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"Wie oft denken Sie daran?"
"Soll das ein Scherz sein?!"
"Nein. Beantworten Sie meine Frage."
"Ich vertraue Psychiatern nicht."
"Ich weiß."
Ich musterte ihn abschätzend, er saß ruhig da, die Beine übereinander geschlagen und seine Autorität absolut nicht anzweifelnd. "Also, reden Sie schon."
"Ich denke nie daran."
"Sie lügen."
"Warum fragen Sie, wenn Sie es wissen?"
"Das hat alles seine Gründe."
"Ich vertraue Ihnen trotzdem nicht."
"Das ist mir durchaus bewusst."
"Sie sind gruselig. Ich will hier weg."
Er sah auf die Taschenuhr in seiner Weste. "Wir haben noch zwei Minuten, die wir nutzen werden."
"Die Sie nutzen werden. Ich werde nämlich schweigen wie ein Grab."
"Ich sehe schon." Er beugte sich etwas vor, vermutlich taten Therapeuten das oft, denn Steve hatte es auch manchmal getan. "Ich will Ihnen nur helfen."
"Das hat er auch gesagt."
"Wer?"
Ich schwieg.
"Wer ist 'er'?"
Weiterhin hielt ich meinen Mund geschlossen.
"Sie sind wirklich hartnäckig. Ziemlich stur sogar."
In mir zog sich alles zusammen, Wut ballte sich in mir auf, Wut auf den Mann, der ihn so zerstört hatte.
"Hören Sie auf, das zu sagen."
"Oh, ich hab wohl was falsches gesagt?"
"Das tun Sie die ganze Zeit."
"Verstehe. Ah, sehen Sie, da ist die Zeit auch schon vorbei. Ich merke mir das fürs nächste Mal." Ich stand vom Stuhl auf und warf diesen dabei um, riss die Tür auf und warf sie im hinausgehen wieder zu. Ich hasste diesen Psychiater, er war Nerv tötend, schon nach dem zweiten Termin. Er war schlimmer als die fünf Therapeuten davor, die mich über die anderthalb Jahre seit dem Vorfall betreut hatten. Und das musste man erstmal schaffen. Ich trat heraus in die kühle Abendluft und versuchte angespannt, normal zu atmen. Ich hatte mich schonwieder auf das Niveau "Kettenraucher und Alkoholiker" herabgelassen, auch wenn ich mich ständig fragte, wie das bitte niemandem im Heim aufgefallen war. Anscheinend haben meine Mitbewohner dort noch größere Angst vor mir, seit das alles passiert ist. Warum auch immer. Ich verbarg meine Hände in den Taschen meines Pullovers und ignorierte die Kälte, die mir den Rücken hinauf kroch. Ich lief vorbei an Häusern, zwei kleinen Parks, der Umgebung, die ich schon in- und auswendig kannte. Ich bog in die Einbahnstraße, lief sie entlang, zur Anstalt hin und betrat sie. "Hallo, möchten Sie etwas essen?" begrüßte mich Mary-Beth, doch ich lehnte sie mit einem Kopfschütteln ab und ging nach oben in unse- mein. In mein Zimmer. Ich schloss die Tür, indem ich mich an sie lehnte und mich an ihr hinabsinken ließ. Ich zog die Knie an und stützte meine Arme darauf ab, rieb mir mit meinen Händen über mein Gesicht. Kurz durchfuhr mich etwas, was mich ein wenig zum lächeln eines matten Lächelns brachte. "Hey" hauchte ich und nahm die Hände wieder vom Gesicht. "Wie geht's dir? Oh, warte, das ist vielleicht.." Ich räusperte mich. "Weißt du, was ich dir noch nie erzählt habe?" Dann schüttelte ich den Kopf. "Dumme Frage, wie solltest du es wissen. Naja, ich erzähl es dir einfach. Ich hatte den letzten Monat etwas geplant. Ich wollte dich heiraten. Ja, das klingt verrückt, ich weiß." Ich lachte auf und hob etwas den Teppichboden neben der Tür an, an einer Stelle, wo er nicht mehr richtig befestigt war. Darunter befand sich eine lockere Holzdiele, die ich ebenfalls anhob. Ich holte eine kleine Schachtel hervor, die ich in meiner Hand etwas drehte. "Hier. Den hatte ich drei Wochen davor besorgen lassen. Naja, jetzt frage ich mich, was ich mit ihm anstelle. Werf ich ihn weg? Dir hinterher, in der Hoffnung, dass du ihn bekommst? Oder verkauf ich ihn?"  Ich schüttelte wieder den Kopf, versuchte zu kapieren, dass er nicht da war, dass ich mir das alles einbildete und aufhören sollte, mit mir zu reden. "Behalt ihn." Ich sah auf und sah mich im Raum um. "Ich bin verrückt, ich bin doch komplett verrückt. Das kann nicht-"
"Hey, alles gut." Ich rieb mir über die Stirn, atmete tief durch und stand dann vom Boden auf. "Ich dreh vollkommen durch. Oder bin ich schonwieder betrunken? Ja, das muss es sein. Ich bilde mir das ein, ich bilde-"
"Hör auf. Du bildest dir mich nicht ein, Tobi, ich bin da." Ich blieb stehen. Ich drehte meinen Kopf in alle Richtungen und drehte mich letztendlich ganz um. "Das ist nicht... nein, das kann nicht sein."
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(Hey! :3 Ich habe mitbekommen dass diese Story hier wohl auf Platz 832 in Fanfiction steht. Wow! :D Krasser Shit, danke! xD :3)

Save me | Fortsetzung von "Stay. | a #currbi fanfiction"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt