XX.

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JINSEO'S POINT OF VIEW.

Lernen… dass ich nicht lache. Anstelle mich tatsächlich hinzusetzen und mein Lehrbuch herauszuholen, habe ich mich in mein Bett gelegt und bin, ohne mir einen Wecker zu stellen, einfach eingeschlafen. Eigentlich passt es nicht zu mir und meiner derzeitigen Lebensart, aber auch ich bin nach einer Zeit erschöpft.

Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch.

Es hat mir den Rest gegeben, als Sanha mir mitgeteilt hat, was Vater beschlossen hat.

Mit einem schweren Seufzen klappe ich das Buch zu, mit dem ich auf der Fensterbank sitze, und lasse es einfach so von meinem Oberschenkel rutschen, sodass es mit einem dumpfen Knall auf den Boden fällt.

Einige Sekunden schaue ich es an und lehne meinen Kopf schließlich gegen die Wand, als mich ein Klopfen an meiner Fensterscheibe so erschreckt, dass ich quietschend auf den Boden falle.

Oh mein Gott, das Klopfen ist unerwartet aufgetaucht. Vielleicht bin ich auch ein bisschen schreckhaft, aber ich muss mich schon selbst verteidigen: Ich habe nicht damit gerechnet, dass irgendeiner an der Fensterscheibe klopfen wird.

Vorsichtig spähe ich nach draußen und sehe Chanyeol ins Gesicht, der mich entschuldigend anschaut. Langsam erhebe ich mich wieder und öffne das Fenster, bis ich mich wieder auf die Fensterbank hinsetze.

»Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken«, entschuldigt er sich sofort und ich nicke. Es ist okay, denke ich. Sonst ist nichts weiter passiert. »Du sahst gerade so… niedergeschlagen aus. Brauchst du vielleicht eine Ablenkung?«

»Eventuell ist das keine schlechte Idee«, murmle ich leise und schlinge meine Arme um meine Beine. »Mein kleiner Bruder darf mich für die nächste Zeit weder sehen noch kontaktieren, weil Vater es so wünscht. Und wir wissen nicht, wieso er sich dazu entschieden hat.«

»Kyungsoo hat schon gesagt, dass ihr scheinbar ziemlich aneinander hängt«, meint Chanyeol darauf und ich nicke. Wahrscheinlich ist das auch nicht zu übersehen gewesen. »Er hat auch erzählt, dass sich die Stimmung in der Luft geändert hat, nachdem ihr euch verabschiedet habt.«

»Bist du gerade alleine?«, frage ich und er schaut sich einmal gründlich um, als er dann auch schon bestätigend nickt. »Ich weiß, dass du sie letztens gesehen hast. Die Ohrfeigen, meine ich. Und es ist auch keine große Sache. E-Es ist nicht normal und das weiß ich.«

»Aber?«, fragt er und ich schaue ihn fragend an. »Es klingt, als gehöre zu dem Satz noch ein Aber

»Hm«, brumme ich bestätigend und wende meinen Blick ab. »Aber es ist okay für mich, solange Sanha keine Ohrfeigen bekommt. Ich bin seine große Schwester und ich… ich muss stark sein. Ich muss ihm zeigen, dass ich damit umgehen kann, dass mir so etwas nicht einfach die Luft zum Atmen raubt, a-aber er hat mich schon so oft in mich zusammenfallen gesehen.«

»Suho Hyung hat es auch gesehen«, sagt er und sofort schaue ich ihn an. Mein Blick ─ mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ─ unlesbar. »Er hat gesehen, wie du Ohrfeigen bekommen hast… und das ein Junge dazwischen gegangen ist. Er hat gesehen, wie du…«

»Wie ich in Tränen ausgebrochen bin?«, beende ich seinen Satz und er nickt. Erneut verlässt ein schweres Seufzen meine Lippen und ich wende meinen Blick ab. »An dem Tag hat sich Sanha seine erste Ohrfeige eingefangen und das nur, weil er mich beschützen wollte. Dabei sollte es andersherum sein. Ich sollte, nein, ich muss ihn beschützen. Die Ohrfeige ist wahrscheinlich der Grund dafür, wieso Sanha mich nicht sehen darf… weil ich nicht gut genug bin.«

»Wieso solltest du nicht gut genug sein?«, fragt Chanyeol verständnislos und ich wende meinen Blick wieder zu ihm. »Jeder Mensch ist auf seiner eigenen Ebene gut. Das solltest du nicht vergessen.«

»Menschen sind alle gleich… und doch so verschieden. Genauso wie du und ich«, sage ich und schweife mit meinen Gedanken ab. »Nur mit dem Unterschied, dass du deinen Traum lebst und ich mir meinen Traum niemals erfüllen kann.«

»Du solltest dich auch nicht mit mir vergleichen«, sagt er vorsichtig. Wahrscheinlich denkt er, dass ich sensibel bin, aber ich kann schon einiges aushalten. »Du bist du und ich bin ich… daran solltest du in Zukunft denken.«

Langsam nicke ich und lasse meinen Blick auf meine von Socken bedeckten Füßen fallen. »Hast du… vielleicht Lust mich zu begleiten?«, frage ich ihn leise und schaue erwartungsvoll zu ihm hinauf.

»Hast du nicht einen Freund?«, fragt mich Chanyeol und ich unterdrücke ein weiteres Seufzen. »Würde er dazu nichts sagen?«

»Er würde nicht nichts sagen, es hat ihn überhaupt nicht zu interessieren«, murmle ich und richte mich auf, da ich eben die ganze Zeit so in mich zusammengekauert gesessen habe. »Taehyeon betitelt mich als eine Schlampe, weil ich Baekhyeon und Yixuan in meinem Bett schlafen lassen habe, als sie zu betrunken waren und überhaupt nichts mehr kapiert haben. In Wahrheit hat er das als Vorwand genommen, um mit mir Schluss machen zu können, weil ich nicht mit ihm… schlafen wollte.«

Sprachlos schaut mich Chanyeol an. »Er war nur mit dir zusammen, weil er mit dir ins Bett wollte?«, fragt er und ich zucke mit den Schultern. Ehrlich gesagt kann das nicht der einzige Grund sein.

»Ich vermute mal, dass er in mir irgendeinen Gewinn gesehen hat. Nicht, dass ich als irgendeine Trophäe durchgehe, sondern als einen Schlüssel zum Erfolg«, überlege ich laut und schaue schließlich zu Chanyeol. »Mein Vater ist Chefarzt und man kann schon sagen, dass er eins der höherrangigen Tiere ist. Taehyeon ist nicht dumm und hätte ich ihn meinen Eltern vorgestellt, dann hätte er ganz sicher einen guten Eindruck hinterlassen.«

»Was wäre passiert, wenn es tatsächlich so abgelaufen wäre, wie du es gerade gesagt hast?«

Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mir Chanyeol tatsächlich zuhören würde, wenn ich meinen Mund tatsächlich aufmache, aber ich bin froh, dass er es macht.

irgendwie.

»Vater hätte Taehyeons weiteren Werdegang unterstützt und ihm einige Möglichkeiten offenbart. Er hätte auch nur eine Empfehlung aussprechen müssen und niemand würde sich scheuen, diesen Unmensch namens Min Taehyeon einzustellen«, murre ich und schaue kurz in den Himmel. »Jetzt, da er sich als so ein ungeduldiger Mensch herausgestellt hat, könnte ich eigentlich zu meinem Vater gehen und ihm erzählen, was Taehyeon für Absichten hatte. Danach würde Taehyeon nirgendwo eine Arbeitsstelle finden… geschweige denn seinen Abschluss bekommen. Ein Fingerschnippen meines Vaters und alles hat sofort ein Ende. Diese Macht behagt mir nicht.«

Verständnisvoll nickt er und legt sanft seine Hand auf meine Schulter. Das Gefühl der Sicherheit und Wärme breitet sich in mir aus und ich lächle ihn an, doch dann zieht er seine Hand zurück ─ und damit verschwindet auch das sichere und warme Gefühl. »Da wir das geklärt haben, Jinseo-ah, wohin soll ich dich begleiten?«, fragt er mich und ich lächle ihn schief an.

»Du magst bestimmt gute Musik live, oder?«, frage ich ihn und er nickt, wenn auch ein bisschen irritiert. »Gut, übermorgen nehme ich dich mit. Halte dir den Abend frei, okay?«

Grinsend über meine Entschlossenheit schüttelt er den Kopf. »In Ordnung, wann und wo treffen wir uns?«, fragt er mich und ich überlege einen Moment.

»Hm…«, brumme ich und schaue ihn nachdenklich an. »20 Uhr, unten. Abgemacht?«

»Einfach unten vor unseren Türen?«, fragt er sicherheitshalber nach und ich nicke. »Gut, abgemacht.«

((Es tut mir leid, dass ich nicht schon gestern ein Kapitel veröffentlicht habe, aber ich habe bei einem Umzug geholfen und war für die letzten Tage einfach wie ein toter Mensch. Mein Hirn dagegen war echt Matsch.))

EXO's Annoying NeighbourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt