Kapitel 24

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  Erzähler PoV.

Als Harry am nächsten Morgen aufwachte, war Madam Pomfrey gerade dabei den Erstklässler zu entlassen. Seitdem die Heilerin Harry am Vorabend angeschrien hatte, war der Junge Hufflepuff ihr gegenüber sehr schüchtern, bedankte sich aber dennoch aufrichtig bei ihr. Harry war sich fast sicher, dass er es sich nun jedes Mal mindestens zweimal überlegen würde, ob es nötig war in den Krankenflügel zu gehen. Der Schwarzhaarige lachte innerlich, denn eigentlich war Madam Pomfrey eine der nettesten Personen, die er kannte.
"Tschüss Harry", winkte er noch, bevor er die schwere Tür des Krankenzimmers schloss.
Ohne etwas zu sagen, stellte die alte Dame Harry ein Tablett vor die Nase. Der Geruch von Toast und Haferbrei stieg dem Schwarzhaarigen in die Nase und unwillkürlich fing sein Magen an zu knurren.
"Danke", nuschelte Harry und rieb sich unter der Brille hinweg schläfrig die Augen.
Der Schwarzhaarige griff gerade nach seinem Messer, um sich ein wenig Marmelade auf das trockene Stück Toast zu schmieren, als die Tür erneut aufschwang.
Die Heilerin hatte zwischen dem Bett von Harry und dem des Erstklässlers eine große Trennwand gezogen, die genau so stand, dass der Gryffindor nicht erkennen konnte, wer den Raum betrat.
Erst als der blonde Haarschopf um die Trennwand hinweg sah erkannte er Draco.
Harry bemerkte gar nicht, wie sein Herz in seiner Brust plötzlich ein wenig schwerer wurde und sein Herzschlag für einen Moment schneller wurde.
Obwohl kein Unterricht stattfand, hatte der Blonde seine Robe an und seine Haare waren zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden.
"Hey", murmelte Draco und zwang sich zu einem kurzen lächeln.
"Hey", grinste Harry ihn entgegen und setzte seine Tätigkeit fort. "Was machst du hier?"
Draco zog sich einen Sessel an Harrys Bett und ließ sich drauf fallen. Er ließ seine Beine über die Lehne baumeln.
"Weasley und Granger bestanden darauf, dass ich nach dir sehe, da wir ja jetzt offiziell 'Freunde' sind". Der Slytherin setzte das Wort "Freunde" mit seinen Fingern in Anführungszeichen.
Harry musste leise über die Beiden lachen und schluckte den Nachgeschmack von Dracos Worten einfach hinunter.
"Hast du denn schon gefrühstückt?" erkundigte der Brillenträger sich.
"Merlin, besteht dein Lebenssinn daraus mich zu fragen, ob ich schon gegessen habe?"
"Wenn du weiter nichts isst, dann mache ich es zu dazu".
Draco stöhnte halb genervt, halb belustigt auf und stahl Harry eine der Toast-Scheiben von seinem Tablett.
Er riss ein gutes Stück davon ab und steckte es sich in den Mund.
"Zufrieden?", murmelte Draco mit vollem Mund, was Harry erneut leise lachen ließ.
Draco kaute eine Weile auf dem trockenen Brot herum. Keiner sagte ein Wort und der Schwarzhaarige hatte ganz vergessen, dass auch er noch nichts gegessen hatte, so beschäftigt war er damit den Blonden beim Kauen zuzusehen.
"Mr. Malfoy, heute keine allzu langen besuche." Madam Pomfreys Stimme ertönte aus einer weit entfernten Ecke ihres anliegenden Büros. "Potter braucht Ruhe!"
Draco wollte gerade etwas erwidern, als Harry die Hand hob. "Potter geht es gut", schrie der Schwarzhaarige.
"Potter ist zusammen gebrochen und hat 24 Stunden geschlafen. Wenn Poppy sagt, er braucht Ruhe, dann hört er auf Poppy." kam es erneut von der Heilerin.
Harry verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.
"Es scheint mir, als hättet ihr diese Unterhaltung schon ein paar mal geführt.", bemerkte der Blonde und schob sich ein weiteres Stück Toast in den Mund.
"Ich hab ihr gestern schon gesagt, dass es mir gut geht".
"Sie hat Recht, Potter".
"So wie du redest, könntest du fast schon ein Heiler sein."
"Wer weiß, vielleicht eines Tages". Verschmitzt grinste Draco und schob sich auch das letzte Stück Toast in den Mund.
Eine kurze angenehme Stille legte sich über den Raum. Die Sonne ließ den Krankenflügel hell und freundlich erscheinen.
Harry aß stumm sein Essen und Draco hatte ein kleines Buch aus seiner Robe gezogen. Der Schwarzhaarige konnte sich nicht daran erinnern, dass er Draco jemals so viel hat lesen sehen, aber er sah gerne dabei zu, wie die grauen Augen über das Pergament huschten. Durch die Sonnenstrahlen, welche direkt auf den Blonden schienen, waren seine Pupillen, wie schon vor einiger Zeit in der Bibliothek, klein und ließen dem Grau in seiner Iris Platz um sich auszubreiten. Die Sonne ließ die Haut des Slytherins leuchten und die blutigen Stellen an seiner Hand waren noch auffälliger. Dem Gryffindor fielen sie jedes Mal aus, wenn der Blonde umblätterte. Erst beim genaueren hinsehen bemerkte Harry, dass sie Augenringe, die mittlerweile fast schon zu ihm gehören, nicht ganz so tief und dunkel waren wie sonst. Draco kaute auf seiner Unterlippe herum.
"Hör bitte auf mich anzustarren", nuschelte Draco ohne seinen Blick vom Buch abzuwenden.
Der Gryffindor fühlte sich ertappt und drehte sich mit leicht erhitzten Wangen von Draco weg.
Lange sagte keiner der beiden etwas und Harry hatte das Gefühl, dass sich die angenehme Stille zu einem peinlichen Schweigen entwickelt hat.
Umso dankbarer war er, als die Heilerin wieder in den Raum kam und Harry einen ungeöffneten Brief hinhielt.
"Bevor ich es vergesse, Potter". Sie überreichte ihm den Brief und verschwand wieder in ihrem Büro.
Harry konnte im Augenwinkel erkennen wie der Blonde sein Buch auf seinen Schoß sinken ließ und nun auch auf den Brief achtete.
In wunderschöner sauberer Schrift war Harrys Name drauf geschrieben. In der Ecke des Umschlages war ein winzig kleiner Tintenfleck und als der Schwarzhaarige genauer hinsah erkannte er, dass es ein kleiner Fingerabdruck war.
Der Gryffindor musste augenblicklich lächeln.
Er zog den Brief aus dem Umschlag und sah, dass sich auf dem Pergament noch ein paar mehr dieser kleinen Abdrücke befanden.

It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt