Kapitel 17

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The Beatles - I Want To Hold Your Hand

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Ruta war inzwischen in der Küche verschwunden und bereitete anscheinend das Essen vor.
Ein lautes Fluchen und das Klappen von Töpfen signalisierten Sasha, dass das Geschirr scheinbar nicht ganz so wollte, wie seine Besitzerin. Mit einem Grinsen auf den Lippen stand Sasha auf und ging zu ihr hinüber, im Türrahmen lehnend betrachtete er das Durcheinander im Raum.
Ruta balancierte auf einem schmalen Hocker und versuchte einen Edelstahldeckel aus der hintersten Ecke des Hängeschranks zu angeln. Hochkonzentriert, erkennbar an den angestrengten Falten auf ihrer Stirn, stand sie auf den Zehenspitzen in der Hoffnung den Deckel irgendwie zu erwischen. Um sie herum stapelten sich auf Küchenablage und Esstisch sämtliche Töpfe und Schüsseln, die sich wahrscheinlich im Schrank befunden hatten.
Bevor einen weitere Schüssel auf den Boden aufschlagen konnte, griff Sasha an ihr vorbei und holte den Deckel heraus, überrascht musterte Ruta ihn.
„Danke", sie sprang vom Hocker, schnappte sich den Deckel und wand sich wieder dem Fleisch zu, das fröhlich vor sich hin leuchtend auf der Arbeitsplatte lag. Ihre Hand wanderte über eine beeindruckende Sammlung an Messern, die an einer Magnetleiste über der Spüle hingen. „Du willst also der Gefährte meines kleinen Bruders sein?", ihre Finger spielten mit dem Griff eines der Größeren. „Scheint so", entspannt verschränkte er die Arme vor der Brust, „und das würde ich an deiner Stelle nicht benutzen, das ist ein Gemüsemesser." Erneut runzelte Ruta die Stirn, dann fragte sie interessiert: „Du scheinst dich ja auszukennen. Und dabei riechst du so als wärst du dein Leben lang im Wald herum gestromert. Woher weißt du das also?" „Nun", Sasha nahm eins der kleineren Messer und begann mit raschen, geübten Bewegungen das Fleisch zu zerteilen, „man lernt so einiges, wenn man sich selbst ernähren muss, und außerdem hab ich nicht hinter dem Mond gelebt. Ich hatte meine Quellen." Ein leises Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit, als er sich an alte Zeiten erinnerte. Ruta spielte immer noch mit dem Messer: „Dann weißt du ja auch, wie das hier läuft." Ihre Augen verengten sich und sie schlenderte auf ihn zu. Fragend hob er eine Augenbraue: „ Wie was läuft?" Mit einer einzigen Bewegung warf sie das Messer nach ihm, blitzschnell wich er zurück und spannte in Verteidigungsstellung alle Muskeln an. „Was zur Hölle sollte das?!", knurrte Sasha und funkelte sie an. Sein Gegenüber ignorierte die Frage und griff nach einem weiteren Messer. „Ich möchte nur eins klarstellen. Wenn du es wagst, ihm weh zu tun, werde ich dich suchen, finden und dir ganz langsam das Fell über die Ohren ziehen. Verstanden?"

Sasha entspannte sich ein wenig. „Das geb ich gern zurück! Komm bloß nicht auf die Idee, uns trennen zu wollen. Das ist die einzige Warnung, die du kriegst." „Gut", Ruta grinste und holte das Gemüse aus dem Kühlschrank, „dann zeig mal, was du kannst." Sasha musste ebenfalls lachen und schon bald standen die zwei nebeneinander, unterhielten sich und schnippelten Gemüse, als müssten sie zwei Großfamilien ernähren. Zu Sashas persönlichen Erstaunen empfand er Castiels Schwester nicht als nervig, obgleich sie niemals ihren Mund zu halten schien. Während beide den Tisch deckten, indem Sasha Ruta das Gedeck zu warf und diese es auf den grauen Holztisch stellte, wehte der angenehme Geruch von gebratenem Fleisch durch die Wohnung.

Wenig später fand sich Castiel mit Sasha in seinem Zimmer wieder, das er für kurze Zeit provisorisch bezogen hatte. Das Essen war abgesehen von Rutas Geplapper überraschend ruhig und entgegen Castiels Erwartungen überraschend harmonisch verlaufen. Sasha und Ruta hatten sich nicht die Köpfe abgerissen noch gestritten, sondern waren gesittet und freundlich miteinander umgegangen und hatten letzendlich sogar in Eintracht gespült, was Castiel als gutes Zeichen deutete. Er wollte, dass seine Schwester und sein Gefährte sich gut verstanden, was sie augenscheinlich auch taten. Nun stand er etwas verloren in seinem Zimmer und wusste nicht recht mit Sasha umzugehen, noch mit ihm zu sprechen.

Sasha hingegen hatte sich vollkommen entspannt auf Castiels Bett breitgemacht und betrachtete diesen nun mit schiefgelegtem Kopf. „Sei doch nicht so steif", er klopfte neben sich auf die Decke, „komm her, wir müssen uns noch unterhalten, Frischling."

Castiel zog die Nase kraus bei den Spitznamens, kletterte aber trotzdem neben Sasha. „Ich bin kein Frischling."

Rasch packte dieser ihm am Arm, warf ihn auf den Rücken und nagelte ihn mit seinem eigenen Körper am Bett fest. „So, Frischling. Du hast jetzt zwei Minuten, um mir genau zu erklären, was da mit deinem Versprechen an mich falsch gelaufen ist. Du kannst dir ja bestimmt vorstellen, dass ich es überhaupt nicht witzig finde, meinem Gefährten hinterher zu rennen, nur weil der spontan entscheidet sich in Luft aufzulösen." Sasha starrte Castiel mehr entnervt als richtig sauer an.

„Als ob das meine Entscheidung gewesen wäre", knurrte Castiel sofort zurück. „Ich wollte mein Versprechen wirklich nicht brechen und wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich nicht verschwunden." Wieder knurrte er frustriert auf. „Ich mochte es nicht, von dir getrennt zu sein."

„Mach es bloß nicht noch mal, ok? Dich jedes Mal aufzuspüren ist extrem nervig. Wenn das so weiter geht muss ich dich noch irgendwo festketten, damit du nicht wegläufst", Sasha seufzte und ließ Castiels Handgelenke los, aber anstatt sich komplett zurück zu ziehen blieb er einfach liegen. Alle viere von sich gestreckt und den Kopf an Castiels Hals vergraben.

Castiel konnte nicht verhindern bei dem Gedanken, Sasha könne ihn irgendwo fest ketten, rot zu werden, er schüttelte leicht den Kopf, um den Gedanken los zu werden, er ließ seine Hand vorsichtig in die seines Gefährten gleiten und antwortete dann, gegen Ende hin immer leiser werden: „Werde ich nicht. Ich bleibe hier. Ohne dich sein kann ich nicht mehr. Ich hätte mich gegen meinen Alpha wehren sollen." Beruhigt und bestärkend spürte er die Wärme von Sashas Hand und seinen Atem an seinem Hals.

Sasha antwortete nicht. Die Tage und Nächte, die er auf der Suche nach Castiel verbracht hatte, all die schlaflose Stunden, forderten ihren Tribut und er dämmerte weg. Die Stimme seines Gefährten verblasste im Hintergrund zu einem leisen Murmeln.

Sasha Atemzüge wurden tief und langsam und unter ihm schlief Castiel kaum später ebenfalls ein.

WolfssorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt