23

167 15 10
                                    

"Ich bin doch nicht bescheuert. Es muss einen Grund haben, dass ich ihn sehe. Und ich bin auch nicht verrückt, ich habe Depressionen, aber sonst bin ich nicht geistig krank!" Er sah mich ernst an und schüttelte den Kopf. "Ich befürchte, da muss ich widersprechen. Es ist gut möglich, dass traumatische Erlebnisse wie der Tod oder auch die Depressionen eine weitere geistige Krankheit hervorgerufen haben. Ich würde Ihnen raten einen Arzt aufzusuchen und sich mal untersuchen zu lassen." Ich atmete entrüstet aus. "Er ist eine Halluzination, Tobias, das ist nicht normal. Es tut mir auch wirklich leid, ganz ehrlich, aber ich mu-"
"Sie sind einer der drei Menschen, denen ich vertraue. Ist das nicht komisch? Ich kann nichtmal mehr mir selbst vertrauen. Nicht, weil ich in der Lage wäre mich umzubringen oder so, das ist es nicht. Ich kann noch nicht einmal mehr meinen Sinnen trauen. Das ist grauenvoll, können Sie sich das auch nur ansatzweise vorstellen?!"
"Nun, indirekt, ja. Zumindest kenne ich das was meinen Sehsinn angeht. Ich fühle mich geehrt, Ihr Vertrauen zu haben und kann verstehen, dass Sie sich unsicher damit fühlen und dass Sie vielleicht auch Angst haben. Wie ich bereits sagte, was ich empfehlen kann wäre eine Untersuchung. Und wenn Sie eine machen, dann sagen Sie Ihren Freunden bescheid. Sie werden ein wenig Unterstützung sicher brauchen." Ich musterte ihn ein wenig. Er sah mich eindringlich an, fast schon beängstigend, wie Ernst er das ganze meinte. "Schauen Sie mich nicht so an! Okay, einverstanden, dann geh ich halt. Aber nicht mehr diese Woche." Er nickte zufrieden und lehnte sich etwas zu mir vor. "Sie glauben es nicht, aber kann Ihnen sagen, dass Sie im Grunde ein toller Mensch sind. So, unsere Zeit ist um. Bis in zwei Tagen, nicht vergessen" Er klopfte mir lächelnd auf die Schulter und deutete ein bisschen auf die Tür. Ich stand auf und verließ das Sprechzimmer, trat kurz darauf wieder nach draußen. Auf dem Weg dachte ich über die Worte nach. Eine Untersuchung also. Was soll dabei rauskommen? Wenn es überhaupt an einer Krankheit liegt, dann bin ich vermutlich geistig eingeschränkt oder so, was anderes kann ich mir nicht vorstellen. Andererseits habe ich Kevin jetzt seit Stunden nicht gesehen, und wenn ich ehrlich bin, bin ich sogar etwas froh darüber. Er hatte wieder vorgehabt mitzukommen, woraufhin ich ihm erstmal ordentlich die Meinung gegeigt habe und meinte, er solle einfach verschwinden. Ich sagte ihm, dass es einfacher war, als er schlicht tot war und nicht jede Minute als "Geist" neben mir stand. Ich bereute die Worte ein wenig, er sah ziemlich gekränkt aus, als er im nächsten Moment verschwand. Ich atmete tief durch und blieb am Rand der Straße stehen. Rechts ging es nun zur Brücke, geradeaus weiter zur Anstalt. Anstalt, dieses Wort war schon seltsam, wie mir gerade auffiel. Ich heftete meinen Blick nach rechts. Die Szene, der Moment, in dem er fiel. Ich versuchte die ganze Zeit, nicht hinzurennen und zu versuchen, ihn zu halten oder hinterher zu springen. Es ist nur eine Erinnerung. Ich muss damit klarkommen. Doch wieder machte ich mir Vorwürfe. "Wenn du stirbst, sterbe ich auch" Hatten wir uns immer gegenseitig versprochen. Ich hatte es gebrochen. Oder er, darüber konnte man sich streiten. Ich ballte die Hände zu Fäusten und atmete erneut tief durch, um mich zu beruhigen. Ich beschloss also, wieder zum Heim zu gehen und wollte wieder nach vorne gehen, doch ich zuckte zusammen und erschreckte mich ziemlich. "Was machst du hier?!" Er zuckte mit den schultern und warf verteidigend die Arme in die Luft. "Was weiß ich denn!? Ich wollte gehen, glaub mir!" Ich lachte auf und verschränkte die Arme. "Achja? Und was zur Hölle hindert dich daran?!" Er schwieg. Er sah mich nur an. "Was? Was schaust du denn so?" Er schüttelte den Kopf. "Das musst du selbst herausfinden, eher kann ich nicht weg."
"Also weißt du, warum du noch da bist?"
"Ja."
"Warum sagst du es mir nicht einfach?!"
"Kann ich nicht."
"Warum?!"
"Es geht nunmal nicht, Tobi!"
Ich ließ die Arme verschränkt und schob mich dann an ihm vorbei, um zurück zu gehen. Er hastete mir nach. "Was hast du vor?" Fragte er, als ich kurz vor der Anstalt anders abbog. "Ich gehe erst woanders hin." Sagte ich ruhig und lief entspannt weiter. "Wohin?!" Ich zuckte mit den Schultern und deutete auf das Schild für ein Hotel in unmittelbarer Nähe. "Wie kommst du drauf?" Er fragte das so, als wäre es schlecht, Pan und Eril zu besuchen, solange sie noch hier waren. Eigentlich hatten sie mich letzte Woche besucht, aber sie meinten, sie würden ein bisschen bleiben, um sich die Gegend anzuschauen. Sicher doch. Ich betrat das Hotel und fragte am Schalter nach dem Zimmer der beiden, ging dann zu diesem nach oben und klopfte an der Tür. Erik öffnete überrascht. "Oh, Tobi, hey" Er klopfte mir auf die Schulter und sah dann wieder nach drinnen. "Wer ist da an der Tür, Hase?" Rief Pan vermutlich vom Bett aus und linste um die Ecke. "Oh, Tobi! Was machst du denn hier?" Sie kam zu uns und umarmte mich, dann bat sie mich mit einer Armbewegung herein. "Keine Ahnung, ich hatte Lust, euch zu sehen, bevor ihr wieder fahrt. Ist das ein Problem?" Erik schüttelte hastig den Kopf. "Nein, nein, wir wollten dich sowieso gerade anrufen und mal mit dir reden. Wir haben uns nämlich was überlegt" Ich sah sie fragend an, woraufhin Pan die Aussage weiterführte. "Wir glauben, die Haluzinationen könnten auch an dem Ort hier liegen, also dass es dich vielleicht irgendwie verfolgt. Also wäre es doch nicht schlecht, wenn du mal von hier weg kommst. Wie wäre es, wenn du für ein paar Wochen mit nach Köln zu uns kommst?"

Save me | Fortsetzung von "Stay. | a #currbi fanfiction"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt