Kapitel.4

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  Erzähler PoV

Harry hatte Probleme damit, von dem kalten Boden in der Eulerei aufzustehen.
Seine Hand an seine Rippen gepresst versuchte er sich stöhnend an der Wand hochzuziehen.
Malfoy hatte ganze Arbeit geleistet.
Der Schwarzhaarige verstand es nicht. Er hatte sich niemals die Rolle des Auserwählten gewünscht, geschweige denn ausgesucht, aber Draco hatte ihn immer dafür gehasst.
Harry wollte nie, dass man ihm die Schuhe leckt oder ähnliches. Im Gegenteil, eigentlich wollte er nur ein normaler junger Zauberer sein.
Der Brillenträger wischte sich mit Handrücken über seine blutende Lippe.
Noch immer an die Wand gelehnt, legte Harry seinen Kopf in den Nacken. Der Schmerz in seinen Rippen zog sich hoch bis in seine Schulter. Noch dazu war er umgeknickt, als Draco ihn zu Boden geschlagen hatte.
Madam Pomfrey war über Weihnachten zwar im Schloss geblieben, allerdings war es schon spät und Harry war sich nicht sicher, ob er ihre Hilfe noch in Anspruch nehmen sollte.
Er entschied sich vorerst dagegen und machte sich humpelnd auf den Weg in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum.
Er würde die Heilerin um Hilfe bitten, wenn seine Schmerzen nach einer ordentlichen Ladung Schlaf nicht besser geworden sind.
Noch nie fiel es dem Schwarzhaarigen schwer, die Treppen zu steigen.
Bei jedem Schritt fuhr ein stechender Schmerz von seinem Fuß bis in sein Knie, seine Lippe brannte höllisch und er spürte regelrecht, wie sich ein riesiger Bluterguss unter seinem Shirt auf seiner Haut bildete.
Er fauchte der fetten Dame das Passwort zu, ließ sich kurz von ihr anbrüllen und stieg durch das Loch in den Gemeinschaftsraum.
Das Feuer im Kamin war bereits erloschen, nur eine kleine Lampe spendete dem großen, menschenleeren Raum noch Licht.
Stöhnend schmiss Harry sich auf das Sofa vor den Kamin.
Er zog sich seine Schuhe von den Füßen, beim rechten äußerst Vorsichtig, streifte seinen Umhang und seinen Pullover von seinem Oberkörper und ließ sich sanft in die Kissen fallen. Der Schwarzhaarige seufzte. Das Sofa war eigentlich viel zu klein für den 18-jährigen, aber Harry war viel zu müde und viel zu Schmerz geplagt, als das er hätte, die Treppen hochsteigen können.
Er verstand nicht, warum der Blonde so wütend geworden ist und ihn geschlagen hatte. Eigentlich hatte Harry gehofft, dass er sich mal ordentlich mit dem Blonden aussprechen könnte, um endlich das Kriegsbeil zu begraben, auch wenn er sich fast sicher war, dass sie nie Freunde geworden wären. Der Schwarzhaarige wollte eigentlich nur, dass diese ständigen Beleidigungen aufhörten.
Tränen standen Harry bereits vor Müdigkeit in den Augen, aber er versuchte krampfhaft seine Gedanken zu ordnen. Mehrmals gähnte der Schwarzhaarige und rieb sich über die schweren Augenlider, bevor er, mit den Gedanken bei dem Blonden Slytherin, einschlief.
Am nächsten Morgen wachte der Brillenträger mit noch größeren Schmerzen auf. Sein Fuß pochte regelrecht und als er mit seinem Finger leicht über die Stelle strich, an der Malfoy ihn am Abend zuvor getreten hatte, zuckte er stark zusammen. Der Schwarzhaarige hob sein T-Shirt an. An der Stelle weitete sich ein tief violett-blauer Bluterguss aus.
Er seufzte hohl auf, quälte sich die Treppe zum Schlafsaal hinauf, zog sich eine lockere Hose und ein neues Shirt an, schlüpfte in ein paar lockere Schuhe und machte sich langsam auf den Weg in den Krankenflügel.
Unterwegs hielt Harry in einer der Jungtoiletten an, um sein Spiegelbild zu prüfen.
Seine eh schon wilden Haare standen nun in alle möglichen Richtungen ab, sein Gesicht hatte ein blasses Weiß angenommen und über seiner Lippe zog sich ein blutig roter Riss. Der Schwarzhaarige ließ kaltes Wasser über seine Hände laufen und fuhr sich mit den nassen Händen einmal über das Gesicht und die Haare.
Noch immer verstand Harry die Welt nicht. Es ergab alles kein Sinn! Er wollte lediglich ein paar nette Worte an den Blonden richten und sich nicht mit ihm prügeln, wobei Harry eher der verprügelte war als der, der prügelt.
Einen Moment lang sah der Brillenträger sich noch im Spiegel an, ehe er weiter Richtung Krankenflügel ging.
Vorsichtig stieß er die Tür zum Krankenzimmer auf.
Helles Licht blendete Harry und erst jetzt bemerkte er, dass die Sonne schien und es bereits spät am Morgen sein muss.
Harry sah sich einen Moment lang im Raum um und blieb mit seinem Blick an einem Bett ganz hinten im Raum hängen.
"Sie müssen ihre Hand schon stillhalten, sonst wird das nichts", hörte Harry die Heilerin auffordert sagen.
Auf dem Bett vor ihr saß Draco . Seine Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden, wobei es so aussah, als hätte er die Hälfte seiner Haare vergessen, denn ein paar blonde Strähnen hingen ihm noch im Gesicht.
Harry schlich sich leichte Röte ins Gesicht, als er wieder an den Kuss denken musste, noch dazu hatte er sich gerade bei dem Gedanken erwischt, dass dieser Pferdeschwanz wirklich gut an dem Blonden aussah. Es ließ ihn älter wirken und der Schwarzhaarige hatte nun ein viel besseres Blick auf Dracos blasses Gesicht. Es machte ihn attraktiv.
Harry schüttelte sich und vertrieb somit den Gedanken daran, dass er Malfoy gerade als gutaussehend betitelt hatte.
Harry zuckte leicht zusammen als Draco, wie aus dem nichts, laut zischte und Madam Pomfrey seine Hand entzog. Sein Gesicht hatte sich kurz schmerzhaft verzogen.
"Reißen sie sich ein bisschen zusammen, Malfoy", forderte die Heilerin und nahm erneut Dracos Hand.
Harry ging, noch immer humpelnd, in das große Zimmer, schloss leise die Tür und nährte sich dem Bett, auf dem der Blonde platz genommen hatte. Er nahm auf einem Stuhl, nah neben dem Bett, platz.
Madam Pomfrey hatte sich wieder voll ganz Dracos Hand zugewandt und Harry noch gar nicht bemerkt.
Der Brillenträger hatte nun einen guten Blick auf die Verletzungen des Blonden.
Sowohl seine Hand, als auch sein Handgelenk waren mit blutigen, tiefen Wunden bedeckt und die Heilerin tupfte mit einem Watte ähnlichen Tupfer um diese herum.
Harry konnte vage erkennen, dass die Wunden bereits leicht anfingen zu heilen. Wahrscheinlich um sicher zu gehen, band Pomfrey dem Blonden noch einen normalen Verband um seine Hand.
Draco seufzte und ließ seine Hand sanft aus der Hand der Heilerin gleiten.
"Mr. Potter, was ist den mit ihnen passiert?"
Harry zuckte zusammen. Er hatte sich so auf Malfoy konzentriert, dass er gar nicht merkte, wie Madam Pomfrey bei seinem Anblick erschrack, doch Harry fand, dass er nun auch nicht so schlecht aussah, dass man bei seinem Anblick fast vom Stuhl fällt.
"Ähm.." Harry dachte einen Moment nach. Er konnte ihr wohl schlecht sagen, dass er geschlagen worden ist, vor allem nicht, da der Schläger direkt neben ihm saß.
"Ich bin gestern Abend noch mal in die Eulerei hoch und die Treppe war ein wenig vereist. Ich bin abgerutscht."
Harry mochte Madam Pomfrey vor allem deswegen, weil sie nie Fragen stellte. Sie gab sich einfach nickend mit seiner Antwort zufrieden.
"Sie hätten gestern Abend bereits zu mir kommen sollen, Potter", nuschelte sie vorwurfsvoll und gab Harry mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er sich auf eines der Betten setzten sollte. Harry hörte auf sie und nahm auf dem Bett neben dem Dracos Platz.
Madam Pomfrey hob mit ihrer Fingerspitze leicht Harrys Kinn an, um die kleine Wunde an seiner Lippe zu begutachtet.
"Haben sie noch andere Verletzungen, Potter?", fragte sie mit prüfenden Blick
"Rechter Fuß", sagte Harry kurz angebunden.
Die Hexe nickte nur kurz und verschwand im Hinterzimmer.
Der Blonde Slytherin saß noch immer auf dem Bett. Er starrte lediglich gedankenverloren seine Hand an.
Zuerst war der Schwarzhaarige versucht sich zu entschuldigen, allerdings wusste er nicht genau wofür. Er wusste ja auch nicht, warum der Blonde auf einmal wütend geworden ist.
"Draco?"
Harry fand, dass seine Stimme ungewöhnlich fremd klang. Selten hatte er Malfoy mit dem Vornamen angesprochen.
Der Blonde starrte weiter auf seine verschränkten Hände. Er sagte nichts, aber Harry war sicher, dass er ihm zuhörte.
"Wieso bist du gestern so wütend geworden?"
Sofort hatte Harry das Gefühl etwas Falsches gesagt zu haben, denn Draco hatte nun denn sichtbar den Druck auf seine eigene Hand verstärkt.
"Ich habe offensichtlich etwas Falsches gesagt, aber ich weiß nicht was. Bitte, sag es mi-"
"Halt dein dämliches Maul, Potter", unterbrach der Blonde den Brillenträger.
Draco war urplötzlich aufgesprungen und hatte dabei den Stuhl umgestoßen, auf dem die Heilerin zuvor gesessen hat.
"Du bist so ein dämliches Stück Dreck! Du verstehst es wirklich nicht, oder? Du verstehst nicht, dass du nicht der einzige bist, der im Krieg Menschen verloren hat, die er liebt. Weißt du, wie ich mich fühle? Weißt du, wie es ist mit dem Auserwählten zur Schule zu gehen? Dich himmeln alle an, während ich auf dem Korridor angespuckt werde und ich kann es ihnen nicht mal übel nehmen! In den Augen anderer bin ich einfach nur ein ekliger, dreckiger Todesser und sie haben Recht. Ich werde mein Leben lang das dunkle Mal tragen, selbst wenn es verblasst ist und Merlin, ich versichere dir, dass jeder auf dieser Welt weiß, dass Draco Malfoy der Junge gewesen ist, der im Alter von 16 Jahren Aufträge von Lord Voldemort angenommen hat. Ich habe keine Zukunft! Du hingegen weißt bereits jetzt, dass du nach deinem Abschluss sofort als Auror anfangen kannst. Ich weiß noch nicht einmal, was ich beruflich machen möchte, aber das spielt auch keine Rolle, den niemand ,mit klaren Verstand, wird mich einstellen. Denk nicht, dass wir so etwas wie Leidensgenossen oder ähnliches sind. Hör am besten einfach auf zu denken, das scheint dir nämlich nicht so zu liegen.".
Harry biss sich auf die Zunge. Er wollte etwas sagen, aber Draco hatte ihn gerade mehr als klar gemacht, dass er die Klappe halten soll.
Draco ließ sich wieder aufs Bett sinken, sein Gesicht in seine Hände gestützt, seufzte er schwer.
Madam Pomfrey kam wieder in den Raum, drückte Harry zwei Tränke in die Hand und setzte sich wieder an ihren Schreibtisch.
"Wofür sind die?", fragte Harry leicht verunsichert und hob die Flaschen kurz gegen das Licht.
"Der Rote ist gegen sie Schmerzen, der Blaue lässt ihren Fuß heilen. Wenn sie möchten, dann bekommen sie auch noch etwas gegen die Wunde an ihrer Lippe, allerdings sieht sie nicht sehr besorgniserregend aus", antwortete sie sanft und fing an, etwas auf einem Blatt Pergament zu kritzeln.
Der Schwarzhaarig nickte kurz und trank beide Tränke in einem Zug aus.
Harry hatte einen ekligen Nachgeschmack erwartet. Es wunderte ihn, dass beide Tränke außergewöhnlich doll nach Süßigkeiten schmeckten.
"Ähm.. Madam Pomfrey? Da wäre noch etwas", nuschelte Harry und zog sein Shirt hoch.
Die Heilerin keuchte erschrocken auf, als sie den Bluterguss an Harrys Rippen sah
"Merlin.. ", flüsterte sie mehr zu sich selbst als zu Harry und kam schellen Schrittes auf den Brillenträger zu.
"Wie konnten sie mit dieser Prellungen überhaupt richtig schlafen, Potter?"
Die Heilerin verschwand erneut für einen Augenblick im Hinterzimmer.
Nach wenigen Augenblicken kam sie wieder mit einem Glas in dem sich eine Hellgelb, salbenartige Flüssigkeit befand.
"Es ist nur eine leichte Prellungen, Potter.. ", flüsterte die Heilerin, als sie leicht mit ihren Fingern über seine Rippen fuhr. Harry musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzukeuchen.
"Ich gebe ihnen die Salbe und ein paar Verbände mit. Übermorgen kommen Sie bitte wieder, dann schau ich mir das nochmal an. Keine Sorge, mit der Salbe können sie nichts falsch machen."
Sie lächelte Harry sanft zu und entließ ihn damit.
Der Schwarzhaarige bleib noch einen Moment sitzen, ehe er sich traute aufzustehen. Es erstaunte ihn immer wieder, wie schnell die Tränke der Heilerin halfen.
Mit etwas besserer Laune machte Harry sich auf den Weg in die große Halle.

"Potter, Warte mal.."  

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Ich hoffe, dass Euch das Kapitel gefallen hat ^^

It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt