Jimin POV
Jenna saß mit mir einem Boot und ich ruderte uns den See entlang.
Ich sah vor uns Baekhyun und Vivien. Sie lachten.
Baekhyun schoss Bilder von ihr während er auch gleichzeitig rudern musste.
Sie wiederum posierte mit einem durchsichtigen Schirm.
Der Anblick ließ mich grinsen.
Früher sind wir immer zu dritt rudern gegangen, wobei immer einer allein in einem Boot sitzen musste.
Heute nicht. Heute hatte ich sie in meinem Boot und ruderte uns am See entlang.
Das Wetter war kühl, doch die Sonne schien am Himmel.
Jenna saß still vor mir und schaute wieder wie gestern. Mit ihren Gedanken woanders.
"Jenna. Ich dachte du wolltest dich heute ablenken lassen." sagte ich nervös lachend.
"Irgendwie scheint es nicht zu funktionieren, Jimin..."
Ihre Stimme klang so leise und pipsig.
Ich atmete ein und versuchte sie zu verstehen.
-"Manchmal hilft auch reden."
Sie atmete aus und schloss ihre Augen.
"Ich ... Meine Mutter verstarb bei meiner Geburt. Ich war ein Einzelkind. Mein Vater verstarb letztes Jahr an einem Schlaganfall. Ich stand ihm nah. Fast alles erinnerte mich an ihn, dasselbe gilt für meine Tante."
Als sie dies sagte, dachte ich selber an meine Familie. Meine Mutter verstarb ebenfalls nach Choa's Geburt, ich erinnerte mich kaum noch an sie, nur ein paar Lieder die sie mir abends gesungen hatte.
Auch ich stand meinem Vater mal nahe...
"Meine Tante wäre auch mit mir nach Deutschland gezogen, doch sie war der Meinung das es dort zu viele Erinnerungen an meine Eltern geben würde, daher bin ich jetzt hier." erzählte sie weiter.
Ihre Stimme erschien mir so leise und fern. Ich sah sie nur an und hörte ihr kaum noch zu.
All diese Familien Erinnerungen und Geschichten... Sie ließen mich ebenfalls nachdenken.
Ich hatte immer das Gefühl das jede Familie außer meiner perfekt und ohne Probleme war, doch anscheinend hatte Jenna es auch nicht leicht.
Sie hielt ihre Hände fest auf ihrem Schoß.
"Ich dachte ich komme über den Tod hinweg, doch es ist schwerer als ich dachte. Kurz bevor ich hierher kam, spielte ich mit dem Gedanken fortzugehen. Doch wenn der Schmerz zu stark sein würde, würde ich mich in Luft auflösen."
Mit einem halben Ohr hörte ich ihr noch zu doch legte das Paddel weg.
"Fortgehen? Wohin?" fragte ich verwirrt.
Sie lachte leise auf, während sie das tat kam eine kleine Rauchwolke aus ihrem Mund.
"Mir das Leben nehmen, Jimin."
-"Dir das Leben nehmen?!" fragte ich sie entsetzt.
Ich dachte ich hörte nicht richtig.
"Wenn der Schmerz zu stark wird, dann ja."
-"Das ist Schwachsinn!" fuhr ich sie an.
Sie schaute mich verständnislos an.
"Was meinst du?"
-"Das ist Schwachsinn was du da redest!"
Jetzt funkelte sie mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
"Achja?!"
Auf einmal schrien wir uns an und das auf einem Boot, das nicht mehr gesteuert wurde.
Meine Arme fuchtelten aufgeregt herum, während das Paddel an der Seite lag.
"Es tut mir leid, aber ich finde so etwas einfach nur armselig. Wenn man mit Selbstmordgedanken spielt. Wenn man einen richtigen Grund hat, ist es etwas anderes, aber ansonsten...Es ist einfach nur feige." sagte ich ihr ins Gesicht.
Sie lachte auf und ballte mit ihrer Hand eine Faust.
"Du hast mir garnicht richtig zugehört oder?!"
Okay. Zugegeben. Nein hatte ich nicht. Ich war abgelenkt von meiner eigenen Familiengeschichte.
Ich schwieg und ruderte weiter.
Eine Weile blieben wir so.
Schweigend und langsam über das Wasser treibend. Ich sagte nichts und wagte auch erst sie nach einer Weile anzusehen.
Jenna wirkte gekränkt und sah aufs Wasser.
"Fahr mich ans Ufer."
-"Was? Wir sind doch eben erst..."
"Fahr mich verdammt nochmal ans Ufer!" schrie sie und packte sich an den Kopf.
Ich tat was sie sagte und ohne zu wissen wohin sie ging, versuchte sie aus dem Boot zu klettern.
"Lass mich dir doch helfen." fing ich an, doch sie schlug mich mit ihrem Gehstock weg.
Er traf beinahe mein Gesicht mit dem spitzen Ende.
"Jenna..." Ich lief ihr hinterher, als sie über die Steine stolperte.
Sie blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um.
"Niemand sorgt sich um mich. Selbst zuhören will keiner."
Fassungslos sah ich in die Luft und atmete kleine kalte Wölkchen aus meinem Mund.
Dieses Mädchen, was machte sie nur?
Am besten lasse ich sie ihren ganzen Frust runter rattern, bevor ich sie wieder unterbreche.
Ich verkroch meine Hände in den Taschen meines Mantels, nickte nur und ließ sie reden. Es machte sowieso keinen Sinn mit ihr zu diskutieren.
"Warum warten? Warum den Augenblick nicht nutzen und es jetzt schon tun? Warum nicht jetzt schon gehen?"
sagte sie weiter.
Mein Nicken hörte auf und ich sah in die Luft.
"Hey, das meinst du nicht ernst..."
Jenna zog ihre Absatzschuhe aus und schmiss den Gehstock hin.
Sie lief mit kleinen Schritten ins Wasser rein.
"Jenna..." sagte ich.
Erst ihre Füße waren im Wasser, doch sie machte keinerlei Anzeichen zu stoppen.
"Jenna, komm jetzt wieder raus. Deine Füße sind schon nass."
Jeden Moment würde sie wieder rauskommen, das Wasser war nämlich eiskalt. Sie könnte es nicht lange durchhalten.
Ich schaute mich in der Gegend um, die Bäume sahen immer noch aus wie früher. Wie alt sie wohl sind...
Sie kam nicht raus. Im Gegenteil, sie lief immer tiefer rein.
Ich hörte auf durch die Gegend zu schauen und weitete meine Augen als sie fast mit dem Bauch schon drinnen war.
"Jenna! Jetzt mach keinen Blödsinn!" schrie ich.
Sie ignorierte mich und lief weiter in das Wasser.
"Hör sofort auf!"
Das Wasser reichte ihr bereits bis zum Hals.
"Verdammt!" fluchte ich laut auf und zog meinen Mantel aus und rannte schnell ins Wasser hinein.
Sie war fast mit ihrer Nase schon unten, als ich sie an den Schultern packte und hochhob.
Das Wasser war noch kälter als ich dachte.
Ihr lief das Wasser von den Haaren ins Gesicht.
Ihre Haare waren außer dem Ansatz nass, ihre Lippen bibberten, die Farbe ihrer Haut gleichte beinahe einer Leiche.
Ihr ganzer Körper zitterte.
"Trottel." fluchte ich in ihr Ohr.
Jenna schaute gerade aus und ich sah wie sie ihre Tränen zurückhielt.
Ihre kleine Hand war um meinem Hals, da ich sie im Brautstil hochgehoben hatte.
Ich stand mit ihr immer noch im Wasser und wollte sie gerade als Ufer tragen, als ihre Stimme mich dabei unterbrach.
"Warum hast du mich nicht sterben lassen.... Warum nicht...." murmelte sie.
Nasse Strähnen klebten ihr im Gesicht und an ihrer Stirn.
"Warum wohl? Ich hatte scheiß Angst um dich."
Selbst überrascht von meiner eigenen Antwort hob ich die Augenbrauen.
Doch es war nicht einmal gelogen.
Ihr lief eine Träne die Wange runter, vorbei an ihren Lippen, die sich lila verfärbt haben.
"Du hast selber gesagt: Man lebt nur einmal und hat die Pflicht es mit vollen Zügen zu genießen. Und du hast deins noch nicht genossen." wisperte ich zu ihr.
"Das war an dich gemeint. Für mich gilt das nicht."
-"Natürlich tut es..." fing ich an, als sie ihren Zeigefinger meine Gesicht entlang fuhr.
Angefangen an der Nase, fuhr sie meine Lippen entlang und fing an zu lächeln.
"So sieht also Park Jimin aus..."
Ich schaute sie noch eine Weile an.
Das Mädchen in meinen Armen, durchnässt, weinend, blind, doch lächelnd.
Ich wickelte sie am Ufer in meinen Mantel ein und trug sie zum Van.
Gerade als ich sie absetzen wollte, stolperte ich über ihren Gehstock und fiel nach vorn.
Unsere Gesichter waren noch nie so nah aneinander.
Ihre Lippen würden in wenigen Zentimeter meine berühren.
Mein Herz machte einen Satz.
Ich war verwirrt. Warum schlug es so schnell? Und warum fühlte ich mich so wohl wenn sie so nah ist?
"Jimin?" fragte sie plötzlich.
"Hm?" fragte ich sie ohne sie aus den Augen zu lassen.
"Also sorgt sich doch jemand um mich?" wisperte sie leise.
Ihr Atem war warm und ich bemerkte wie sie ihre Hände nervös aneinander rieb.
Sie mag zwar blind sein, doch ihre Augen starrten direkt auf meine Lippen.
"Trottel." sagte ich leicht lächelnd und hielt mich an der Lehne fest.
"Versprich mir das du keine Schwierigkeiten mehr wie heute machst."
Sie schwieg und senkte ihren Blick.
Ich tat eine Hand auf ihre Schulter.
"Versprich es mir. Du wirst nämlich leben, verstanden? Es wird alles okay."
Jenna atmete leise und schaute nur schräg gegen meine Brust.
Sie sah in diesem Moment so schön aus.
Ohne zu wissen was ich machte, lehnte ich mich zu ihr vor.
Unsere Lippen berührten sich beinahe, als mein Handy vibrierte.
Ich verdrehte meine Augen, trat einen Schritt zurück und beantwortete den Anruf.
"Hallo?"
-"Park Jimin?"
"Am Apparat."
"Ich bin Direktor Kay, ich wollte Sie zu einem Vorstellungsgespräch für mein Stück als Hauptrolle fragen, ob sie mal Zeit und Interesse haben? Ms. Wang hat mir nämlich zu Ohren hören lassen, dass sie sehr begabt sind."
Freude stieg in mir auf.
"Ja! Natürlich! Ich fühle mich geehrt!"
-"Sehr gut. Ich schicke Ihnen meine Kontakte. Wir hören uns."
Der Anruf war beendet und ich grinste.
Ja! Ich hatte eine Hauptrolle!
Hat sich alles doch ausgezahlt!
Glücklich drehte ich mich wieder um, als ich Jenna immer noch an der Beifahrertür sitzen sah.
Ihr Blick wirkte verwirrt und sie tastete blind nach ihrem Gehstock der unten auf dem Boden vor ihr lag.
Meine Freude verschwand aus irgendeinem Grund. Sie sah so hilflos aus. Mein Herz schmerzte bei dem Anblick.
Ich fühlte mich wie ein Haufen Elend.
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BLINDED
Fanfiction[COMPLETED] Die Liebesgeschichte von Park Jimin und einem blinden Mädchen: Jenna, ein Mädchen das nie verliebt war. Das nie die wahren Farben der Welt wahrnehmen konnte. Und noch nie Liebe sah. Zwei ganz unterschiedliche Welten treffen aufeinander...