Kapitel 23

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  Erzähler PoV

"Danke, dass ihr mit uns gereist seid. Und nicht vergessen, einfach die Zauberstabhand ausstrecken und wir holen euch ab." Stan und Harry schüttelten zum Abschied die Hände, während Draco dem Schaffner nur ein letztes Mal zunickte.
Die restlich Fahrt über hatten die beiden nicht miteinander gesprochen und Draco hatte es sogar geschafft ein wenig zu schlafen. Erst kurz vor Hogwarts ist der Blonde wieder aufgewacht und hatte dabei den Blick von Harry, der auf ihm lag, nicht bemerkt.
Am Tor zu Schule wurden die beiden bereits erwartet. Prof. McGonagall wartete mit einem fast zufrieden Blick auf die Ankunft der Beiden. Neben ihr stand Filch, der aussah, als wüsste er nicht ganz, was von ihm erwartet wird.
Beim Tor angekommen ließen Draco und Harry den Koffer des Blonden zu Boden sinken.
Der Schwarzhaarige lächelte der Direktorin freundlich zu, unterdessen Draco nur auf den Boden schaute.
"Mr. Potter". Harry konnte hören, dass die alte Hexe versuchte streng zu klingen, was ihr nur mehr schlecht als recht gelang. "Mr. Malfoy."
Sie schaute kurz zwischen den beiden hin und her zu setzte dann ein aufrichtiges Lächeln auf.
"Willkommen zuhause", grinste sie die Beiden an. Draco schien sich neben Harry etwas zu entspannen.
"Argus, bringen sie das Gepäck von Mr. Malfoy bitte in den Schlafsaal der Slytherins." drehte sie sich ruhig zu dem Hausmeister um. "Sie werden etwas essen gehen, Potter. Auf der Stelle, keine Umwege, danach gehen sie hoch zu Madam Pomfrey und auch da werden Sie keine Umwege nehmen." Sie wartete kurz Harrys nicken ab ehe sie sich an Draco wandte. "Mr. Malfoy, sie kommen mit mir".
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Obwohl der Slytherin wusste, dass er nicht falsches gemacht verunsicherte ihn die Tatsache, dass sie ihn mit in ihr Büro nahm. Fast schüchtern setzte er sich auf den Stuhl vor ihren Schreibtisch.
"Wir sind froh, dass sie wieder hier sind, Mr. Malfoy".
Sie zog eine Schublade von ihrem Schreibtisch auf, zog seinen Zauberstab heraus und legte ihn vor Draco auf den Schreibtisch.
"Sie...Sie haben ihn nicht zerstört?"
Lächelnd schüttelte die Direktorin den Kopf. "Natürlich nicht".
"Aber sind sie nicht dazu verpflichtet? Und das Ministerium?"
"Es war mit dem Ministerium abgesprochen, dass wir mit der Zerstörung Ihres Zauberstabes abwarten bis Potter genesen ist. Als Harry wach war, dauerte es keine 5 Minuten da hatte er uns bereits gesagt, dass nicht Sie ihn angegriffen haben".
Draco schaute auf seine Hände, um das auf seinem Gesicht entstehende lächeln zu verstecken. Er konnte sich gut vorstellen, wie Harry reagiert haben muss, als er hörte, dass er weg war.
"Draco..." Sie sprach leise und der Blonde konnte die Fürsorge in ihrer Stimme hören. "Ich hatte eine kleine Unterhaltung mit Potter, bevor er zu Ihnen aufgebrochen ist. Er erzählt mir, von dem was sie täglich erleiden müssen und ich muss mich aufrichtig bei Ihnen entschuldigen".
Draco konnte sein Blut in den Ohren rauschen hören. "Wofür?"
"Wir hätten die Übergriffe auf den Korridoren bemerken sollen."
Der Blonde wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er schaute die Direktorin nur an.
"Sie sollen wissen, dass sie hier in Hogwarts genauso willkommen sind wie jeder andere auch. Wir können nicht verhindern, dass die Schüler sie ignorieren, aber wir werden dafür sorgen, dass sie ihren Abschluss in Ruhe machen können und sie sich nicht täglich bei Madam Pomfrey melden müssen." Draco spürte, wie sein Herz in seiner Brust ein wenig leichter wurde und Hoffnung sich in ihm ausbreitete.

"Danke...", war das einzige was er hervor bringen konnte.
Die Direktorin lächelte ihn entgegen, legte ihn seinen Zauberstab in die Hand und begleitete ihn noch zur Tür.
"Falls sie ein anliegen haben zögern sie nicht zu mir zu kommen."
Draco wartete einen Moment, dann drehte er sich noch einmal zu der alten Hexe um.
"Es gab einen Artikel im Tagespropheten...", fing er unschlüssig an. "Ganz England denkt, dass ich es war".
"Ja, ich habe den Artikel gelesen. Machen sie sich keine Sorgen, ich kümmere mich darum".

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"Harry", riefen Ron und Hermine synchron und strahlten ihn an.
Kurz stand die beiden auf, nahmen den Schwarzhaarigen abwechselnd in den Arm und setzten sich dann wieder an den Tisch. Harry tat es ihnen gleich und füllte sich unverzüglich den Teller voll.
"Hast du Malfoy nicht überredet bekommen?"
"Doch. Er ist bei Prof. McGonagall im Büro." Harry schob sich eine Gabel in den Mund und Ron und Hermine tauschten einen kurzen Blick aus.
"Wir hätten eigentlich gedacht, dass du viel länger bleibst. Du warst ja nicht mal 2 Tage weg".
"Wir wären auch heute noch nicht wieder da, wenn ich nicht zusammen gebrochen wäre", erklärte Harry gelassen.

"Wie bitte?", keuchte Hermine erschrocken und ließ ihr Besteck laut auf ihren Teller fallen. "Du bist zusammengebrochen?"
Harry nickte knapp.
"Ohhh, ich hätte es wissen müssen. Es war so eine dumme Idee zu apparieren." Hermine musterte Harry besorgt. "Du warst noch nicht Fit genug".
"Alles in Ordnung, Harry?", mischte sich nun auch Ron ein.
"Mir geht es gut."
"Was ist passiert?"
"Ich hatte einfach plötzlich schmerzen und konnte mich nicht mehr bewegen. Draco hat mit Madam Pomfrey gesprochen. Sie sagte, dass das Apparieren, Stress und wenig Schlaf daran schuld sein könnte, aber mir geht es gut. Ich hab fast 24 Stunden geschlafen. Ich soll nach dem Essen trotzdem nochmal in den Krankenflügel."
"Ich hätte einfach 'Nein' sagen sollen", stöhnte Hermine.
"Es war wichtig, dass ich ihn zurück hole".
"Ist irgendwas vorgefallen?"
Harry zuckte mit den Schultern. "Er wollte einfach nicht hierher zurück. Er denkt, dass jeder ihn hasst. Ich hab ihm gesagt, dass ich für ihn da bin, aber ich glaube, dass er nur mit mir zurück ist, weil er mich nicht alleine reisen lassen wollte".
"Nicht jeder hasst ihn, oder?", flüsterte Hermine.
Harry schüttelte den Kopf. "Ich hasse ihn nicht und ihr auch nicht, oder?"
Ron und Hermine tauschten erneut einen kurzen Blick aus.
"Ich bin jedenfalls nicht sein größter Fan", nuschelte Ron mit gesenkten Kopf. "Und Mine' bestimmt auch nicht..."
"Ihr werdet sehen, dass er sich geändert hat."
"Heißt das, dass wir ab jetzt mit ihm herumhängen?"
"Wenn er sich darauf einlässt".
"Also seid ihr Freunde?" hakte Hermine nach.
"Ja".
Harry hörte Ron leise brummen, ignorierte es aber gekonnt. Der Schwarzhaarige entschied sich vorerst dagegen seinen besten Freunden zu erzählen, dass er Draco angeboten hat bei ihm einzuziehen.
"Kann ich dich was fragen, Harry? Ohne, dass du sauer wirst?", fragte Hermine vorsichtig.
Harry nickte.
"Was bringt dich dazu, dass du Draco so Blind vertraust und ihn plötzlich doch als deinen Freund ansiehst?"
Der Brillenträger zuckte, wie er heute Abend schon öfter getan hatte, mit den Schultern. "Ich weiß es nicht", antwortete Harry leise und stocherte mit seiner Gabel in seiner Siruptorte herum. "Ich kann es nicht beschreiben, aber ich kann ihn nicht leiden sehen und möchte ihn helfen".
"Also hast du einfach Mitleid mit ihm?", fragte Ron und erntete ein heftiges Kopfschütteln vom Schwarzhaarigen.
" Nein. Es ist irgendwie anders als Mitleid. Ich versteh es selbst nicht wirklich".
Kaum hatte Harry zu Ende gesprochen legte sich auf Hermines Gesicht ein kleines Lächeln.
Harry verzog fragend seine Augenbrauen.
"Was ist so lustig?"
Hermine schüttelte leicht den Kopf und versuchte das Lächeln zu unterdrücken, was ihr nicht so ganz gelang.
"Prof. McGonagall hat eine kleine Rede gehalten, als du weg warst", erinnerte sich Ron und warf damit das Thema ein wenig beiseite.
"Was hat sie gesagt?"
"Ich denke, es ging um Draco. Sie hat seinen Namen nicht erwähnt, aber sie sagte, dass wir immer daran denken sollen, dass wir hier in Hogwarts eine Familie sind. Sie redete über das Verzeihen von Fehlern und über die Gefühle, die Menschen ineinander auslösen können. Ich habe danach ein paar Schüler über Draco tuscheln gehört. Ein paar von ihnen sahen ziemlich schuldbewusst aus."
Harry wusste nicht ganz, was er daraufhin sagen sollte. Er hatte nie mitbekommen, wie Draco auf den Fluren angegriffen wurde, konnte sich aber nicht vorstellen, dass sich das alles mit einer Rede der Direktorin ändern würde.
Angenehmes schweigen trat zwischen dem Trio ein und Harry wollte gerade aufstehen und sich auf den Weg zu Madam Pomfrey machen als die Tür der großen Halle aufschwang und Draco schleppend herein kam.
Der Slytherin ließ seinen Blick durch die Halle streifen. Keiner der Schüler schien ihn wirklich wahrzunehmen und eigentlich machte es den Blonden nichts aus, denn es war allemal besser als die strafenden Blicke, welche er sonst bekam.
Sein Blick blieb an Harry kleben, der noch halb sitzend, halb stehend am Tisch der Gryffindors war. Unentschlossen ging er auf den Schwarzhaarigen zu.
"Wieso wollte sie dich sprechen?" erkundigte Harry sich bei dem Blonden.
"Sie hat mir meinen Zauberstab wieder gegeben". Demonstrativ hielt Draco seinen Zauberstab kurz hoch, bevor er ihn sich hinten in die Hosentasche steckte.
Harry öffnete mehrmals seinen Mund, um etwas zu sagen, allerdings wusste er nicht was. Er war sich ziemlich sicher, dass es für außenstehende ziemlich bescheuert ausgesehen haben muss, denn er stand einfach mehrere Minuten da und starrte den Slytherin mit offenen Mund an.
"Ich geh dann jetzt", grinste Draco den Schwarzhaarigen an. "Du solltest den Mund zu machen."
"Willst du gar nichts essen?"
Draco schüttelte den Kopf. "Ich hab keinen Hunger."
Harry ist die Tatsache, dass der Blonde erneut dünner geworden ist und nur selten etwas aß, wenn sie zusammen waren, nicht entgangen. Kurz musterte er den Slytherin ausgiebig.
An seiner Hand waren kleine offene Stellen, welche sich der Blonde zugezogen hatte, als er den Spiegel zerschlagen hatte. Auf seiner weißen Haut fielen sie besonders auf.
Seine trüben Grauen Augen wurden durch eine leichte Röte umspielt und die tiefen Augenringe ließen sein junges Gesicht fahl wirken.
Seine Haare fielen ihm ins Gesicht und Harry musste kurz an die Nacht von Dracos Zusammenbruch denken. Der Schwarzhaarige konnte sich daran erinnern, wie weich die hellen Haare sich unter seinen Fingern angefühlt hatten.
Ron war es, der Harry wieder aus seinen Gedanken zog. "Wollt ihr euch die ganze Nacht anstarren?", fragte der Rothaarige und Draco zuckte ein wenig zusammen.
Harry ließ seinen Blick auf Draco liegen, konnte aber hören, wie Ron am Tisch schmerzhaft aufkeuchte.
"Wieso schlägst du mich, Hermine?"
"Halt, die klappe", fauchte die Hexe genervt und schlug den Rothaarigen erneut auf den Arm.
Harry sah jetzt zu dem Pärchen, beobachtete, wie Hermine immer wieder auf Rons Oberarm schlug und er lachend versuchte sie festzuhalten, unwissend über das was seine Freundin so wütend machte.
Als Harry wieder zu Draco schauen wollte, ihm sagen wollte, dass er etwas essen sollte, war der Blonde verschwunden und Harry seufzte tief.
"Ich geh zu Madam Pomfrey." verabschiedete er sich von seinen zwei besten Freunden. "Lass Ron noch ein bisschen leben".
Allein und mit dem Kopf voller Gedanken machte er sich auf den Weg in den Krankenflügel.
Wie jeden Samstagabend waren die Korridore voll von Schülern. Harry mochte es zu sehen, wie die Schüler aus den einzelnen Häusern sich auf den Korridoren trafen, um gemeinsam zu lernen, oder um Zauberschach oder andere Gesellschaftsspiele zu spielen.
Harry rutschte das Herz in die Hose, als er die Tür zum Krankenzimmer aufstieß und die Heilerin keine Sekunde wartete, um den Schwarzhaarigen anzuschreien.
"HARRY POTTER", schrie sie ihn entgegen und Harry hatte kurz das Gefühl er müsse sich die Ohren zuhalten, um nicht taub zu werden.
"IN ALL DEN JAHREN HIER IN HOGWARTS HABE ICH NOCH NIE SO ETWAS ERLEBT! SIE HABEN MEHRERE SCHOCKZAUBER ABBEKOMMEN UND SIE HABEN NICHTS BESSERES IM KOPF ALS ZUM MALFOY MANOR ZU APPARIEREN?"
Noch bevor Harry die Tür hätte schließen können zog die Heilerin ihn an den Schultern in den Raum und drückte ihn auf eines der Betten. Erst jetzt bemerkte der Gryffindor, dass im Zimmer noch ein Erstklässler lag, der durch das Geschrei der alten Dame völlig verängstigt wirkte.
Er schilderte der Dame, was genau im Malfoy Manor passiert sei.
"Sie sind unglaublich, Potter."
Sie reichte ihn einen Trank und ohne nachzufragen, was das überhaupt war oder wogegen er wirkte, schüttete er ihn hinunter. Sein Hals brannte einen Moment.
"Kann ich in meinen Schlafsaal zurück?", fragte Harry mit der unschuldigsten Stimme, die er hervor bringen konnte.
"Auf gar keinen Fall, Potter. Sie bleiben bis Montag hier. Unfassbar, wie kommen sie nur auf solche Ideen?"
Harry wusste, dass sie keine Antwort von ihm erwartete. Den Rest des Abends verbrachte der Schwarzhaarige einfach damit mit dem Erstklässler, welcher sich ein Bein gebrochen hatte, Zauberschnippschnapp zu spielen.  

It's never too late, Potter - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt