Kapitel 28

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"Jason ist einfach in dein Haus gegangen?", fragte Ally zum wiederholten Male ungläubig. Nickend gab ich ihr Recht und biss in mein Sandwich. Meine Clique und ich saßen draußen im Gras und aßen unser mitgebrachtes Essen, oder nahmen die Tabletts mit nach draußen. Heute war ein unglaublich heißer Tag und aus diesem Grund kamen nicht nur wir auf die Idee draußen zu essen. Fast die ganze Schule hatte sich ein Plätzchen gesucht. "Und du hast ihm ein Wasserglas über den Kopf gekippt?", fragte Max noch ungläubiger. Wieder nickte ich. "Dann ist er ausgerastet und hat dich gegen den Tisch geschubst?", fragte Alex. "Ja", antwortete ich kauend. "Das ist krass", murmelte Amy, die neben mir saß. "Ich frage mich nur, warum er so ausrastet", überlegte Kate. Ich hob die Schultern. Ich hatte Ash seit unserem Abschiedskuss nicht mehr gesehen. Wo war er nur?, überlegte ich. Normalerweise saß er immer bei uns. Jason heute im Unterricht sehen zu müssen war härter als erwartet. Ich hätte ihm so gerne eine reingehauen, da ich noch ziemlich angepisst war. Aber ich musste mich beherrschen, da ich nicht noch mehr unnötige Aufstände machen wollte. Auf einmal hielt mir jemand von hinten die Augen zu und ich erschrak. Doch dann hörte ich Ashtons Lachen und ich musste auch grinsen. Er ließ sich neben mich ins Gras fallen und umarmte mich kurz. Ich drückte ihn an mich. "Alles klar bei euch?", fragte mein Bruder, als wir uns wieder aus der Umarmung lösten. "Wir reden gerade über Jason", antwortete Amy. "Er ist ein Arsch! Und das hat der jetzt hoffentlich mal kapiert", sagte Ashton verbittert. Ich legte ihm eine Hand auf den starken Arm und sagte leise: "Lass gut sein, Bruderherz". Die Sonne blendete mir direkt ins Gesicht und deshalb setzte ich meine Sonnenbrille auf. "Aber er kann dich doch nicht einfach so behandeln. Du könntest ihn wegen Körperverletzung anzeigen", sagte Max eindringlich. "Er ist es nicht wert", antwortete ich gelassen. "Maddy?", fragte eine mir bekannte Stimme. Ich wandte den Kopf zu der Stimme und spürte, dass Ashton sich neben mir anspannte. Als ich die Person erkannte erschrak ich.

Ich versuchte meine leichte Nervosität zu überspielen und schob genervt meine Sonnenbrille in die Haare. "Jason?", fragte ich und schaute zu ihm. "Ich muss mit dir reden", sagte er hart. "Das letzte Mal als wir redeten hast du mich gegen einen Tisch geschubst", erinnerte ich ihn gelassen. Meine Anspannung wich und ich war wirklich genervt. "Es ist wichtig", antwortete er und spannte seinen Kiefer an. "Na und? Interessiert mich nicht", sagte ich. "Maddy, bitte", sagte er und ignorierte die Blicke der anderen, die nicht gerade unauffällig auf ihn lagen. "Jason, wenn es so wichtig ist schreib mir auf Facebook oder so, aber geh mir jetzt nicht mehr auf den Nerv", sagte ich und setzte meine Sonnenbrille wieder auf. "Bitte", sagte er nochmal. Gott, wie erbärmlich. Jetzt fing er sogar an zu betteln, dachte ich und genervt stand ich auf. "Na schön. Du hast 3 Minuten", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Nicht hier", zischte er und sein Blick schnellte zu meiner Clique. "Du machst es aber auch kompliziert", stöhnte ich genervt und willigte ein. Ashton stand sofort auf um mitzukommen, aber ich flüsterte ihm zu: "Bleib hier. Ich schaff das schon". Ich sah die Besorgnis in seinen Augen, aber ich ging mit Jason ein paar Meter zu einer Bank. "So. Was willst du?", fragte ich. "Ich wollte mich entschuldigen", sagte Jason und sah mich aus stechend braunen Augen erwartungsvoll an. Ich war total perplex. Damit hätte ich jetzt echt nicht gerechnet. "Wofür denn?", fragte ich misstrauisch. "Für alles. Ich habe viel Scheiße gebaut. Am aller meisten möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich dich gegen den Tisch geschubst habe", sagte er und ließ mich nicht aus den Augen. "Woher der Sinneswandel?", fragte ich immer noch zweifelnd. Vielleicht verarschte er mich?, überlegte ich. "Keine Ahnung. Mir ist aufgefallen, dass das echt scheiße von mir war und ich hätte dich nicht so behandeln dürfen. Es tut mir leid, Madison", sagte er leise. "Sooft hast du dich wohl noch nicht bei jemanden entschuldigt oder?", fragte ich. "Nein, nicht wirklich. Merkt man das?", fragte er verwirrt. Ich nickte. "Wieso jetzt auf einmal? Selbst wenn du es eingesehen hättest, dass du Scheiße gebaut hast, hättest du dich nie entschuldigt", sagte ich. "Woher willst du das wissen?", fragte er. "Weil du einfach nicht so ein Mensch bist, der seine Fehler einsieht und sich dann noch dafür schämt! So schätze ich dich einfach nicht ein. Vielleicht verarscht du mich ja nur und meinst es gar nicht ernst", sagte ich wütend. "Wie kann ich es dir beweisen, dass ich es ernst meine?", fragte er. "Sei eine Woche total nett und freundlich zu mir", sagte ich nach einer Minute voller Überlegung. Ich dachte, dass er mich ansehen würde, als wäre ich verrückt. Aber er zuckte die Schultern und nickte. Er tat so als wäre es das leichteste für ihn. "Deal?", fragte er und hielt mir die Hand hin. "Deal! Aber nach dieser Woche werde ich mir nochmal überlegen, ob ich dir auch wirklich verzeihe!", sagte ich und schlug ein. Warum war ich so nett, fragte ich mich kopfschüttelnd. Schnell zog ich meine Hand zurück. "Maddy, kommst du?", hörte ich die Stimme von Ally. Ich warf Jason einen letzten zweifelnden Blick zu und drehte mich dann um.

Total verwirrt lief ich zu meinen Freunden und zusammen gingen wir in das Schulgebäude. Ich wurde mit Fragen bombardiert.

"Was wollte er?"

"Hat er dir was angetan?"

"Jetzt sag schon", kam aus den Mündern meiner Freunde. Ich seufzte. "Er hat sich entschuldigt", sagte ich und schüttelte den Kopf, so absurd war die ganze Sache. "Wie jetzt? Jason und entschuldigen in einem Satz klingt total grotesk", sagte Kate. "Ich weiss", antwortete ich verwirrt. "Warum?", fragte Max. "Ich erzähle es in der nächsten Pause. Ich habe keine Lust wegen diesem Arschloch noch zu spät zu Mathe zu kommen", erklärte ich und lief los. Max und Ally liefen neben mir her. "Er ist komisch", stellte Max unnötigerweise fest."Ziemlich", brummte ich. Aus irgendeinem Grund war ich total sauer auf Jason. Klar, es war ganz nett, dass er sich entschuldigte. Aber er hat mich so oft beleidigt und geschubst. Sollte ich ihm verzeihen? Naja, mal sehen wie er sich so in der nächsten Woche macht, dachte ich grinsend. Ich betrat den Klassenraum und stellte erleichtert fest, dass Herr Meier noch nicht da war. Jasons Anwesenheit war mir allerdings mehr als bewusst, als ich die Reihen entlang zu meinem Platz lief. Ich spürte seine Blicke in meinem Rücken. So groß der Drang auch war, ich drehte mich nicht um. Ich setzte mich auf den Platz ganz hinten, zwischen Ally und Max, und kramte meine Sachen raus. Dann fiel mir die blaue Box in meiner Tasche in die Hände und sofort musste ich an Ashton denken. Wie schwer es mir fiel niemanden von uns zu erzählen. Aber das war die oberste Priorität. Niemand durfte etwas erfahren. Und genau über dieses Thema musste ich heute Abend mit ihm reden. Das nahm ich mir fest vor. Gerade als ich diesen Entschluss gefasst hatte kam mein Mathelehrer rein und der Unterricht begann.

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