XXVIII.

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JINSEO'S POINT OF VIEW.

Nichts als Stille ist zu hören, als Jongdae auf seinem Stuhl sitzt und sein Frühstück förmlich verschlingt. Ich dagegen sitze ihm am Tisch gegenüber und versuche mich auf die neuen Nachrichten, die ich im Moment eigentlich auf meinem Smartphone lese, konzentrieren, doch es fällt mir schwer. Stattdessen werde ich von Jongdae und seiner Essensweise abgelenkt, was mich ein bisschen schmunzeln.

»Chen«, sage ich seinen Namen betont, sodass er für einen Moment aufhört zu essen und seine Augen auf mich richtet. »Mach' mal halblang, ansonsten verschluckst du dich noch. Oder bekommst Bauchschmerzen, weil du zu schnell gegessen hast.«

Langsam beginnt er wieder zu kauen und schluckt das, was er im Mund hatte, herunter. »Aber es schmeckt so gut. Ich habe Angst, dass einer der Jungs aufwacht, in die Küche kommt und mein Frühstück, was du für mich gemacht hast, isst«, schmollt er mich an und ich lache leicht auf.

»Falls du so sehr Angst davor hast, dass dir irgendeiner der Jungs das Frühstück vor der Nase wegessen wird, dann kann ich demjenigen zuvor anbieten, dass ich ihm auch etwas zum Frühstück mache«, schlage ich vor, doch Jongdae bleibt bei seinem Schmollen.

»Dann bin ich nichts Besonderes.«

In diesem Moment kommt eine Person in die Küche geschlendert und scheint mich noch nicht bemerkt zu haben. »Hast du Frühstück gemacht? Seit wann kannst du Frühstück machen?«, fragt Yixing ihn ein bisschen irritiert und sieht seinen Bandkollegen dementsprechend an.

Jongdae schaut ihn einige Sekunden schweigend an, während ich mir ein Lachen verkneifen muss. »Guten Morgen, Lay. Hast du gut geschlafen?«, frage ich ihn auf seiner Muttersprache und mein Gegenüber schaut mich entgeistert an.

»Ja, danke der Nachfrage«, antwortet er automatisch ebenso auf chinesisch und realisiert erst danach, dass ich mich in deren Küche befinde. »Du? Was machst du hier?«

»Chen und ich haben geredet und dann habe ich ihm etwas zum Frühstück gemacht, weil er Hunger hatte«, grinse ich und sehe zu Jongdae, der den letzten Rest seines Frühstücks verschlingt. »Er hatte Angst, dass der Nächste, der in die Küche kommt, sein Frühstück verschlingt, aber nun ist es dafür zu spät.«

Die Küchentür öffnet sich ein weiteres Mal und die nächste Person betritt den Raum. »Wer hat hier etwas zubereitet, was sogar essbar war?«, ertönt eine verschlafene Stimme und ich drehe mich um.

»Guten Morgen, Kai«, lächle ich ihn an und er bleibt perplex stehen. »Du siehst ein bisschen müde aus. Lag es an der Party, die meine Freundinnen und ich hatten?«

»Möglich«, antwortet er und schiebt den Stuhl neben mir nach hinten, um sich neben mir Platz zu nehmen. »Darf ich fragen, was du hier machst?«

»Oh, ich habe mich mit Chen unterhalten und damit meine Freundinnen nicht wach werden, bin ich durch die Fenster auf eure Fensterbank geklettert«, erkläre ich mit einem schiefen Grinsen. »Jetzt sitzen wir hier. Lay ist auch noch nicht so lange hier.«

»Wieso kannst du eigentlich chinesisch sprechen?«, fragt mich Yixing, dem wieder eingefallen ist, dass ich ihn auf seiner Muttersprache begrüßt habe. »Sprichst du noch mehr Sprachen?«

»Yixuans Vater war damals mein Sprachlehrer in chinesisch und kantonesisch. Durch meinen Vater war ich gezwungen eine Sprache nach der anderen zu lernen und aufgrund dessen spreche ich mittlerweile acht Sprachen«, erkläre ich und zucke mit den Schultern. »Ryus Mutter zum Beispiel hat mir japanisch beigebracht. Auf diesem Weg habe ich meine beiden besten Freunde überhaupt erst kennengelernt, da ich damals mit meinen Freundinnen auf die Sehwa Girls' High School ging.«

»Die guten, alten High School Zeiten. Bei dir ist es noch gar nicht allzu lange her, oder?«, fragt mich Jongdae und ich schüttle den Kopf. Um ehrlich zu sein, nein. Erst vor zwei Jahren habe ich mit 18 Jahren meinen Abschluss gemacht. »Hast du gute Geschichten zu erzählen? Erste Liebe? Erster Freund? Etwas in der Richtung? Hast du Liebesbriefe geschrieben?«

»Liebesbriefe?«, frage ich mit gerunzelter Stirn nach, woraufhin Jongdae grinsend nickt. Er denkt wahrscheinlich auch, dass er jetzt auf eine witzige Geschichte, die tief in meinem Inneren schlummert, gestoßen ist. »Nein, ich habe keine Liebesbriefe geschrieben, aber ich hatte schon mal einen Liebesbrief in der Hand. Und dieser ging an mich.«

»Du hast einen Liebesbrief bekommen?!«, fragt Yixing aufgeregt und nimmt endlich Platz neben Jongdae, da er die ganze Zeit über schon gestanden hat. »Hast du ihm eine Antwort gegeben?«

»Nein, ich konnte ihm leider keine Antwort geben«, antworte ich wahrheitsgemäß und seufze, »und das, obwohl ich gerne geantwortet hätte. Er hatte bestimmt verzweifelt auf eine Antwort gewartet und sich am Ende gedacht, dass ich ihn einfach ignoriert hätte. Dabei hätte ich ihn schon gerne kennengelernt, da es nicht alle Tage so ist, dass ein Junge dir süße Worte auf ein Blatt Papier aufschreibt. Meistens schreiben doch die Mädchen ihren Jungen Liebesbriefe und ich fand es schön, dass er sich getraut hatte mir einen Brief zu schreiben.«

»Dann musst du schon ein besonderes Mädchen für ihn gewesen sein«, merkt Jongdae mit einem schiefen Grinsen an und ich nicke. »Erster Freund. Erzähl' mal etwas davon.«

»Mein erster Freund? Sein Name ist Min Taehyeon und bis vor zwei Wochen waren wir noch in einer Beziehung. Er sah unsere Beziehung als ein Mittel zum Zweck und versuchte vergeblichst, dass ich all seine Bedürfnisse stille«, lache ich trostlos auf und schüttle den Kopf. »Fünf Monate waren wir zusammen und zwischendurch hatte er sich immer mit einer Japanerin vergnügt.«

»Was?«, kommt es Jongin über die Lippen gerutscht. »Du warst mit ihm zusammen und wusstest, dass er dich öfters betrogen hatte?«

»Er war ein furchtbar schlechter Lügner«, schmunzle ich und ignoriere Jongins Frage. »Ich wollte sehen, wie gut er seine Lügengeschichten zusammenhalten kann, doch er war eine Niete. Was mich allerdings ein bisschen irritiert ist der Fakt, dass es ihm nicht passt, dass ich letztens mit Chanyeol unterwegs war.«

»Du warst wirklich mit Chanyeol unterwegs?!«, schießt es Jongdae aus dem Mund und ich runzle irritiert die Stirn. »Hattet ihr ohne unseres Wissens ein Date?«

»Was? Nein!«, widerspreche ich sofort und schüttle den Kopf. »Ihr erzählt euch gegenseitig auch nichts, was? Ich dachte, dass ihr euch sonst alles erzählt, schließlich seid ihr doch wie eine Familie, oder nicht?«

»Was meinst du?«, fragt Yixing irritiert und zieht seine Augenbrauen zusammen. »Ich verstehe nichts mehr.«

»Hast du irgendjemanden erzählt, dass du bei mir im Apartment warst, als ich nicht Zuhause war und ich dich dann erwischt hatte?«, frage ich Jongin und wende meinen Kopf zu ihm. Jongdae und Yixing rücken in den Hintergrund, doch ich bekomme noch mit, wie Yixing seinen Mund einen Spalt öffnet. »Als du das Buch aus dem Regal genommen hast, Jongin, hast du etwas auffälliges gesehen?«

Seine Augen weiten sich für einen Moment und er schüttelt den Kopf. »Nein, habe ich nicht. Wieso? War irgendwas?«, fragt er mich. Das ist glatt gelogen. Seitdem ich erzählt habe, dass ich einen Liebesbrief erhalten habe, als ich noch auf die High School ging, hat sich Jongin angespannt.

Und die Reaktion auf meine Frage verdeutlicht eine Menge.

»Nein, es war nichts«, antworte ich und stehe auf, als ich mich auch schon verbeuge. »Danke für die nette Unterhaltung. Ich muss leider zurück in mein Apartment klettern – nicht, dass meine Freundinnen aufwachen und sich fragen, wohin ich verschwunden bin.«

»Du hast mal indirekt erzählt, dass Jiyu ein EXO-L ist. Weißt du, wer ihr Bias ist?«

Leise lache ich auf, als ich Jongdaes erwartungsvollen Blick sehe. »Do Kyungsoo«, antworte ich mit einem amüsierten Gesichtsausdruck und schüttle den Kopf, als ich sehe, wie der erwartungsvolle Ausdruck aus seinem Gesicht fällt.

EXO's Annoying NeighbourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt