Kapitel 12

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  Erzähler PoV.

Als Harry am nächsten Morgen aufwachte, war der Schlafsaal leer. Der Brillenträger war am Abend so schnell eingeschlafen, dass er gar nicht mehr mitbekommen hat, wie Ron oder einer der anderen sich schlafen gelegt hatte. Die Uhr über der Tür stand bereits auf halb neun und Harry war froh, dass am Samstag das Frühstück wesentlich länger aufgedeckt blieb.
Langsam schlug Harry die Decke beiseite, setzte sich auf die Bettkante und zog sich um, während er sich in einen Gedanken schon einmal zurechtlegte was er zu Ron und Hermine sagen sollte, denn klar war, dass er sich entschuldigen musste.
Gerade als Harry sich seine Schuhe anzog, kam sein Rothaariger bester Freund die Treppe hoch gelaufen.
"Mensch Harry, Hermine und ich sterben vor Hunger. Könntest du dich ein bisschen beeilen?" grinste Ron ihm entgegen.
Harry klappte den Mund auf. Ohne seinen Mund vorher zu schließen, stand er von seinem Bett auf und ging hinter Ron her in den Gemeinschaftsraum.
"S-seid ihr beiden denn gar nicht sauer auf mich?", fragte er schließlich als Hermine sich ihnen angeschlossen hat und sie zusammen auf den Weg in die große Halle waren.
"Was? Oh nein. Nicht wirklich. Am Anfang schon, aber nachdem Ginny ins Bett gegangen war haben wir uns noch lange darüber unterhalten. Haben uns gefragt was dich dazu treiben könnte Malfoy zu vertrauen und uns dafür anzulügen. Irgendwann sind wir einfach darauf gekommen, dass du zwar immer sehr leichtfertig vertraut hast, aber du könntest Recht haben und wenn doch etwas passieren sollte, dann sind wir immer da".
Ron hatte sich am Gryffindor Tisch niedergelassen und sich seinen Teller mit allem möglichen am Essen gefüllt, während Hermine eine Eule bezahlte, die ihr den Tagespropheten zukommen ließ. Harry stand mit offenem Mund daneben.
"Jetzt mach doch mal den Mund zu, Harry".
Harry schloss seinen Mund und setzte sich Hermine gegenüber. Ron war schon längst am Essen und Hermine las mit schnellen Augen die Zeitung.
"Es tut mir leid", stammelte Harry schließlich.
"Du brauchst dich nicht entschuldigen, Harry". Hermine blickte von ihrer Zeitung auf und lächelte den Schwarzhaarigen entgegen. "Wenn ich du wäre, dann hätte ich uns auch nichts davon erzählt".
"Du solltest dir lieber sorgen um Ginny machen..", fügte Ron hinzu. "Sie ist wirklich sauer auf dich".
"Sie ist nicht die einzige, die sauer ist". Nun füllte sich auch Harry essen auf. "Habt ihr sie heute schon gesehen?"
Beide schüttelten den Kopf. "Du musst mir ihr reden".
"Falls sie sich je wieder bei mir blicken lässt".
"Na klar", versicherte ihm Ron.
Nach dem Frühstück trennten sich die Wege der drei.
Ron und Hermine machten sich zusammen auf den Weg zum See, um die ersten richtig warmen Sonnenstrahlen auszunutzen und Harry ging allein in die Bibliothek, um sich mit Draco zu treffen.
Die Bibliothek wirkte so staubig wie immer, als Harry hinein ging und leise die Tür schloss. Viele Schüler hatten sich dort verteilt, kümmerten sich um ihre Hausaufgaben oder lernten für die Prüfungen.
Zu hören war trotz allem nur leises getuschel und ab und an das Rascheln der Bücherseiten. Madam Pince beobachtete alles mit strengen Blick.
Harry entdeckte den Blonden auf den ersten Blick nicht und auch als er alle Gänge und Regale abgegangen war, gab es keine Spur von dem Slytherin.
Da Harry eh ein bisschen früher gekommen ist, setzte er sich einfach auf einen Stuhl in der Nähe der Tür und wartete.
Er wartete eine gute halbe Stunde, bevor er seufzend wieder aus der Bibliothek ging und sich auf die Suche nach Draco machte.
Dem Schwarzhaarigen war es egal, ob Draco wollte oder nicht, aber er würde ihm helfen.
Wie Harry schon mehrmals feststellen musste, war es nie einfach jemanden in Hogwarts zu finden, obwohl man überhaupt keinen Anhaltspunkt hatte.
Der Gryffindor hatte sogar solange vor den Gemeinschaftsraum der Slytherins gestanden, bis endlich jemand raus kam, der ihn beantworten konnte ob Draco dort war, aber auch dort war er nicht.
Am Ende fand Harry den Blonden am selben Platz wie am Abend zuvor, nur saß er nicht unter dem Baum, sondern mitten in der Krone des Baumes.
Kurz fragte Harry sich, wie er ihn übersehen hätte können, dann ging er zu ihm.
"Es war sehr lustig mit anzusehen wie du immer und immer wieder an mir vorbeigelaufen bist, Potter", lachte der Slytherin. Er hatte ein Buch in der Hand, seine Haare waren zusammen gebunden und von oben herab grinste er Harry listig an.
"Lustig Malfoy. Ich bin zwar nur zwei Mal hier lang gekommen, aber dein Gedächtnis scheint nicht das beste zu sein, immerhin hab ich gesagt wir treffen uns in der Bibliothek".
"Hast du schon mal daran gedacht, dass ich mich einfach nicht mit dir treffen wollte?"
Harry wusste einen Moment nicht, was er sagen sollte. Draco sprang nun vom Baum und landete nur wenige Schritte genau vor dem Brillenträger.
"Ich möchte dir helfen, Malfoy".
"Ich will deine Hilfe nicht, Potter".
"Du solltest weniger auf das Hören was andere sagen. Es interessiert mich nicht, ob Ginny möchte, dass ich mich von dir fernhalte oder du dich von mir. Ich habe gesagt, dass ich dir helfe und damit hast du mich jetzt nun mal an der Backe. Pech für dich". Harry grinste den Blonden kurz an und setzte sich auf den Rasen vor den Baum. "Hast du das Pergament dabei?"
"Welches Pergament?"
"Das auf dem zu aufgeschrieben, wofür du dich entschuldigen möchtest".
"Glaubst du wirklich, dass ich das 2 Monate mit mir herumtrage?"
"Was denn sonst? Liegt es unter deinem Kopfkissen?"
"Provoziere mich nicht, Potter", zischte Draco zwischen seinen Zähnen hervor.
"Kannst du es holen?"
"Wozu?"
"Ich sagte doch, dass wir es verbrennen".
"Ich habe es in meinem Koffer", nuschelte der Slytherin.
"Gut, kannst du es holen?" Draco nickte und machte sich mit schnellen Schritten auf den Weg zu seinen Gemeinschaftsraum. Als er wieder bei Harry angekommen war, setzte er sich neben ihn, breitete das Pergament vor sich aus und zog seinen Zauberstab aus der Innentasche seiner Robe. Ohne einen Zauberspruch auszusprechen, setzte Draco das Pergament in Brand.
Keiner der beiden sagte etwas. Sie lehnten beide am Baum. Harrys Augen waren geschlossen, während Dracos graue Augen auf den Flammen ruhten. Als von dem Pergament nur noch ein kleiner Haufen Asche übrig war, schwang er erneut einen Zauberstab und das Feuer erlosch.
"Und? Hast du mit Hagrid abgeschlossen?"
"Ich denke schon".
"Gut, denn das war das erste und letzte Mal, dass du so was aufgeschrieben hast".
"Was? Ab-"
"Malfoy, ich helfe dir nicht dabei jedes Mal ein Brief zu schreiben und eine Entschuldigung runter zu rattern. Du wolltest dich ändern und dazu gehört nun mal, dass du lernst deine Fehler frei zu erkennen und freundlich zu sein".
"Und wieso haben wir es bei Hagrid denn anders gemacht?"
"Aller Anfang ist schwer. Ich dachte, da das deine erste Entschuldigung war machen wir es so".
"Meine erste Entschuldigung? Für was hältst du mich?"
Harry lachte unterdrückt.
"Ich hab als Kind oft die Hauselfen geärgert. Mutter hatte zwar kein Mitleid mit ihnen, aber sie zwang mich immer dazu mich zu entschuldigen".
"Ich glaube kaum, dass du diese Entschuldigungen ernst gemeint hast".
"Da magst du recht haben", lachte er hohl. "Potter?"
"Hmm?" Harrys Augen waren noch immer geschlossen.
"Granger und Weasley wissen, dass das hier keine Nachhilfe ist, oder?"
"Ja, aber sie wissen, dass ich alt genug bin. Sie machen sich keine Sorgen mehr und lassen dich in Zukunft in Ruhe".
"Und die andere Weasley?"
"Ginny? Sie sieht das ganze nicht so. Wir haben uns gestritten, aber sie kriegt sich wieder ein und dann wird auch sie es akzeptieren."
Draco antwortete nicht, schluckte lediglich schwer und Harry öffnete seine Augen, um zu sehen was den Blonden so schwer schlucken ließ.
Vor den beiden stand das jüngste Weasley Familienmitglied. Die Hände in die Hüften gestemmt schaute sie Harry böse an.
"Ich kriege mich also wieder ein, ja?"
Harry drückte sich vom Boden ab und stellte sich seiner Freundin gegenüber. So wie sie da stand erinnerte sie Harry sehr an Mrs. Weasley. Das behielt er aber lieber für sich.
Draco war ebenfalls aufgestanden und ging einige Schritte zurück, als wolle er sich verziehen, aber Harry griff nach seiner Robe und zog ihn wieder ein Stück näher.
"Ja.", sagte Harry stumpf.
"Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mit mir zum See kommst, aber die Frage kann ich mir wohl sparen".
"Kannst du".
"Unglaublich, dass du dich trotzdem mit Malfoy triffst".
"Hab' ich dir doch gesagt".
Harry versuchte ruhig zu bleiben. Er wollte nicht mit Ginny streiten, aber sie machte ihn unglaublich wütend.
"Du bist dir keiner Schuld bewusst, oder? Du hast gelogen, Harry".
"Er hat nicht gelogen. Er hat ein Geheimnis für sich behalten", mischte Draco sich ein.
"Und uns stattdessen erzählt, dass er dir Nachhilfe gibt. Da er das nicht getan hat, hat er uns belogen. Aber von dir erwarte ich kein Verständnis".
Draco wollte gerade erneut etwas sagen, als Harry sich zu ihm umdrehte und den Kopf schüttelte. "Das ist eine Sache zwischen ihr und mir. Sie sucht nur einen Sündenbock, weil sie sich ihrer eignen Schuld nicht bewusst ist".
"Ich wollte dir helfen".
"Wobei wolltest du mir helfen?"
"Du begibst dich doch nur in Gefahr, wenn du dich mit ihm abgibst! Ich will nicht, dass dir etwas passiert oder er dich angreift".
"Ich habe NICHT vor Potter etwas anzutun, Weasley", mischte Draco sich wieder mit ein.
"Und das soll dir jeder glauben? Du bist ein Todess-"

"OKAY STOP", rief der Schwarzhaarige. "DU HATTEST KEIN RECHT ZU DRACO ZU GEHEN UND IHM ZU SAGEN, DASS ER SICH VON MIR FERNHALTEN SOLL! ES GEHT DICH NICHTS AN! ICH KANN AUF MICH AUFPASSEN". Harry hatte sich nun ganz Ginny zugewandt. Während sie nur steif dastand, war Darco unter seinem Geschrei zusammen gezuckt.
"Ich bin 18 Jahre alt. Wenn ich mich mit Malfoy treffe, dann ist das so und wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann solltest du vielleicht einfach gehen".
"Du bevorzugst deinen Feind also deiner Freundin?"
"Ich bevorzuge jeden Menschen vor Mädchen, die nicht akzeptieren können, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann".
"Also war es das jetzt? Du machst Schluss mit mir? Wegen Malfoy?"
"Ich weiß es nicht, Ginny. Lass mir ein bisschen Zeit".
Die Rothaarige öffnete noch einmal ihren Mund um etwas zusagen, drehte sich jedoch schnell auf dem Absatz um und ging, ohne ein weiteres Wort und ohne Harry noch mal anzusehen.
Der Schwarzhaarige fuhr sich mit den Händen über sein Gesicht und durch seine Haare, als würde er jetzt erst realisieren, was gerade passiert war. Seufzend drehte Harry sich um. Grüne Augen trafen auf Graune und kurz dachte Harry, dass es vielleicht einfach so sein sollte, dass er und Ginny nicht zusammengepasst haben.
"Potter, ich..es tut mir.."
"Du brauchst dich nicht entschuldigen, Malfoy", sagte Harry leise und ließ sich wieder am Baum nieder.
"Wenn ich nicht.."
"Hör auf, Malfoy. Wir haben uns nicht deinetwegen gestritten, sondern weil sie nicht einsieht, dass sie einen Fehler gemacht hat."
Draco nickte stumm und setzte sich neben Harry. Der Blonde hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen wusste aber, dass der Schwarzhaarige nun lieber nicht reden wollte. Draco nahm sein Buch wieder in die Hand, welches er als er vom Baum gesprungen war, auf den Boden gelegt hatte, schlug es auf und fing an zu lesen, einfach damit er etwas zu tun hatte. Im Moment fühlte er sich unwohl in der Nähe des Brillenträgers. Er hatte das Gefühl, dass alles seine Schuld war.
Irgendwann ging Draco die Stille auf die Nerven. Es war bedrückend und peinlich und am liebsten wäre Draco schon längst gegangen, aber er wollte den Gryffindor im Moment nicht alleine lassen.
"Hör zu, Malofy, es ist wirklich nicht deine Schuld und ich werde es auch nicht akzeptieren, wenn du dich jetzt wieder von mir fern hältst. Ich werde dir weiter auf den Leim gehen".
Draco lächelte leicht. "Hey, Potter". Harry drehte sich nun dem Blonden um. Seine sonst so strahlenden Augen wirkten traurig und müde. "Ich hab ganz vergessen dir zu danken, wegen der Sache mit Hagrid. Danke, Potter". 

It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt