Joshua

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Er lief die Straße entlang. Einsam und alleine. Seine Mutter hatte all seinen Freunden damit gedroht, dass wenn sie diese Woche oder noch länger, noch was mit ihm machen, dass sie alle Anzeigen würde, weil sie Leano verprügelt hatten. Wütend trat er eine Bierdose weg und fuhr sich durchs Haar. Jeder ging ihm aus dem Weg und sein Vater würde bestimmt ausrasten wenn er erfahren würde, dass er die Schule gerade schwänzt. Aber er hatte nunmal keinen Bock dadrauf. Ohne seine Gang ist Schule noch beschissener als sie eh schon ist. Einfach nur langweilig und zum kotzen.
„Joshua Alban!", rief auf einmal jemand. Er blieb stehen. Er hörte wie jemand sich mit den harten Schritten von Stöckelschuhen von hinten näherte. Er drehte sich um und sah seine Mutter pissig an.
„Was machst du hier!?", fing sie wütend an: „Du hast Schule!"
Joshua sah sie gleichgültig an.
„Leck mich doch am Arsch.", sagte er und spuckte ihr vor die Füße: „Ich kann tun und lassen was ich will."
Carina hielt ihn wütend am Arm zurück, in der anderen Hand hielt sie die Autoschlüssel vom Porsche. Ein hässlicher Porsche, fand Joshua. Ein weißer Cayenne.
„Ich bring dich jetzt wieder zurück zur Schule.", sagte seine Mutter, aber Joshua ließ sich nichts von ihr sagen und drückte sie weg. Ihre kleine schwache Hand konnte Joshua nichts anhaben. Seine Mutter war krank, so wie viele Models es waren. Mager und schwach posierten sie zwischen Karriere und Tod. So eine Mutter hat keiner verdient. So eine Familie wollte keiner.
„Ich geh nicht zurück Mum. Du hast mir meine Freunde weggenommen.", zischte Joshua wütend und wollte weggehen, doch Carina hielt ihn erneut fest und sagt: „Und Leano? Hatte er Freunde? Dein kleiner Bruder hatte jeden Tag Angst vor der Schule und vor dem nach Hause kommen. Leano hätte jeden Grund alles wegzuschmeißen aber du?"
Sie lachte kurz abfällig und sah ihn dann todernst an.
„Du hast deinem Bruder das Leben versaut Joshua! Du hast ihn fertig gemacht! Hasst du deine Familie wirklich so sehr!?"
Joshua sah sie ernst an und sagte: „Ja."
Carina sah ihn fassungslos an und ließ seinen Arm los.
„Ich hasse euch über alles. Mein Vater ist ein Hurensohn! Du bist halb am verrecken und jeder aus meiner Schule kennt dich nackt. Eure Ehe ist am Arsch und wir bekommen alles ab! Mit Leano kann man nicht befreundet sein ohne das man selber ein Opfer wird und das nur weil ihr euch nicht um ihn kümmert. Würden wir euch wirklich interessieren, dann wüsstest ihr warum er gemobbt wird! Aber ihr seid scheiß Eltern und hab keine Ahnung von euren Kindern! Geschweige denn von mir!"
Carina sah ihn fassungslos an und versuchte irgendwas zu erwidern, doch sie brachte keinen Ton raus. Wütend drehte sich Joshua um und ging. Er hatte die Schnauze voll von seiner Familie, er wollte einfach nur noch weg. Er ging durch die Stadt, in Viertel wo verlassene Fabriken standen und Kriminelle sich herumtrieben. Normalerweise war er hier immer mit seinen Jungs und keiner kam ihnen zu nah. Doch heute war er alleine und er musste sich vor den vielen zwielichtigen Gestallten in Acht nehmen. Er ging zu seinem Lieblingsort. Durch eine kaputte Tür kam er in die Fabrikhalle. Alles war vollgesprayt und dreckig. Penner schliefen hier manchmal, aber meistens nicht in der Halle sondern in kleinen Räumen wie bei den Toiletten oder Büros. Wo sie sich auch nicht hintrauten war das große Herz der Fabrik. Der Kontrollturm. Es war kein Turm, eher nur Raum mit einer großen Fensterreihe zur Halle und vielen Schaltpulten. Aber die Penner trauten sich dort nicht hin, es war der Haupttreffpunkt seiner Gang und wer nicht verschwand, wurde verprügelt. Joshua lief die Treppe hoch zum Kontrollzentrum. Die Fenster waren eingeschlagen und die Neonröhren lagen zerbrochen auf dem Boden in einer Ecke zusammengekehrt. Seine Jungs hatten hier etwas aufgeräumt. Die Bierflaschen die sich hier türmten zeugten von ihren langen Abenden und dem Spaß den sie hier immer hatten. Aus Bierkästen und alten Brettern hatten sie Bänke gebaut und der Tisch bestand aus einer Tür, die auf Steinen und anderen herumliegenden Sachen lag.
Joshua setzte sich auf das Kontrollpult und sah in die Halle. Hier war er fern von all dem Stress und den Erwachsenen.
„Leano geht es nur wegen dir so scheiße.", hörte er auf einmal eine Stimme in seinem Kopf. Er musste zugeben, dass er wirklich mit dran schuld war. Hätte er ihn Zuhause nicht immer so fertig gemacht. Hätte er ihn nicht gemobbt und hätte einfach nur einen Bogen um ihn gemacht. Er nahm sein Handy und rief Leano an. Niemand ging ran. Er sah auf WhatsApp, er war seit gestern Abend nichtmehr online gewesen. Jetzt fing er auch an sich sorgen zu machen. Und alles nur wegen ihm. Nur wegen ihm war Leano weggerannt. Nur wegen ihm ist ihm vielleicht etwas zugestoßen.
„Ich Trottel!", zischte er wütend und rief ihn nochmal an. Nichts. Er sprang auf und wollte gerade gehen, als er auf einmal ein Geräusch hörte. Joshua sah in die Halle. Zwei Männer kamen rein. Der eine war ein Durchschnittstyp. Dunkles Haar, Undercut, ein Tatoo auf dem Unterarm, normalgroß, zwischen 25 und 30 Jahre alt, kein Bart und recht gutaussehend. Der andere Mann war ungefähr gleichgroß, hatte eine Glatze, Tattoo's an den Armen, einen leichten Bart am Kiefer entlang mit dem er recht finster aussah. Er war breit gebaut und muskulös. Sie schienen Joshua nicht bemerkt zu haben.
„Jetzt pass mal auf!", schrie der Normalo den Glatzkopf an: „Ich hab dir tausendmal gesagt, dass du mir das Geld zahlen sollst und jetzt bestiehlst du mich!?"
Joshua duckte sich und beobachtete neugierig das Geschehen.
„Ich zahl alles wieder zurück!", rief der Glatzkopf, er schien Angst vor dem Normalo zu haben, obwohl er deutlich stärker wirkte.
„Nein! Jetzt wird abgerechnet!", sagte er und zog eine Waffe. Joshua wurde blass als er die Pistole sah.
„Nein! Bitte nicht!", flehte der Mann, aber der Normalo grinste nur und sagte lachend: „Du hast es nicht verdient zu leben"
Der Glatzkopf wollte noch was sagen, doch da drückte der Normalo ab und ein lauter Knall hallte durch die Halle. Der Kopf vom Glatzkopf wurde in den Nacken gedrückt, Blut spritze aus seinem Gesicht. Dann viel er nach hinten einfach um. Wie angewurzelt stand Joshua da und sah wie der Mann tot umfiel. Der Normalo steckte seine Waffe wieder ein und sah sich um. Hastig duckte Joshua sich runter. Hatte er ihn entdeckt. Er wollte erst gar nicht wissen was der Typ mit Zeugen anstellen würde.
Plötzlich klingelte sein Handy. Sein Herz blieb vor schreck fast stehen. Hastig nahm er sein Handy und machte sein Handy auf stumm. Leise betete er, dass der Mann ihn nicht gehört hatte.
„Wer ist da!?", schrie er durch die Halle.
„Fuck.", dachte sich Joshua: „Was jetzt? Der ist ein Killer."

JaquelineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt