicke müde und reibe mir über die Stirn. Es ist erst Fünf Uhr und ich könnte schon schlafen. Was soll das denn für einen Eindruck machen, wenn ich bei Danovan ankomme und erstmal gähne? Oh Gott, es wird so schlimm werden.
"Danovan?"
"Ach, kein Dano mehr?", lacht er, aber mir ist nicht zu lachen. Mir ist speiübel.
"Gott. Wie heißt deine Schwester? Wie heißt dein Bruder? Gibt es irgendwas was ich wissen sollte? Ich hab so Angst.", rattere ich nervös runter und muss dann selbst lachen, weil es so jämmerlich verzweifelt klingt.
"Meine Schwester heißt Rose und mein Bruder Freddie. Meine Schwester ist 18 und Freddie ist 5.", erzählt er mir und lächelt dabei.
Als ich sehe, dass es ihn glücklich macht über sie zu reden, muss ich auch lächeln.
"Und sonst? Was mag deine Schwester?"
"So gut wie alles."
Ich verdrehe die Augen über die unpriziese Antwort, merke aber wie ich mich langsam wieder entspanne und meinen Kopf an die Stütze lehne. Noch zehn Minuten, dann sind wir da.
Als Evan mich das erste Mal mit zu seinen Eltern genommen, war ich eigentlich gar nicht nervös, vielleicht lag es daran, dass ich damals alles noch ernster genommen habe, mein Aussehen, meine Noten. Vielleicht habe ich mich damals sicher gefühlt, weil ich gut war in der Schule, ein Mädchen, dass ein Traum für die Eltern ihres Freundes ist. Das soll jetzt auf keinen Fall irgendwie eingebildet rüber kommen, aber es kennt doch jeder diese Filme, wo die Eltern das perfekte Mädchen mit nach Hause bringen, um es dann mit ihrem Sohn zu verkuppeln. Naja, und so ein "perfektes" Mädchen war ich nun halt auch. Und ich habe es geliebt so zu sein. Mein Zimmer war immer ordentlich, mein Gehirn war ordentlich, meine Schulsachen. Es hat erst später angefangen, dass ich immer unordentlicher wurde, mein Zimmer, und auch mein Gehirn. Beides kam immer mehr durch einander, weil Evan es mit jedem Tag kaputter gemacht, bis es irgendwann ganz zersprungen ist.
"Wir sind da.", sagt Danovan sanft und ich öffne die Augen, die ich gerade geschlossen habe. Ich sehe aus dem Fenster und vor mir liegt ein wunderschönes Haus. Es ist nicht ganz so protzig, wie Daves, allerdings hat Danovan mir erzählt, dass dies nicht das einige Haus ist, was sie haben. Es ist wohl so, dass sie in jedem Ort, wo auch eine Firma ist, auch ein Haus haben.
Danovan atmet tief durch, steigt aber nicht aus.
"Du hast mir versprochen, mich nicht zu hassen.", sagt er und sieht mich an.
Ich lächele ihn an, werde aber langsam misstrauisch.
Er lehnt sich zu mir rüber und kommt immer näher.
"Du solltest mehr lächeln. Ich liebe es."
Mein Lächeln schwächt etwas ab, aber es scheint ihm nicht aufzufallen. Er liebt es. Er liebt etwas an mir. Ich habe gedacht, dass das ziemlich unmöglich ist. Es bin doch schließlich ich.
Ich überbrücke die letzte Zentimeter und drücke meine Lippen fest auf seine, damit er merkt, dass ich da bin, für ihn da bin, dass ich ihn nicht alleine lassen werde, egal, was passiert.
"Na dann, lass uns rein.", sage ich und löse mich von ihm, woraufhin Danovan frustriert aufstöhnt.
Wir steigen also aus und Danovan holt unsere Taschen aus dem Kofferraum. Ich nehme ihm meine ab und dann gehen wir Richtung Haustür.
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Carve your heart into mine
Teen FictionZukunftängste, Familienprobleme, gebrochene Herzen; Dinge, mit denen sich Sierra herumschlagen muss, als sie nach New York geschickt wird, um fortan bei ihrem Vater zu leben. Eigentlich möchte sie einfach nur leben, ohne Probleme. Denn diese hatte...