#46 Das erste Stück

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Jenna POV

Ich tappte mich aus der Dusche raus und stand jetzt vor meinem Kleiderschrank.
Den Code tippte ich ein und er ging automatisch auf und die gewohnte Frauenstimme war zu hören.
"Guten Abend, Jenna. Was ist heute der Anlass?"
-"Ein Theaterstück und ein Essen."
Es wirbelte erst ein paar Kleidungsstücke hin und her als es schließlich mir ein Kleid, einen BH und ein Paar hohe Schuhe in die Hand legte.
Den Schrank hatte Tante Nina mir persönlich anfertigen lassen, wegen meiner Blindheit.
Und um ehrlich zu sein, war ich froh.
Ich tappte ins Bad und bürstete mir die Haare als meine Augen wieder anfingen zu tränen.
Ich holte mein Tuch und tupfte die Tränen weg und tropfte mir ein paar Tropfen Augengel in die Augen.
Das vertraute, kühlende Gefühl breitete sich aus und ich atmete erleichtert auf.
"Wenn die Augen tränen, heißt es nichts Schlimmes, sie brennen nur. Dieses Augengel wird es mindern..." hörte ich die Stimme meiner deutschen Augenärztin in meinem Kopf hallen.
Seit Jahren ließ ich mir die Augengels nur von ihr verschreiben und nach Korea schicken.
Ich fuhr fort mit dem Haare kämmen, trug Parfum auf, schlüpfte in mein Kleid und schließlich in die High Heels bis ich nur noch meinen Gehstock brauchte.
Ein wenig später holte Jimin mich auch schon ab und wir fuhren zusammen zum Theater.
Es war eine schöne Nacht.
Die Luft war angenehm kühl, Jimin hatte die Fenster jedoch oben.
"Chim-Chim?" fragte ich ihn.
Er reagierte nicht. Beziehungsweise antwortete nicht.
"Jimin?"
-"Huh?"
"Warum antwortest du auf Chim-Chim nicht?" fragte ich ihn lachend.
"Ist das mein Spitzname?" fragte er während er mit einer Hand fuhr, mit der anderen plötzlich nach meiner Handfläche griff.
Er strich sie zärtlich entlang und ich fing an zu lächeln.
"Ja."
-"Okay, was ist denn Schatz?"
Ich errötete als er mich Schatz nannte.
"Machst du das Fenster runter? Ich möchte mich nach draußen lehnen."
-"Ist mein Schatz ein kleines Hündchen? Möchtest du noch die Zunge rausstrecken?"
Beleidigt riss ich seine Hand weg.
"Dann nicht."
Jimin lachte und ich bemerkte wie er ranfuhr und das Auto ausmachte.
Ein paar Sekunden später bemerkte ich wie neben mir das Fenster runtergemacht wurde.
"Sei nicht beleidigt." flüsterte er und ich konnte es nicht beurteilen, ich sah ihn ja nicht, ob er sich zu mir rüber beugte oder nicht.
Also wenn er das vorhatte, bin ich ruck schnell ans Fenster gerückt und hab mich nach draußen gelehnt.
"Wow, es riecht so nach Blumen!"
Ich hörte ihn lachen und den Motor wieder starten.
"Du machst es einem echt nicht leicht, Jenna."

Eine Weile fuhr Jimin uns noch rum als wir schließlich am Theater ankamen.
"My Lady..." Jimin öffnete meine Beifahrertür und ich lächelte.
"Danke, Sir." erwiderte ich und tappte meine Hände nach meinem Gehstock und ließ mich von der anderen Hand von Jimin führen.
"Wollen wir?" fragte er.
Ich nickte und griff fest nach meinem Gehstock, als ich bemerkte das aus meinem Auge wieder Flüssigkeit kam.
Ich ignorierte es und ging mit einem strahlenden Lächeln mit Jimin hinein.
Das ganze Stück war atemberaubend. Jimin spielte zwar nur eine Nebenperson, doch hatte sehr viel Text.
Ich bekam jedes Mal eine Gänsehaut wenn ich ihn sprechen hörte.
Sehen konnte ich ja sowieso nicht.
Doch ich fand es zu hören hatte auch seine Vorteile.
Man hört wie viel Zuneigung und Emotionen der Schauspieler ausdrückt.
Und Jimin tat es sehr gut.
Ich saß ganze vorne neben wichtigen Presseleuten, die mit meiner Tante ganz gut befreundet waren.
Sie kannten mich ebenfalls.
Ich war froh das ich nicht neben irgendwelche Fremden gesetzt wurde. Sie würden mich nur besorgt und mitfühlend von der Seite anstarren und sowas brauche ich nicht.
Nach dem Stück tappte ich mich mit Baekhyun, der während des Stückes neben mir schlief, hinter die Bühne.
"Hat dir das Stück gefallen?" fragte er mich, während mein Arm sich bei ihm eingehackt hatte.
Ich nickte.
"Dir? Welche Stelle hat dir am besten gefallen?" fragte ich ihn um ihn zu necken.
"M...mir? Also ich fand die Stelle toll, als die Hauptperson gestorben ist..."
-"Baek?"
"Huh?"
-"Niemand ist gestorben."
Ich hörte wie er sich auf die Lippen biss und aufstöhnte.
"Hätte ich lieber besser bei den Proben aufgepasst!" fluchte er.
Ich lachte und schüttelte meinen Kopf.
Im nächsten Moment kam jemand angerannt und hob mich hoch.
Schockiert und überrascht war ich anfangs, doch wer konnte es anderes sein als...
"Ich war toll oder?!" Er freute sich wie ein kleiner Junge.
Ich tastete sein Gesicht entlang um seine Wangen zu finden und knuffte hinein.
"Der Beste."

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