Kapitel 19

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Langsam schlug ich die Augen auf. Wo war ich? Ich blinzelte, damit ich endlich klarsehen konnte. Ich war in meinem Zimmer. Als ich dies erkannte entspannte ich mich und lehnte mich wieder in meine Kissen. Mein Bett war flauschig und warm. Kein Wunder, die Wärmflasche lag immer noch unter meinem Rücken und war noch ein kleines bisschen warm. Ich schloss wieder die Augen und ließ den Tag Revue passieren. Jason hatte mich hart geschubst und Ashton hatte mir mal wieder geholfen. Warum kriegte ich sowas nicht selbst auf die Reihe? Auch wenn ich es versucht hätte... Gestern hätte ich einfach nicht aufstehen können... Es wäre zu anstrengend gewesen. Aber ich hasste mich dafür, dass ich mich immer wieder auf meinen Bruder verlassen musste. Langsam musste er doch auch mal denken, dass ich eine totale Loserin bin. Obwohl nein. So etwas würde Ashton nie über mich denken. Nein, ich bin keine Loserin! Ich bin stark! Vielleicht nicht körperlich, aber ich musste Jason ja auch nicht kurz und klein schlagen können. Ich war aber psychisch stark. Nicht umsonst hatte ich eine große Klappe, dachte ich und grinste ein wenig. Ich griff nach dem Glas neben meinem Bett auf dem Nachtschränkchen und trank es in einem großen Schluck aus. Danach fühlte ich mich schon viel besser. Wie viel Uhr war es? Ich griff nach meinem Handy und entsperrte den Bildschirm. Es war 18:56. Ich stöhnte genervt auf und hievte mich dann aus dem Bett. Ich lief runter in die Küche und dort stand meine Mutter schon. "Geht's dir besser, Schatz? Ashton meinte du hättest starke Bauchschmerzen und hast dich deswegen hingelegt", fragte sie sofort besorgt. Ich sah sie erst verwirrt an, doch dann begriff ich. Sie durfte nicht wissen, dass es jemanden gab der mich hasste und versuchte fertig zu machen. Also nickte ich. "Ja, es geht wieder", sagte ich und nahm mir das Brot, welches meine Mutter mir reichte. Meine Mutter beäugte mich misstrauisch. Ich setzte mich an den Tisch und versuchte das Stechen in meinem Rücken auszublenden. Guter Schachzug von Ashton, dachte ich und biss in mein Brot. Meine Mutter durfte nichts davon erfahren, dass Jason mich hasste und versuchte mich fertig zu machen. Warum? Weil sie austicken würde. Wir mussten von allen geliebt werden. Jeder sollte uns mögen. Theoretisch kann man es auch so sagen: wir sollten für die Außenwelt perfekt sein. Totaler Schwachsinn. Niemand ist perfekt! Ich verdrehte innerlich die Augen, als ich wieder über die unausgesprochene Regel nachdachte. Aber mich interessierte es nicht, was andere über mich dachten. Ich war ich selbst. Wäre ich perfekt, dann hätte ich Jason nicht schon zweimal vor der Schule blamiert. "Hast du deine Hausaufgaben gemacht?", fragte meine Mutter und holte mich in die Realität zurück. Ich nickte geistesabwesend. "Heute Abend bist du mit Ashton alleine. Dein Vater und ich fahren zu Freunden und kommen wahrscheinlich erst in ein paar Tagen zurück", erklärte Mum. Ich sah sie erstaunt an. "Und was ist mit Dads Arbeit?", fragte ich. "Das ist alles geklärt. Ashton wird dafür sorgen, dass ihr zwei zur Schule geht und wird für euch sorgen", sagte Mum. "Ich werde schon zur Schule gehen", sagte ich und stopfte mir das restliche Brot in den Mund. "Das weiss ich, Schatz", sagte sie. "Dann viel Spaß euch", meinte ich und umarmte sie kurz. Ich räumte den Teller ab und lief dann in mein Zimmer. Vorher verabschiedete ich mich kurz von meinem Dad.

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