Ein Tag im Leben von...

2.9K 159 8
                                    

Sonderkapitel, weil... Ja warum eigentlich? 

Heute hat die Hälfte von uns Geburtstag und zur Feier des Tages konnte ich es nicht lassen, ein kleines Geschenk zu schreiben. Aber verratet es meiner anderen Hälfte nicht, die ist nämlich dagegen gewesen. 

Ihr könnt ja mal raten, was diese kleine, scheinbar unbeteiligte Geschichte, mit unserer Hauptstory zu tun hat. ;)

lG

ein Unkreativist 


POV ???

Sommer, Sonne, Sonnenschein, frische Luft, grüne Wälder, grünere Wiesen. Ätsch. Ne. Ich bin zwar ein Werwolf, aber keiner, der im Wald mit seinem Rudel rumhängt und nichts anderes im Kopf hat als Konkurrenzverhalten zum Rudel links daneben und Jagdschwierigkeiten. Ich bin ein echter Stadtwolf. Nicht schon immer, aber zumindest seit einer ganzen Weile lebe ich zwischen Abgasen und den Ausdünstungen der Menschen und fühle mich pudelwohl, wenn ich, wie heute, morgens an den vielen kleinen Geschäften vorbei zwischen den ganzen menschlichen oder auch weniger menschlichen Wesen zur Arbeit eile. 

Eigentlich soll ich nur so lang hier bleiben, bis ich meinen Gefährten gefunden habe und dann wieder zurück zu meinem Rudel, aber eigentlich will ich das gar nicht. Ich mag es hier viel lieber. Ich mag meine Arbeit als Verkäuferin in einer kleinen Boutique und meinen Chef, ein Werbär, überaus lockerer Typ, der mich hin und wieder in seinem kleinen privaten Modemagazin veröffentlicht, das er hobbymäßig herausbringt. 

Genau pünktlich betrete ich das Geschäft um halb zehn. Ich öffne, schiebe die Vorhänge bei Seite, die Nachts die Auslage verstecken und schleppe die zwei Modepuppen auf den Gehweg, die dort die Kunden hereinlocken sollen. 

Erst danach kommt der Chef, Rudi, er besteht darauf, dass ich ihn duze. Zur Begrüßung zieht er mich in eine freundschaftliche Umarmung und drückt mir rechts und links ein Küsschen auf. Während er nach einem kleinen Plausch über dies und das in seinem Büro verschwindet, öffne ich um Punkt zehn das Geschäft. Es ist nur wenig los. Zwei Kunden kommen herein, gehen aber schnell wieder. Vormittags ist es immer noch recht leer. 

Nach einer halben Stunde kommt Rudi wieder aus seinem Büro im hinteren Teil des Ladens und lehnt sich neben mich an die Verkaufstheke. 

Verträumt sieht er mich an, während ich eine Kundin abkassiere. Als die Türglocke meldet, dass sie den Laden verlassen hat, ergreift er das Wort: „Ich werde dich echt vermissen, wenn du weg bist, Kleines." Er ist der Meinung, dass ich bald meinen Gefährten finden und dann mit ihm durchbrennen werde. Ich bin mir da ja nicht so sicher. 

„So schnell wirst du mich nicht los, Boss", meine ich also, aber er schmunzelt nur. „Ich hab' da mein Radar, ich bin mir sicher, dass du bald einen findest, der dir gefällt." Ich verdrehe die Augen. Ich weiß schon was als nächstes kommt. „Vielleicht schon heute oder morgen. Lange wird es nicht mehr dauern, da bin ich mir sicher." 

„Ansonsten nehme ich einfach dich, was?", ich grinse ihn verschwörerisch an und er grinst eben so zurück. Wir haben dieses Gespräch schon so oft geführt, dass ich es gar nicht mehr zählen will. 

„Ich glaube nicht, dass das deinem Vater gefallen würde. Ein Bär und ein Wolf. Stell dir doch mal unsere Kinder vor." Theatralisch greift er sich an die breite Brust. „Sie wären Außenseiter, Andersartige. Nein. Ich muss dich leider abblitzen lassen." Mit einem Schmunzeln meine ich: „Ach schade", während die Türglocke einen neuen Kunden ankündigt. Nicht ohne Rudi freundschaftlich im Vorbeigehen den Arm zu tätscheln, begebe ich mich nach Vorn, während er sich wieder in sein Büro verzieht und wahrscheinlich dem Papierkram widmet. „Kann ich ihnen helfen?", frage ich die junge Blondine freundlich und dann beginnt ein Gespräch über die neuen Trendfarben des Sommers und die Vorteile von Kleidern gegenüber Röcken.


Nach ein paar Stunden und weiteren Kunden, der Laden wird langsam voller, kommt meine Verstärkung für heute, Petra. Sie ist ein paar Jahre älter als ich und durch und durch menschlich. Ich mag sie, wenn auch nicht so gern wie Rudi. Zusammen mit uns arbeiten noch zwei andere mit uns im Laden. Maria und Diana. Mit ihnen habe ich aber weniger zu tun. Meistens legen wir die Schichten so, dass Petra und ich zusammenarbeiten. Wir zwei Mädels sind ein eingespieltes Team und kennen uns schon so gut, dass wir vieles gar nicht mehr besprechen müssen und es einfach läuft, trotzdem ist es wie immer anstrengend, weil heute viel los ist und ich bin heil froh, als meine Schicht beendet ist und ich Petra den Laden allein überlassen kann. 

Erschöpft aber gut gelaunt mache ich mich auf den Heimweg. Ich mag es, zu wissen, dass ich etwas getan habe über den Tag. Da kommt wohl meine wölfische Seite durch. Wölfe können es nicht leiden, nutzlos zu sein. Der Gedanke leitet mich zurück zu meiner Familie. Ich denke selten an sie. Sie sind im Wald, meine Mutter, meine Vater, mein kleiner Bruder und schließlich das Rudel. Das Rudel vermisse ich selten, meine Familie häufiger. Manchmal fühle ich mich deshalb einsam. Besonders abends, wenn ich allein in meinem Bett liege und nichts mit mir anzufangen weiß. Heute ist so ein Tag, an dem ich glatt Heimweh haben könnte, aber dem kann ich gut entgegenwirken. 

Statt also Zuhause allein zu sein, werfe ich mich in Schale und mache die Clubs der Stadt unsicher. Flirte hier und da mit dem eine oder anderen Wesen und bin völlig in meinem Element. Oh ja, ich mag die Stadt lieber, so viel lieber als den Wald, in dem ich aufgewachsen bin. Hier habe ich Freunde und Bekannte, Leute, die mich akzeptieren und mögen, egal wie ich bin oder mich gebe. Hier muss ich keinen Regeln folgen und stehe nur für mich selbst, hier bin ich Zuhause. 

WolfssorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt