Kapitel.28

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  Erzähler PoV.

Stöhnend und keuchend drehte der Schwarzhaarige sich in seinem Bett herum. Er zog sich seine Decke über den Kopf, um sich vor den einfallenden Sonnenstrahlen zu schützen. Die ruckartige Bewegung erinnerte ihn an den drückenden Schmerz, der auf seinem Kopf lastete.
Sein Magen rotierte und er musste sich eilig die Hand vor den Mund schlagen, um sich nicht zu übergeben. Durch seine Bettdecke hindurch hörte er ein gedämpftes Lachen und im nächsten Moment wurde ihn die schützende Decke vom Körper gezogen.
Binnen einer Sekunde umhüllte ihn die kalte Morgenluft die durch das geöffnete Fenster hinein trat.
"Aufstehen", schrie Ron und warf sich lachend neben Harry auf das Bett.
Der Brillenträger stöhnte laut und versuchte seinen besten Freund mit der wenigen Kraft, die er hatte aus dem Bett herauszutreten.
"Mine' und ich wollen runter zum Frühstück." Ron zog dem Schwarzhaarigen das Kissen unterm Kopf weg und haute es ihn gleich danach wieder ins Gesicht.
"Dann geht", keuchte er unter dem Kissen hervor "Aber lasst mich in Ruhe sterben".
"Komm schon, Harry. Steh auf und komm mit uns. Nach dem Essen geht es dir sicherlich besser".
"Das ist deine Schuld. Ich hoffe, Hermine tötet dich."
"Sie war nah dran". Ron lachte leise und schwang sich aus Harrys Bett. "Wir warten im Gemeinschaftsraum". Harry konnte hören, wie Ron auf seinen Nachtschrank griff und spürte dann, wie seine Brille neben ihm landete.
"Danke", nuschelte Harry und sah dem Rothaarigen mit verschwommener Sicht nach.
Er setzte er sich seine Runde Brille auf die Nase, drehte sich auf den Rücken und starrte auf die Decke die zu seinen Himmelbett gehörte.
Seufzend schloss er seine Augen und plötzlich durchfuhr es ihn eiskalt.
Er konnte sich an wenig aus der letzten Nacht erinnern. Das letzte was er noch wusste war, dass er aus dem Gemeinschaftsraum gestürmt ist.
Doch nun, wo er so ruhig im Bett lag und die Stille den Raum ausfüllte, kamen ihn die Bilder der letzten Nacht wieder in seinen Kopf.
Vor seinen inneren Auge konnte er deutlich sehen, wie Draco vor ihm stand. Einen Moment hatte der Schwarzhaarige das Gefühl die kalten Hände des Blonden an seinen Oberarmen und den warmen Atem auf seinen Lippen zu spüren.
Er sah die trüben Grauen Augen, in denen für einen Moment etwas aufzublitzen schien.
Als sich vor seinen inneren Auge die blassen Lippen des Slytherins auf seine eignen legten, schreckte Harry hoch.
Erst jetzt bemerkte er, dass sich sein Herzschlag beschleunigt hatte und seine Hände schwitzig geworden sind.
So schnell es Harrys Kopf zuließ, stieg er aus dem Bett, zwang sich in frische Klamotten und machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum, wo seine beiden besten Freunde noch immer auf ihn warteten.
So sehr es auch versuchte, der Schwarzhaarige bekam den Gedanken an den Blonden nicht aus seinem Kopf.
Hatten sie sich am Vorabend wirklich geküsst oder hatte er das nur geträumt?
Doch wieso sollte der Gryffindor davon träumen Draco zu küssen?
Der Brillenträger konnte keinen klaren Gedanken fassen und bekam gar nicht mit, dass Hermine auf den Weg in die große Halle mit ihm sprach.
"Ich rede mit dir, Harry", riss sie ihn schließlich aus seinen Gedanken.
"Entschuldige, was?", stammelte er.
"Ich habe dich gefragt wie es dir geht". Sie grinste ihn freundlich entgegen.
"Du weißt genau, wie es mir geht." Harry fuhr sich einmal über sein Gesicht. Er fühlte sich, als wäre man mit einer Dampfwalze mehrmals über ihn gefahren. "Sonst würdest du nicht so grinsen".
Ihr lächeln verschwand urplötzlich. "Natürlich weiß ich wie es dir geht. Man sieht es dir an".
Harry winkte nur schlecht gelaunt ab.
Die drei betraten die große Halle und instinktiv suchte Harry die Halle nach Draco ab.
Das Hermine ihn bei allem was er tat beobachtete bemerkte er gar nicht.
Der Blonde war nicht da und seufzend setzte Harry sich an den Tisch der Gryffindors.
Wenn er genauer darüber nachdachte, wusste er eh nicht wie er hätte reagieren sollen, wenn der Slytherin doch da gewesen wäre.
Noch immer war der Schwarzhaarige sich nicht sicher, ob der Kuss nur ein Traum war oder ob er Draco wirklich gegen das Treppengeländer gedrückt hatte.
Harrys Kopf meldete sich erneut als sich jemand neben ihn fallen ließ. Die leichte Erschütterung wanderte durch seinen ganzen Körper hinauf und ließ ihn erneut schmerzvoll keuchen.
"Was hat er denn?", fragte Ginny und nahm sich eine Scheibe Toast.
"Er hat zu viel getrunken", schmatzte Ron.
"Ach ist das so?" sie grinste kurz in Harrys Richtung ehe sie ein bisschen an ihn heranrückte und sich nah an sein Ohr lehnte. "HAST DU GUT GESCHLAFEN, HARRY?", rief sie ihn direkt ins Ohr und entlockte dem Gryffindor ein weiteres schmerzvolles stöhnen.
Vorsichtig ließ Harry seinen Kopf auf den Tisch sinken.
"Selbst schuld", flötete Hermine.
"Und? Ist irgendwas lustiges passiert, als Harry betrunken war?"
Sofort schreckte er wieder hoch, den Schmerz ignorierend. Er konnte nicht sagen, ob er Draco wirklich geküsst hatte und sollten Ron und Hermine etwas wissen und es Ginny erzählen wäre er geliefert.
"N-Nein. Nein, wie.. wie kommst du darauf?", stotterte er, bevor einer der beiden die Chance hatte zu antworten.
"Beruhige dich". Ginny musterte ihn skeptisch und rückte wieder von ihm weg.
Jetzt bemerkte der Schwarzhaarige den Blick seiner besten Freundin. Kurz erwiderte er ihren Blick und wollte gerade etwas sagen, als er aus dem Augenwinkel sah, wie Draco die große Halle betrat.
Wieder beschleunigte sich ein Herzschlag, doch er widerstand dem Drang ihn anzusehen.
Er wollte sich erst über den Kuss sicher sein, bevor er wieder mit ihm redete, doch die Erinnerung schien mit jeder Minute klarer zu werden und Harry hatte das Gefühl, die Gänsehaut auf seinen Armen würde heute gar nicht mehr verschwinden.
Als er sich wieder auf Hermine konzentrierte hatte, er vergessen was er sagen wollte und als er seine Gedanken ordnen wollte unterbrach ihn erneut jemand.
Professor McGonagall hatte sich von ihrem Platz erhoben und sofort waren alle Gespräche verstummt.
"Guten Morgen." Sie ließ ihren strengen Blick durch die Halle gleiten. "Ich habe nur ein paar kurze Anmerkungen. Ich möchte alle 17-Jährigen, die ihre Prüfung fürs Apparieren noch nicht abgelegt haben, daran erinnern, dass eine weitere Prüfung bereits morgen stattfindet. Die letzte Unterrichtstunde wird für die Sechst- und Siebtklässler ausfallen. Zur Prüfung finden sie sich zu dieser Uhrzeit hier, in der großen Halle, ein.
Des Weiteren wurde entschieden, dass für die Schüler die dieses Jahr ihren Abschluss machen, nach den Prüfungen, ein Abschlussball stattfinden wird. Schüler ab dem fünften Schuljahr sind willkommen um die Siebtklässler zu verabschieden. Diese kleine Festlichkeit wird am Abend vor Ihrer Abreise stattfinden." Allgemeines Getuschel ging durch die Reihen. Harry, der nur geistesabwesend zugehört hatte beteiligte sich nicht daran.
Er hatte sich zu Draco umgedreht.
Der Blonde saß am äußerten Platz des langen Tisches. Seine Haare waren auf der einen Seite hinter sein Ohr gestrichen, während sie auf der anderen Seite einfach lässig nach Vorne fielen.
Wie es sonst der Fall war, saß der Blonde nicht allein und den Schwarzhaarige durchfuhr ein kurzer Stich, als er sah, wie das Mädchen neben ihm noch näher an ihn heranrückte und ihn über die Schulter strich.
Draco bemerkte den Blick des Gryffindor nicht. Er sah auf die braunhaarige Schönheit neben sich.
Ruckartig drehte der Schwarzhaarige sich wieder zurück und sein blick traf genau auf die Braun Augen seiner besten Freundin.
Harry hätte meinen können, dass etwas Mitleid in ihrem Blick lag.
"Wollen wir gehen, Harry?", fragte Ron der sein Frühstück schon seit einer Weile aufgegessen hatte. Der Brillenträger hatte seines noch nicht angerührt.
Er nickte auf Rons Frage hin und als Ron und Ginny aufstanden waren es er und Hermine die noch einen Moment sitzen blieben. Harry, weil er mit den Gedanken woanders war und Hermine, weil sie es spürte.
"Ich hab ihn gestern geküsst, oder?", flüsterte Harry als hätte er gespürt, dass Hermine etwas wusste.
Sie nickte nur leicht.
"Scheiße". Er strich sich durch seine wilden Haare und stützte seinen Kopf auf seinen Händen ab.
Wieder konnte er spüren, wie sein Magen sich drehte und seine Glieder plötzlich schwer wurden.
Er schloss seine Augen kurz und atmete tief durch.
"Du musst mit ihm reden.", flüsterte Hermine und strich Harry sanft über die Schulter.
Harry wusste, dass Hermine kein Gespräch meinte, in dem er den Blonden sagen würde, dass es ein Fehler war. Die Braunhaarige meinte eine ganz andere Art von Gespräch.
Er hatte das Gefühl, dass sie schon wieder mehr wusste als er selbst.
"Hermine..Ich..." Er fuhr sich erneut über sein Gesicht. Seine Gedanken waren bei Draco und dem Kuss der letzten Nacht. Am liebsten hätte er geschrien und seinen Teller einfach gegen die nächste Wand geworfen.
"Harry, hast du es wirklich noch nicht selbst bemerkt?"
"Was denn?" Der Schwarzhaarige klang schon fast jammernd.
"Harry." Hermine schaute ihn besorgt und verwirrt zu gleich an. "Du magst Malfoy".
"Natürlich, wir sind doch Freunde."
"Nein, nicht auf diese Weise. Harry, du hast dich in ihn verliebt".
Plötzlich fühlte Harry gar nichts mehr. Sein Kopf war leer und sein Herz schien einen Schlag ausgesetzt zu haben.
"Was?" mehr brachte der Schwarzhaarige nicht heraus.
"Harry.."
"Nein, Hermine. Ich..Ich kann mich nicht in Draco verliebt haben. Das klingt total absurd."
"Harry, bitte drehe dich mal um." Er schluckte schwer, schaute Hermine einen Moment weiter an, ehe er ihrer Bitte nachging und sich wieder zum Tisch der Slytherins herum drehte.
Ein noch heftiger Stich, als der zuvor durchfuhr ihn, als er sah, dass das Braunhaarige Slytherin Mädchen sich noch näher an ihn herangesetzt hatte.
Es schien so, als würden die beiden sich angeregt unterhalten und das Mädchen fuhr sich zwischendurch immer wieder durch ihre langen Haare.
"Will sie sich auf seinen Schoß setzten oder was?", zischte Harry durch seine Zähne hervor und drehte sich wieder zu Hermine.
"Siehst du? Du bist eifersüchtig."
"Ich bin doch nicht eifersüchtig", protestierte er. "Sie..Sie sitzt nur eben sehr nah an ihm. Ich hab sie noch nie gesehen. Wer ist sie überhaupt?"
"Ich sehe doch, wie du ihn ansiehst. Jeder sieht das, selbst Ginny bemerkt das. Nur du und Ron, ihr checkt es nicht".
"Du liegst falsch. Ich habe mich nicht in Draco verliebt".
"Wie dem auch sei", knurrte Hermine. Ihre Laune schien plötzlich schlechter geworden zu sein. "Du musst trotzdem mit ihm reden". Sie stand von der Bank auf, ging aus der großen Halle und ließ Harry wieder mit seinem schweren Herzen und seinen ungeordneten Gedanken alleine.
Er wusste, dass er mit dem Blonden reden musste, allein schon, damit er ihn sagen konnte, dass es ein Fehler war und sie es vergessen sollten.
Als Harry sich das nächste Mal umdrehte, saß der Blonde nicht mehr am Tisch.
Das braunhaarige Mädchen saß nun wieder bei ihren Freundinnen, mit denen sie tuschelte und kicherte.
"Potter", ertönte es plötzlich hinter ihm. Harry zuckte heftig zusammen und fuhr noch weiter herum. Seine Kopfschmerzen meldeten sich plötzlich zurück.
Die Stimme des Blonden jagte Harry einen Schauer über den Rücken.
"H-Hey", stammelte er.
Draco schien genauso wenig zu wissen, was er sagen sollte wie Harry denn es blieb lange still zwischen den Beiden.
"Wie..Wie geht's dir?", fragte Harry schließlich leise.
"Wie üblich." Draco vergrub die Hände in seinen Hosentaschen. Dem Schwarzhaarigen fiel zum ersten Mal auf, wie gut der Blonde aussah, wenn seine Haare ihn ins Gesicht fielen und wie gut seine Klamotten ihn eigentlich standen. "Ist alles in Ordnung mit dir?"
Harry biss sich auf die Lippen. "Nein. Wir müssen reden", platzte es leise aus ihn heraus.
"Ah, du erinnerst dich also daran. Du warst so betrunken, ich dachte du vergisst es."
"Wollen wir vielleicht woanders dafür hingehen?"
Draco zuckte mit den Schultern und folgte dem Schwarzhaarigen aus der großen Halle.
Eine ganze Weile schlichen die beiden nur im Schloss herum, ohne etwas zu sagen und ohne stehen zu bleiben.
Irgendwann reichte es dem Slytherin und er packte den Brillenträger am Handgelenk, um ihn zum Stehen zu bringen.
"Potter, jetzt bleib mal stehen", sagte er fast höhnisch und ließ Harry wieder los. Der Gryffindor versuchte die Gänsehaut auf seinem Arm zu ignorieren.
Harry wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte Draco sagen, dass es ein Fehler war und sich entschuldigen und dennoch konnte er dem Drang nicht widerstehen auf die Lippen des Blonden zu schauen.
Wieder hatte er das Gefühl sie flüchtig auf seinen zu spüren.
"Ähm..", begann Harry schließlich. "Wegen gestern. Ich..Ähm." Harry wippte mit seinen Füßen. Dracos Anwesenheit machte ihn nervös und er war sich sicher, dass, selbst wenn er sich Worte zurechtgelegt hätte, er sie jetzt vergessen hätte.
"Du scheinst nicht die richtigen Worte, für das zu finden was das gestern war, Potter." Draco hatte noch immer den höhnischen Unterton in seiner Stimme. Harrys Blick hing an seinen Lippen. "Aber ich kann dir sagen, was das war. Ein Fehler, mehr nicht. Du warst betrunken und aufgewühlt. Ich verstehe es zwar nicht, aber ich kann darüber hinweg sehen".
Plötzlich hatte Harry das Gefühl, dass das einzig Falsche, das es gab dieses Gespräch war. Er wollte dem Blonden widersprechen, ihm sagen, dass es kein Fehler war und vor allem, dass er ihn nicht nur geküsst hatte, weil er betrunken war. Er biss sich auf die Zunge.
"Lass uns einfach so tun als wäre das nie passiert". Dracos Stimme wechselte von höhnisch zu kühl. Harry presste seine Lippen aufeinander und zwang sich zu seinem lächeln. Kaum merklich nickte er.
"Okay", nuschelte er und drehte sich um. "Wir sehen uns morgen."
Er ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Den Blick des Blonden konnte er noch in seinen Nacken spüren.

Als er wieder in den Gemeinschaftsraum kam, saß Hermine alleine auf dem Sofa. In ihrer Hand hatte sie ein dickes Buch, welches sie sinken ließ als Harry durch das Portraitloch geklettert kam.
Seufzend und mit einem stechen in seiner Brust ließ er sich neben seine beste Freundin fallen.
"Du hattest recht.", flüsterte er. "Wie immer hattest du recht." Seine Stimme klang monoton und fremd.
"Was hast du ihm gesagt?" Ihr fürsorgliche Stimme ließ den Schwarzhaarigen erneut seufzen.
"Gar nichts. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hat das für mich erledigt. Er sagte, wir sollten es einfach vergessen. Ich würde ihm gern zustimmen und sagen, dass es ein Fehler war, aber Merlin. Ich kann an nichts anderes denken".
"Aber das kann gar nicht sein. Ich..."
"Lass gut sein, Mine'. Bitte, lass uns einfach nicht mehr darüber reden", unterbrach er sie
"Aber, Harry.."
Er schüttelte kurz seinen Kopf und legte ihn dann auf der Schulter den Braunhaarigen ab.
In seinen Kopf schwirrten alle möglichen Fragen herum, die es gab.
War er wirklich in Draco Malfoy verliebt? War es möglich, dass er sich all diese Gefühle, dieses Verlangen ihn zu küssen und den Herzschmerz nicht bloß einbildete?
Wie sollte der den Blonden jetzt gegenüber treten?  




It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt