XXXIII.

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BAEKHYUN'S POINT OF VIEW.

18:37 Uhr und es ist verhältnismäßig ruhig. Wahrscheinlich liegt es daran, dass Jinseo nicht Zuhause zu sein scheint. Laut Jongdae und Minseok ist sie mit einem Jungen ausgegangen, den sie noch nie bei ihr gesehen haben.

Vielleicht hat sie einen neuen Jungen kennengelernt. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, dann ist sie verdammt schnell. Nicht, dass es schlimm ist oder so. Es ist schön, wenn sich zwei Menschen zwar nicht gesucht, aber gefunden haben.

Grinsend schüttle ich leicht den Kopf und entschließe mich dazu, in mein Schlafzimmer zu gehen, da alle anderen auch schon auf ihren Zimmern sind, obwohl es überhaupt nicht spät ist. Nach unserem gemeinsamen Abendessen haben sich alle ziemlich schnell zurückgezogen.

Ich steuere den Flur an, als ich am Fenster ein wildes Klopfen wahrnehme. Erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich zu unserem Fenster um. Tatsächlich sehe ich Jinseo an ihrem Fenster stehen. Das Gesicht zeigt pure Verzweiflung, ihre Augen sind aufgerissen und ihr Atem scheint hektisch zu gehen.

Sofort gehe ich auf das Fenster zu und öffne es, als sie auch schon aufhört zu klopfen und ihre Hände flehend ineinander faltet. »Bitte, Baekhyun! Du musst mir helfen! Ich muss mich verstecken und kenne keinen Ort, wo man mich nicht finden würde! Bitte!«, fleht sie förmlich und es zieht mir fast schon schmerzhaft im Herz.

Genau in diesem Moment hört man lautes Gehämmer aus dem Inneren ihres Apartments und ihr Gesichtsausdruck zeigt nicht nur pure Verzweiflung aus, sondern auch die blanke Panik.

»Okay, nimm' meine Hand. Ich helfe dir schneller herüberklettern zu können, ohne abzurutschen«, biete ich ihr an und merke selbst, dass mein Herz anfängt schneller zu schlagen, als ich meine Hand ihr entgegenstrecke. Sofort nimmt sie meine Hand an und versucht in einem schnellen Tempo das Gebäude zu wechseln, während ich ihr eine Stütze. »Dafür bekomme ich gleich ein 'Danke Baekhyun, du bist der Beste!' und eine Erklärung!«

Ohne mir richtig zuzuhören nickt sie wie ferngesteuert und wendet sich dem Fenster zu. Mit Leichtigkeit zieht sie das Fenster zu, sodass es aussieht, als wäre es nicht richtig offen, aber auch nicht wirklich zu. Dann schließt sie schon das Wohnzimmerfenster und sinkt augenblicklich auf die Knie.

Ihre eigene Hand legt sich auf ihre Stirn und sie sieht einerseits immer noch so aus, als stünde sie unter Strom, andererseits scheint sie auch ziemlich erleichtert darüber zu sein, dass sie es aus dem Gebäude, in dem sich ihr Apartment befindet, geschafft hat.

Und dann höre ich auch schon ein Schluchzen. Sofort gehe ich vor ihr in die Hocke und lege meine Finger sanft unter ihr Kinn, damit sie mich ansehen muss.

»Danke, Baekhyun«, schluchzt sie leise und fällt mir um den Hals. Überfordert lege ich meine Arme um sie und streiche ihr sanft über den Rücken. »Ich bin dir gerade so dankbar, Baekhyun. Ich danke dir. Danke, danke, danke!«

»Hey, wieso weinst du? Ein Lächeln passt eher zu dir«, versuche ich sie zu beruhigen. »Es klingt schöner, wenn du lachst und nicht an meinem Hals schluchzt.«

»Ich bin gerade so erleichtert«, sagt sie mit erstickter Stimme, während sie das weitere Schluchzen versucht zu unterdrücken. »Ich hätte nicht auf Seongmin Oppa hören sollen. Es war doch klar, dass es so eskalieren wird. Oh mein Gott...«

»Seongmin? Park Seongmin?«, wiederhole ich und sie nickt. »Dein großer Bruder ist aus Norwegen zurück?«

Irritiert schaut sie mich an und scheint sich wieder einigermaßen beruhigt zu haben. Sie wischt sich schnell die Tränenspuren von den Wangen, nachdem sie ihre Arme von mir genommen hat. »Er hat mir geraten gegen Vater anzugehen, aber es ist ein Fehler gewesen. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, dann ist die Hölle los«, murmelt sie leise und schaut betrübt auf ihre Hände.

»Bleibt es in der Hölle bei Ohrfeigen oder nimmt er noch ein Hilfsmittel, um sein eigenes Kind Schmerzen zuzufügen?«, frage ich sie direkt und sie schaut mich sprachlos an. »Es tut mir leid, ich wollte nicht so... direkt... sein.«

»Ich weiß es ehrlich nicht«, antwortet sie und ich schaue sie überrascht an. »Ich habe es nie weiter als Ohrfeigen getrieben, weil ich Angst davor hatte.«

»Lass uns in die Küche gehen«, sage ich und stehe auf. Jinseo folgt meinem Beispiel und möchte ebenfalls aufstehen, landet allerdings wieder auf ihren Knien, als ich sie an ihrem Kopf nach unten drücke. »Ich denke nicht, dass du jetzt aufstehen solltest. Ein Mann ist in deinem Zimmer, Jinseo.«

Ein Seufzen verlässt ihre Lippen und sie lässt sich auf ihren Hintern fallen. »Das muss mein Vater sein. Er denkt wahrscheinlich, dass ich die Flucht ergriffen habe, sucht alles nach Beweismitteln ab und wird erst im Nachhinein verstehen, dass ich einfach nicht Zuhause bin, obwohl er mich ins Gebäude hat laufen sehen.«

»Abhauen in welchem Sinne? Die Stadt verlassen? Oder doch das Land?«, frage ich sie und schaue nochmal in ihr Zimmer. Die Tür steht noch offen, aber ihr Vater ist nirgendwo mehr zu sehen. Ich halte der Brünetten meine Hand hin, die sie schließlich annimmt und sich von mir aufhelfen lässt. Sofort dreht sie sich zum Fenster um und lässt den Blick über ihr Zimmer schweifen. »Ich möchte eine Erklärung, Jinseo. Was ist passiert?«

»Habt ihr Tee?«, fragt sie mich, nachdem sie sich umgedreht hat. Ich nicke. »Earl Grey?«

»Ich denke schon«, antworte ich und greife nach ihrem Handgelenk, um sie hinter mir in die Küche zu ziehen. Dann hole ich alles für Tee heraus und finde tatsächlich eine Verpackung Earl Grey Tee. »Sprich, Jinseo. Ich warte.«

»Ich-«

»Hey Baek, hast du - wieso ist Jinseo hier?«, unterbricht sich Junmyeon selbst, als er unsere Nachbarin wie bestellt und nicht abgeholt in der Küche gestellt. Der Leader mustert Jinseos Gesicht und zieht schließlich die Augenbrauen zusammen. »Entschuldige die Frage, Jinseo, aber hast du geweint?«

Verlegen wendet sie ihren Blick ab und fährt sich durch ihre durcheinander liegenden Haare. »Ja, hat sie«, beantworte ich seine Frage und lasse das Wasser im Wasserkocher aufkochen.

»Wieso?«

»Weil ich Angst hatte«, entscheidet sie sich schließlich doch dazu ihren Mund zu öffnen. »Ich habe meinem Vater widersprochen... und das ist das Schlimmste, was ich hätte machen können.«

Junmyeon zieht die Augenbrauen zusammen und mustert sie intensiv. »Warum? Was ist so falsch daran, wenn man das, was von einem verlangt wird, nicht machen möchte?«, fragt er sie und Jinseo schaut augenblicklich auf.

»Wenn du zu einer nahezu perfekten Vorzeigefamilie gehörst, dann einiges«, antwortet sie und ich schaue kurz zu Junmyeon, welcher zu mir schaut. »Ich glaube, dass ich einige Dinge zu erklären habe, oder?«

»Oh und wie du etwas zu erklären hast. Ich denke nicht, dass Baekhyun und ich die Einzigen sind, die endlich mehr hören wollen«, sagt Junmyeon und ich nicke bestätigend: »Schließlich sind wir nicht die Einzigen, die wissen, was sich in deinem Apartment abgespielt hat.«

Erkenntnis macht sich in ihrem Blick breit und sie wendet augenblicklich ihre Augen ab. Dann nickt sie, gibt uns somit ihr Einverständnis.

Damit werden wir endlich alles aus ihrem Mund erfahren.

EXO's Annoying NeighbourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt