Kapitel 19

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Maroon 5 ft. Wiz Khalifa - Payphone

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„Stop. Aufhören", bestimmt entfernte Castiel Sasha von seinem Hals. Entrüstet richtete dieser sich auf und setzte sich auf Castiels Bauch, er zog einen Schmollmund. „Und ich dachte, du könntest ewig so liegen bleiben...", enttäuschte blickte er auf Castiel hinab.

„Ja, aber... nicht so. Du, das. Also, es schien mir, als seist du kurz davor gewesen, mich zu markieren", stammelte Castiel und sah mit einer Mischung aus bittendem und zweifelndem Blick zu Sasha hinauf. Bittend, weil er doch hoffte, einen solchen Moment nicht wegen einer falschen Deutung zerstört zu haben und bittend, weil er hoffte, er läge doch falsch.

„Ja und, wäre das denn so schlimm?", Sashas schiefgelegter Kopf zeugte von Unverständnis, für ihn schien es nur plausibel den Bund mit seinem Gefährten weiter zu festigen.

„Offentsichtlich schon. Immerhin würde das so... so einiges ändern und dann, dann... das wäre schlecht", versucht Castiel sich weiter mehr schlecht als recht zu erklären und biss sich schließlich auf verlegene Art und Weise auf die Lippe. Entnervt verdrehte Sasha die Augen, er hockte sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wo liegt denn nun schon wieder dein Problem, Mr. Ich-habe-ein-Problem-mit-allem-was-mein-Freund-macht?"

„Es ist nun mal so, dass ich zum Alpha meines Rudels werde, wenn wir uns markieren, dass weiß doch jeder kleine Werwolf, und dann würde mein Rudel was merken und...", unsicher war Castiel immer leiser geworden, um schließlich zu stocken, „ich bin einfach nicht sicher, ob das so klug ist. Ich habe Angst." Castiel zog unzufrieden die Nase kraus. „Und ich habe nicht mit allem, was du machst, ein Problem."

Das reichte. Ruckartig zog Sasha sich zurück und sprang vor dem Bett auf die Füße, mit eisener Miene mussterte er Castiel, der immer noch auf dem Rücken zwischen den Laken lag. „Ich glaube es wird Zeit, dass du dir mal überlegst, was du eigentlich willst. Nennt sich auch Proiritäten setzen! Viel Spaß noch!", mit diesen Worten war er bereits an der Tür, riss sie auf und schlug sie hinter sich wieder heftig ins Schloss.

Für eine Sekunde war Castiel versucht, Sasha hinterher zu laufen, er ließ es dann aber doch bleiben. Er schlug stattdessen die Hände vors Gesicht und kam sich einen Moment lang dumm vor. Aber seine Angst war nicht unbegründet, auch wenn er Sasha immer wieder damit vor den Kopf stieß und es ihm unendlich leid tat. Es tat ihm leid, dass er Sasha immer wieder verletzte, obwohl der doch gar nichts dafür konnte. Es tat ihm leid, dass sein Vater ihm immer und immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte und er schämte sich für seine Uneigenständigkeit und Unmündigkeit. 

  „Wir gehen ins Star, willst du mit?", brüllte Ruta plötzlich aus der Küche und riss Castiel aus seinen Gedanken. Verstimmt kräuselte er die Nase. Als ob er jetzt mit ihr in irgendeinen Club gehen würde. Er hatte besseres zu tun. Also schnappte er sich die Bettdecke, vergrub sich darunter in dem Willen, den Rest des Tages nicht mehr heraus zu kommen und ließ seiner Schwester keine Antwort eine Antwort sein.

Ein paar Minuten später stapften Ruta und Sasha durch die Straßen der Stadt, wobei sie Sasha fast hinter sich her ziehen musste. Gleichzeitig redete sie auf ihn ein und beschwerte sich lautstark über den vorherbstlichen Wind, der ihr ihrer Meinung nach die Frisur zerstörte. „...und ich dachte noch, Ruta, du brauchst heute kein Haarspray. Das passt schon, aber nein...", zeterte sie gerade, als Sasha mit einem Blick auf ihre Frisur amüsiert bemerkte: „Also ich seh keinen Unterschied, die sehen so wuschelig wie immer aus." Empört drehte sie sich zu ihm um, baute sich breitbeinig vor ihm auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Wie kannst du es wagen! Die Haare sind eines der wichtigsten Accessoirs, das eine Frau besitzt. Du passt besser auf, was du sagst. Sonst könnte es passieren, dass du eines schönen Tages ohne deine aufwachst!", drohte sie und unbehaglich fuhr sich Sasha durch seine langen Haare, die frisch gekämmt in einem dunklen Vorhang über seine rechte Schulter fielen.

Zufrieden mit seiner Reaktion setzte Ruta ihren Weg fort und bog zielstrebig von der Fußgängerzone in eine der kleineren Gassen ein. Es dämmerte bereits und der Wind wurde in Vorbereitung auf den kommenden Herbst schon schneidender, und trotzdem standen vor dem beleuchteten Eingang des Klubs Frauen in knappen Röcken und kurzen Kleidern, selbst ihre männlichen Gegenstücke trugen Shorts und T-Shirts. Sasha verzog das Gesicht, die lauten Stimmen der Grüppchen, die überall herumstanden, zerrten bereits an seinen Nerven und der penetrante Geruch von zuviel Parfüm störte seinen Geruchssinn. Er zögerte, wurde von Ruta aber sofort weiter in die Schlange gezogen. Verdammt, für einen Zwerg hatte sie echt Kraft.

Seine Nackenhaare stellten sich auf, er hatte das Gefühl, von allen Seiten angestarrt zu werden und fühlte sich extrem unwohl in seinem engen dunkelgrünem T-Shirt und den schlichten schwarzen Hosen, während Ruta sich fröhlich durch die Reihen schob, ihn hinter sich her zerrte und zwischendurch fröhlich quietschend irgendwelche anderen Mädchen begrüßte. Es schien keines von ihnen zu stören, dass ihre Freundin einen vollkommen Fremden hinter sich her zog, der alles andere als begeistert zu sein schien. Im Geiste verfluchte Sasha sich erneut, mit gegangen zu sein, es war laut und er wurde das dringliche Gefühl nicht los, dass man ihn beobachtete. Das Schlimmste waren jedoch die Schuhe, es machte ihn fast wahnsinnig, dass er seine Zehen nicht frei bewegen konnte. Überall drückte und scheuerte es und jeder seiner Schritte verursachte ein deutliches Geräusch, bei dem jedes Wild sofort die Flucht ergriffen hätte. Fast verzweifelt suchte er eine Weg, sich von Ruta los zu eisen, um die hässlichen Dinger endlich loszuwerden. Er hob gerade an etwas zu sagen, als Ruta auch schon mit den Worten: „Bis gleich, 'kay?" im Inneren des Klubs verschwand und er sich vor dem glatzköpfigen Türsteher wiederfand. Dieser betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen und versperrte ihm den Weg mit seinem massigen Körper. „Arme ausstrecken, Waffenkontrolle!", knurrte der Mann und Sasha war so überrascht, dass er dem Befehl sofort Folge leistete, noch nie war ihm ein Mensch untergekommen, dessen Schulterbreite fast seiner Körpergröße entsprach.

Er zuckte leicht vor Ekel zusammen, als die Hände des Mannes grob seinen Körper mit der Sorgsamkeit einer Hausfrau, die auch ja kein Staubkorn vergessen möchte, abklopften. Nur mit Mühe konnte er den Wolf in sich zurückhalten und verhindern, dass er den Anderen ansprang. Er hasste es, von Fremden berührt zu werden, obgleich das bei Castiel erstaunlicherweise kein Problem gewesen und auch bei Ruta die Berührung tolerierbar war. „Taschen ausleeren!", knurrte der Türsteher erneut und es wurde Sasha langsam zu bunt. Mit verschränkten Armen ahmte er dessen Haltung nach und protestierte: „Das ergibt doch gar keinen Sinn. Was soll ich denn bitte jetzt noch in meinen Taschen verstecken? Einen Zahnstocher vielleicht?" Beeindruckt sah Sasha zu, wie sich die Augen seines Gegenübers noch weiter verengten und dessen Stiernacken rot anlief. Es isterstaunlich, dass man überhaupt noch erkennen kann, wo seine Augen eigentlich sein sollen, dachte Sasha und erlaubte sich ein sarkastisches Lächeln. Er bückte sich und begann seine Schnürsenkel zu lösen, irritiert starrte ihn der Türsteher an. „Was genau machen Sie da?" „Nun", erwiderte Sasha und schwenkte seinen ausgezogen Schuh vor den Augen des Mannes hin und her, „es besteht eine winzige Chance, dass sich in meinen Schuhen Rasierklingen verstecken, oder etwas nicht?" Der Nacken seines Gegenübers verfärbte sich nun dunkelrot und Sasha stellte interessiert fest, wie sehr er nun einer roten Beete ähnelte.

Plötzlich schlängelte sich ein kräftiger sonnengebräunte Arm an Sashas Haaren hervor und legte sich um seine Schultern, entnervt drehte dieser den Kopf in Richtung der Person, die ihn gerade so familiär antatschte und blickte das Gesicht eines weiteren Mannes. Sasha schätzte ihn auf ungefähr sein eigenes Alter, ob gleich ihn die abgewetzte Lederjacke und seine offensichtlich, er trug ein enges Shirt unter der offenen Jacke, muskulöser Oberkörper deutlich älter wirken ließ. Seine ockerfarbenen Augen blitzten amüsiert unter dem schwarzen Strähnen seines Ponys auf und seine Lippen verzogen sich gerade zu einem herausfordernden Grinsen, als er Sashas genervten Blick bemerkte. 

WolfssorgenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt