26) Ich mit ...Ihm?

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Ein Klopfen an der Tür lies mich von meinem Buch aufblicken.
"Jaaa?"
Mein Zimmertür öffnete sich ein Stück und vier Köpfe erschienen im Rahmen.
"Dürfen wir reinkommen?"
Ich nickte und machte auf meinem Bett etwas Platz.
Neben mich quetschten sich Jake Marvin,Steven und Lukas, wobei letzterer wohl eher auf dem Boden saß, wegen dem wenigen Platz.
"Was gibts?" Alle meine Brüder schauten mich ernst und ein wenig Mitleidig an.
"Hab ich was gemacht?" Verwirrt sah ich zu meinem Zwilling, der jedoch nur den Kopf schüttelte.
"Wir wollten mit dir nur über... über deine, naja,-"
Genervt seuftzte ich auf.
"Juungs. Was wollt ihr mit mir besprechen?"
Steven räusperte sich diesesmal.
"Was läuft zwischen dir und Kendall?"
Ich musste lachen.
"Wir sind mehr oder weniger befreundet. Zumindest hassen wir uns nicht. Glaubt ihr etwa, es würde was zwischen uns sein?" Ungläubig sah ich einen nach dem anderen ins Gesicht.

"Sieh es mal so. Du hattest außer uns keinen Kontakt zu Jungs seit mehreren Jahren. Und aufeinmal hast du einen Seelenverwandten, welcher mit dir in einem Bett schläft und ihr zusammen Schule schwänzt. Er ist nicht gerade hässlich, ihr seit über so ein komisches Zeichen mit einander Verbunden und du siehst nicht aus als würdest du Kendall hassen. Und auch er sieht manchmal etwas zu... sagen wir mal erfreut aus, dich anzutreffen. Da können wir schon davon ausgehen, dass ihr was miteinander habt. Was wir natürlich nicht hoffen."
Jake zuckte nach seiner Rede entschuldigend mit den Armen.
"Nur weil ich noch keinen Freund hatte, heißt das doch nicht, dass ich mich auf den erst besten gleich drauf stürtze." Bei dem Gedanke daran, Kendall als Torte zu sehen, musste ich lachen.

"Wir wollen dich nur glücklich sehen. Und wir alle wissen, wie Kendlal mit Mädchen umgeht." Lukas sah mich niedergeschlagem an und auch ich konnte mir eine leichte traurige Miene nicht verkneifen.
"Die armen Mädchen."
"Das sind sowieso alles nur welche, die sowas mögen und mitmachen. Also musst du sie nicht bemitleiden. Naja, wir wollen dir nur sagen, dass du auf dich aufpassen sollst. Kendall kann ziemlich geschickt in soetwas umgehen!" Ich nickte ohne einen an zu sehen.
"Wir gehen dann wieder. Aber Mia, morgen gehst du wieder in die Schule." Damit verschwanden alle aus meinem Zimmer und liesen mich völlig verwirrt zurück.

Einersteits verstand ich sie. Ich verstand, dass ich mich von Kendall und anderen solchen Playern fernhalten sollte. Und doch wusste ich, dass ich das nicht schaffen könnte. Egal, wie sehr ich es versuchen würde. Irgendwann könnte ich nicht mehr Abstand halten. Dazu hatte ich Kend schon zu sehr kennengelernt, zu sehr als Freund dazu gewonnen. Denn niemand konnte behaupten, dass Kendall kein guter Kumpel sei. Aber bleibt er für mich auch immer ein Kumpel? Ich wusste es nicht, denn wenn jetzt in meinem inneren schon so ein Drang nach ihm war, und das nur um ihn zu sehen, wie sollte das in Zukunft werden?

"Mia."
Die Stimme drang wie eine Hintergrund Melodie zu mir.
"Mia. Könnten sie mir die Aufgabe lösen?"
Erschrocken merkte ich, wie auf einmal alle Augen auf mich gerichtet waren und mich belustigt beobachten.
Vielleicht hätte ich doch nicht so nachdenken sollen. Dabei hatte ich wohl die Umgebung vergessen.
Mein Mathelehrer stand vorne an der Tafel und deutete deutlich wütend auf eine Aufgabe in Kreide dran geschrieben.
Marvin neben mir schaute mich besorgt an, da mir dies noch nie passiert war.

"Natürlich." Ich schaute sie mir genauer an und merkte schnell die Schwierigkeit. Ich konnte echt danken, dass mir eine Aufgabe gestellt wurde, die nicht so schwer zu lösen war.
Meine Antwort folgte kurz darauf und das grimmige Grinsen auf dem Gesicht meines Lehrer sank in sich zusammen.
Erleichtert konnte ich aufseuftzen.
"Passen sie auf, Mia. Nur weil sie die Aufgaben können, heißt das nicht, dass sie träumen können."
Damit machte er noch etwas wütend weiter mit dem Stoff.

"Was ist los?" Marvin hatte sich nah zu mir gebäugt und sah mich misstrauisch an.
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Nichts. Hab nur zu wenig schlaf bekommen." Dabei war mir meine Lüge nur all zu bewusst, denn ich hatte mehr geschlafen als meistens. Heute hatte ich einfach nur eine Person im Kopf und ich hatte keine Ahnung, wie ich sie rausbekommen könnte.

Als es zur großen Mittagspause klingelte, lief ich mit Marvin raus. Vor dem Klassenzimmer hielt ich ihn kurz zurück.
"Du, ich muss noch meine Sportsachen aus dem Spind holen. Wir treffen uns in der Cafeteria wieder, ok?" Erst wollte er wiedersprechen, jedoch überlegte Marvin es sich schließlich anders und verschwand mit der Menge in die andere Richtung.
Als ich meine Sachen gepackt hatte und meinen Spind geschlossen hatte, lief ich den nun leeren Flur entlang und zu den Türen des großen Raumes.
Ich öffnete sie und sah mich nach bekannten Gesichtern um.
James konnte ich nirgends erkennen, wahrscheinlich musste er noch irgendwelche Sachen aus der Bibliothek besorgen. Meine Brüder waren an unserem Stammtisch, an den sich keiner setzte. Ein paar ihrer Freunde waren dort auch, sodass es ziemlich voll war. Genervt wollte ich mich schon auf den Weg machen, da merkte ich ein Winken, links von mir. Kendall hatte sich an einen Tisch mit ein paar anderen gesetzt und winkte mich zu sich heran.
Dort war es ruhiger als bei meinen Brüdern. So lief ich also zu Kendall und setzte mich auf einen freien Stuhl neben ihm.
"Hey Kend." Ich grinste ihn provozierend an.
"Hey, Prinzessin." Er lächelte genauso zu mir herüber, worauf ich nur die Augen verdrehen konnte.
"Du bist Mia." Ein Typ neben Kendall sah mich interessiert an.
"Sieht ganz so aus."
Er lächelte mich pervers an.
"Du siehst anders aus, als in Entfernung."
Er schaute dabei nicht wirklich in mein Gesicht.
"Du nicht. Naja, eigentlich kannte ich dich noch nicht einmal und habe es auch nicht vor dich aus der Nähe zu sehen. Darauf kann ich verzichten." Dabei lächelte ich ihn mit meinem Süßesten Lächeln zu, sodass ich wahrscheinlich Zuckerwatte zu Zucker verwandeln könnte.

"Kendii. Ich hab dich vermisst. Wo warst du gestern?" Die Stimme lies mich auffahren und ich erblickte ein Mädchen, etwa in meinem Jahrgang, jedoch das genaue Gegenteil von mir. Sie hatte Blondgefärbte Haare, die einem weiß glichen, ihr Gesicht war von Schminke überfüllt und ihre Fingernägel um die 10cm lang. Eindeutig jemand, den Kendall gerne mal gebraucht hatte.
Dieser sah sich Blondi genauer an und schien dann zu überlegen. Doch anstatt, dass er sie wegschickte, wie jeder normale Junge schob er seinen Stuhl etwas zurück und zog sie auf seinen Schoß. Und noch bevor ich auch nur einmal blinzeln konnte, lagen ihre Lippen auf seinen und ich musste mich wegdrehen, um nicht Zuschauer eines Lifepornos zu werden.
"Das muss ich mir nicht geben." Mit Würde nahm ich meine Tasche und schob mein Stuhl zurück. Ich nickte einmal in die Runde, Kendall ausgelassen, welcher sich gerade von Blondi gelöst hatte und maschierte mit erhobenem Kopf aus der Cafeteria.

Und doch konnte ich den Stich in meinem Herzen nicht verläugnen und ich wusste, ich würde dies noch öfter spüren.

Gezeichnet, Bestimmt und VerlorenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt