Kapitel.6

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  "Ich bevorzuge Grüne"
Die beiden starrten sich eine Weile nur an. Draco war plötzlich sehr ruhig geworden und Harry suchte in seinem Gesicht nach dem Grund.
"Malfoy, alles in Ordnung?", fragte Harry den Blonden und wedelte mit seiner Hand vor seinem Gesicht herum. Der Angesprochene zuckte kurz zusammen.
"Ja, alles in Ordnung. Ich geh dann jetzt." Der Blonde stützte sich vom Tisch ab, stieg über die Bank und vermied es, Harry anzusehen.
Die schweren Schritte des Blonden hallten auf den leeren Flur wieder. Vor der Steinmauer machte er halt. Er musste einen Moment seine Gedanken ordnen, um sich an das Passwort für den Slytherin-Gemeinschaftsraum zu erinnern.
Draco machte sich nicht die Mühe seine Schuhe oder seinen Umhang auszuziehen. Er ließ sich einfach kerzengerade auf sein Bett fallen. Sein Gesicht in seinem Kissen vergraben, seufzte er schwer.
Er blieb eine Weile so liegen, ehe er sich im Bett aufsetzte und den Ärmel seines Umhanges ein Stück hochzog.
Mit zittrigen Fingern wickelte der Blonde den Verband an seinem Handgelenk ab. Die Wunden die Madam Pomfrey vor drei Tagen behandelt hatte, waren nicht mehr zu erkennen. Zu sehen waren nur noch schwache rot-blutige Stellen, die andere wohl als Mückenstiche abstempeln würden.
Mit seiner Fingerspitze fuhr er leicht über eine der Stellen. Um nicht das ganze Schloss vor Schmerzen zusammen zu schreien, schlug er sich eilig die Hand vor dem Mund.
Die Heilerin der Schule hatte ihm zwar erklärt, dass die Schmerzen wohl viel länger bleiben würden als die Wunden an sich, aber dass es trotz fast hundertprozentiger Heilung noch so wehtun würde, als hätte man ihm mit einem Finger in eine tiefe offene Wunde gestochen, hätte er nicht gedacht. Die kleinste Berührung tat dem Blonden weh und wollte ihn schreien lassen.
"Selbst schuld...", murmelte er zu sich selbst, legte seinen Umhang ab und fing an seine Hand wieder zu verbinden.
Beim Verbinden seiner Wunden, fiel sein Blick nur kurz auf seinen Unterarm, aber es reichte aus, um den Blonden schwer schlucken zu lassen. Er beeilte sich mit dem Verbinden, zog sich seinen Umhang schnell wieder an und ließ sich wieder in die Kissen fallen. Müde schloss der Blonde seine Augen.
Nachts schlief der Draco wenig bis gar nicht mehr. Immer wieder gingen seine Gedanken zu seinen Eltern, die in Askaban versauerten, während er hier in Hogwarts saß und sich von anderen Schüler anspucken ließ. Wobei der Blonde der Meinung war, dass er es gar nicht anders verdiente. Immer wieder dachte er darüber nach, wo er nach der Schule leben sollte. Das Malfoy Manor würde er mit Sicherheit verkaufen. Er wollte dort nicht mehr leben und vor allem konnte er nichts davon bezahlen. Wo sollte er arbeiten? Als im 5ten Jahr die Hauslehrer mit ihren Lehrern, über deren spätere Berufswahl geredet hatten, hatte Draco geschwänzt und als Snape ihn darauf ansprach, war der Blonde einfach gegangen. Es hatte ihn zwar immer interessiert, aber damals hatte der Blonde keine Zukunft vor Augen, in der er ein normaler Angestellter war.

Der Blonde seufzte und fuhr sich mit seiner Hand über sein Gesicht. Manchmal da wünschte er sich, dass er jemanden hätte wie Harry damals Dumbledore hatte. Bei den Gedanken an den alten Mann zog sich ein Magen zusammen. Vor seinen Augen spielte sich die komplette Szene seines Todes wieder ab und der Blonde hatte urplötzlich das Bedürfnis irgendwo gegenzuschlagen, selbst wenn es sein eigener Körper war. Ihm wurde furchtbar übel.
Er ballte seine Hände kurz zu Fäusten und atmete tief durch. Als er sich wieder ein bisschen beruhigt hatte versuchte er nicht mehr an Dumbledore oder seine Eltern zu denken. Stattdessen dachte der Blonde über den Schwarzhaarigen nach.
Er musste an ihr ersten Treffen in Hogwarts denken. Damals wollte der Blonde wirklich mit Harry befreundet sein. Wenn er heute darüber nachdachte, dann konnte Harry nur nein sagen. Der Blonde musste über seine eigene Dummheit schmunzeln.
"Idiot", flüsterte er leise und schlief ein.

___

Die nächsten 3 Tag verließ Draco den Schlafsaal nicht. Der Blonde blieb einfach in seinem Bett liegen und dachte nach. Morgen würden die Schüler zurückkommen und die Ruhe würde verschwinden. Im Schlafsaal würde es wieder laut werden, doch Draco würde weiterhin allein sein, aber auf eine andere Art. Draco hatte lange gebraucht, um den Unterschied zu erkennen. Es war eben etwas ganz anderes, wenn der Raum voller Leute war und man dennoch einsam ist, als wenn man wirklich allein ist.
Der Slytherin erschreckte sich vor seinen eigenen Spiegelbild. Er hatte wenig geschlafen, Alpträume und Gedanken hielten den Blonden nachts lange wach. Er wusch sich sein blasses Gesicht mit kaltem Wasser und band sich seine langen Haare zu einem Pferdeschwanz.
Der Blonde hatte lange überlegt und war daran gescheitert den Grund dafür heraus zu finden, aber er hatte das Bedürfnis sich mit Harry zu unterhalten. Er wollte einfach reden. Außerdem hatte der Syltherin sich dazu entschieden seine Zukunft, soweit es geht, selbst in die Hand zu nehmen. Er hatte vielen Menschen unrecht getan und wollte sich bei denen Entschuldigen, bei denen er noch die Möglichkeit dazu hatte. Er wusste aber, dass er das alleine nicht schaffen würde. Auf den Weg zum Speisesaal überlegte er also, wie er Harry am besten Ansprechen könnte, um ihn um seine Hilfe zu bitten.
Die große Halle war leer, als Draco die Tür sanft aufstieß und einen Blick hineinwarf. Der Tisch der Hufflepuffs wurde seit Beginn der Ferien nicht mehr bedeckt, wozu auch, immerhin ist auch kein Hufflepuff über die Ferien im Schloss geblieben. Der Tisch, an dem normalerweise die zwei Ravenclaws saßen, sah unberührt aus, ebenso der Tisch der Gryffindors. Am Tisch der Lehrer saß ebenfalls niemand.
Seufzend trat der Blonde in die große Halle, setzte sich an seinen Tisch und nahm sich einen Toast. Er aß sein Frühstück auf und blieb noch eine Weile sitzen, in der Hoffnung, dass der Schwarzhaarige bald dort auftauchen würde.
Erst als Draco bereits aufgestanden war, um zu gehen, öffnete sich die Tür. Harry kam mit schleifenden Schritten, sich die Augen reibend, in die große Halle. Er bemerkte den Blonden erst gar nicht und setzte sich mit dem Rücken zu Draco.
Kurz überlegte der Slytherin. Sollte er wirklich Potter um Hilfe bitten? Er atmete tief ein und gerade als er losgehen wollte ging erneut die Tür auf.
"Harry...", hallte es durch die Halle und Draco sah, wie der Schwarzhaarige aufschreckte und mit geweiteten Augen auf die Rothaarige Weasley sah.
"Ginny ", sagte Harry gerade laut genug, dass Draco ihn hören konnte und stand von seinem Platz auf.
Lächelnd ließ Ginny ihren Koffer fallen und ging mit schnellen Schritten auf den Schwarzhaarigen zu. Die beiden umarmten sich, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen.
"Hey", lächelte Harry über ihre Schulter hinweg
"Hey Harry", lachte sie zurück.
Mit seinen Fingerspitzen fuhr Harry sanft durch ihre roten Haare.
Draco sah, dass der Brillenträger ihr etwas zuflüsterte. Sie lockerte die Umarmung nun leicht und sah den Brillenträger nun genau in die Augen. Auf ihre Lippen legte sich ein leichtes Lächeln, ehe sie sie sanft, auf die des Schwarzhaarigen legte.
Der Blonde wollte den beiden nicht länger zusehen und verschwand mit schnellen Schritten aus der großen Halle, doch noch bevor der Slytherin einen Fuß aus der Tür gesetzt hatte, wurde er am Umhang gepackt, hinausgezogen und gegen die nächstbeste Wand gedrückt. Leicht keuchte der Blonde auf, als sich ein Ellbogen in seinen Brustkorb und ein Zauberstab an seinen Hals bohrten.
"Was willst du von mir, Weasley?", keuchte der Blonde leise. Ron kam einen Schritt näher auf Draco zu und bohrte somit weiter seinen Ellbogen in seinen Brustkorb. Der Blonde verzog schmerzhaft das Gesicht.
"Hör zu, Malfoy! Es ist mir egal, ob du dich in Harry verliebt hast oder ob du ihn hasst. Das ist mir alles egal, aber wenn du auch nur versucht Ginny oder Harry wehzutun oder sie auseinander zu bringen, dann verspreche ich, dass ich dir mal zeige, dass mir Zaubern in der Praxis leichter fällt, als in der Theorie. Halt dich von Harry fern!", zischte Ron ihn an.
"Ich? Verliebt? In Potter? Sag mal, spinnst du? Hat dein dreckiges Zuhause dir jetzt den letzten Rest Hirn vernebelt?"
"Pass auf was du sagst, Malfoy".
Ron hob seinen Zauberstab ein bisschen näher an das Gesicht des Blonden.
"Ronald, lass ihn los!" Hermine kam von der Seite angerannt, zog Ron am Arm und lockerte somit den Ellbogen von Dracos Brust.
"Lass mich, Hermine. Er hat es doch nicht anders verdient."
"Hättest du den Brief von Harry mal richtig gelesen, dann wüsstest du, dass Draco ihn wegen eines Mistelzweiges geküsst hat! Er hat sich nicht in Harry verliebt!"
"Hör auf deine Freundin, Weasley. Sie scheint nicht ganz so dämlich zu sein wie du."
Mit zittrigen Händen strich der Blonde seinen Umhang glatt.
"Was macht ihr?" Erschrocken drehte der Blonde sich zu dem Schwarzhaarigen, der nun händchenhaltend mit Ginny in der Tür stand.
"Nichts", antwortete Ron und richtete seinen Blick auf den Boden. "Ich hab Malfoy nur gesagt, dass er sich von dir fern halten soll..."
"Was, aber..", setzte Harry an, doch Draco unterbrach ihn.
"Keine Sorge, Potter. Ich halte mich ab jetzt fern von dir. Du kannst deinen Hund also wieder an die Leine nehmen." Mit einer einfachen Handbewegung machte Draco sich auf den Weg zurück in seinen Gemeinschaftsraum. Einen Moment konnte er noch deutlich hören, wie Harry sich laut mit seinem besten Freund stritt, ehe er wieder allein vor der Mauer zum Gemeinschaftsraum stand. Leise murmelte der Blonde das Passwort, die Mauer machte den Weg frei und Draco ließ sich im Gemeinschaftsraum einfach auf das Sofa fallen. Er zog seine Beine nah an seinen Körper und stützte seinen Kopf auf seinen Knien ab. Erst jetzt bemerkte er, dass sich ein Magen zusammen gezogen hatte und sein Puls am Rasen war.
Er konnte nicht leugnen, dass es ihn störte, dass Harrys Freunde wieder da sind. Er hatte gehofft, dass er Harry um Hilfe bitten konnte und den Schwarzhaarigen langsam zeigen konnte, dass er all das niemals gewollt hatte. Er wollte Harry zeigen, dass er sich geändert hatte.
Er seufzte. Der Blonde musste erneut über seine eigene Dummheit lachen. Wie konnte er nur denken, dass Harry oder seine Freunde irgendwie glauben würde, dass er sich geändert hat? Dafür ist zu viel passiert. Wenn er so darüber nachdachte, dann würde wohl niemand jemals glauben, dass er sich geändert hat. Er würde immer der verhasste Malfoy bleiben, vor allem in Hogwarts.
"Vielleicht sollte ich einfach auf die Schule pfeifen und in der Muggel-Welt leben...", flüsterte der Blonde gegen sein Knie und schloss seufzend die Augen  

It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt