Kapitel 27

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Ein leichtes Rütteln an der Schulter weckt mich und ich erinnere mich sofort: Shawn, die Umkleidekabine, Jona.

Ich spüre wie wieder Tränen in mir hoch steigen, als Cassys sanfte Stimme mich aus meinen Gedanken reißt:
"Hey, Leana, wir müssen aussteigen. Wir sind endlich am Camp angekommen."

Erst jetzt fällt mir ein, dass ich ja im Bus sitze.
Wie in Trance nicke ich und folge Cassy aus dem Bus und hin zum Camp.
Während des Weges werde ich immer schneller.
Ich möchte mich erstmal umziehen.
Ich habe immer noch das Kleid von Hollister an und es erinnert mich zu sehr an das, was vorgefallen ist, lässt mich mich dreckig fühlen.

Das letzte Stück zu unserer Hütte renne ich. Komischerweise ist keiner draußen, alle scheinen in ihren Hütten zu sein.
Sobald ich die Türe der Hütte zugeknallt habe, ziehe ich mir das Kleid über den Kopf.
Ich höre das leise Reißen einer Naht, aber das ist mir egal, ich möchte einfach nur raus aus dem Kleid, das ist mein einziger Gedanke.
Auch als Cassy rein kommt, sie ist nicht gerannt, da sie alle Tüten getragen hat, mache ich mechanisch weiter mit dem, was ich gemacht habe.

"Hey, Leana, wie geht's dir?", fragt sie vorsichtig.

"Ganz gut. Ich gehe jetzt zu Jaron, ich brauche gerade seine Nähe, ok? Vielleicht bleibe ich auch die ganze Nacht bei ihm."

"Ok, aber mach nichts was du nicht möchtest, versprochen?"

Ich muss leicht grinsen.
Es ist so süß, wie sie sich um mich sorgt.
Warte... Ich musste lächeln?!
Auch Cassy ist es aufgefallen, automatisch schleicht sich auch bei ihr ein leichtes Lächeln ins Gesicht.
Dann umarme ich sie.
Ich weiß nicht warum.
Oder doch, eigentlich schon.

"Danke, dass du für mich da warst und mich so unterstützt hast.", flüstere ich, bevor ich mir meine schwarzen Jogginghose anziehe und ein weißes T-Shirt zusammen mit einer schwarzen Abercrombie&Fitch Sweatshirt-Jacke oben rum.

Dann trete ich vor die Tür auf die kleine Veranda, bleibe stehen und atme einmal tief durch.
Eigentlich ist das Leben nicht so schlecht.
Ich weiß zwar, dass ich noch lange brauchen werde, um das zu verarbeiten, aber ich fühle mich jetzt schon bedeutend besser, und ich denke, Jaron wird mich dabei auch unterstützen.
Langsam gehe ich zu seiner Hütte, immer noch den kühlen leichten Wind genießend, der sich so anfühlt, als würde er ein bisschen dieses dreckigen Gefühls wegwehen.
Als ich auf der Veranda von Jarons und Tylers Hütte stehe, stutze ich und bleibe in der Bewegung stehen, als ich eigentlich gegen die Tür klopfen wollte.

Irgendwas irritiert mich, ich kann es nur erst nicht richtig einordnen.
Irgendwer stöhnt.
Hat sich wer in der Hütte verletzt?!
Ich will gerade die Türe aufstoßen, als ich etwas höre, was alle halbwegs freudigen Gefühle sofort verscheucht.
Es ist Mackenzie, sie schreit oder stöhnt etwas.
Erst verstehe ich nicht genau was, doch als ich es verstehe, bin ich nur noch niedergeschlagen. Oder wütend. Oder traurig. Ich weiß es nicht. Eigentlich fühle ich gar nichts mehr. Es ist, als hätte mich jemand in Watte gepackt, ich nehme meine Umwelt nur noch dumpf wahr.

"Los, Jaron, gib's mir! Schneller, härter, ja, ja!"

"Oh, Mackenzie, wie sehr du mich anmachst! Kein Mädchen hat mich bisher zu drei Orgasmen gebracht!
Du kleine Schlampe, mit den geilen Titten! Na, magst du es, wenn ich sie lutsche?!"

"Oh, Jaron, ja, aber jetzt halt deine Fresse und mach schneller!
Oh, Jaron, wie gut du bist!"

Ich weiß nicht, warum ich nicht einfach weggehe.
Ich stehe einfach nur da und weiß nicht was ich machen soll.

"Jaron, ich komme!"

"Ich auch!"

Nach einem letzten lauten einstimmen Stöhnen ist es ruhig.

"Und du liebst diese Leana wirklich nicht?", höre ich dann Mackenzies dumpfe Stimme durch die Tür.

"Woran denkst du?"

Beide hören sich sehr atemlos an.

"Die is n Fickprojekt, haben Tyler und ich uns im Bus überlegt. Geil, oder?!"

"Aber... Dann wirst du sie flachlegen?",  kommt es von Mackenzie.

"Ja, aber nur mit vorgetäuschtem Orgasmus, ich möchte so wenig Zeit wie möglich mit ihr nackt verbringen, ich muss ja jetzt schon fast kotzen, wenn ich nur daran denke, da ziehe ich deine Brüsten ihren auf jeden Fall vor. Und das ist nur ein Mal, Schatz."

Ohne das ich es gemerkt habe, habe ich mein Ohr an die Tür gepresst, sonst hätte ich all die Worte wahrscheinlich nicht verstanden.

Jetzt höre ich nur ein Kichern von Mackenzie, dann sagt sie jedoch:
"Hey, nicht mehr heute, morgen ist auch noch ein Tag. Drei Mal an einem Abend reicht!"

"Aber ich war doch brav...", entgegnet Jaron ihr.

"Nein, heute nicht! Morgen wieder! Aber es ehrt mich natürlich, wenn ich dich so geil mache.", kichert sie.

Mit diesen Worten scheint sie das Gespräch zu beenden, denn ich höre es in der Hütte rumoren.
Ich drehe mich emotionslos weg.
Er liebt mich nicht.
Ich bin ein Projekt.
Für ihn.
Und für Tyler.
Und Shawn wollte auch nur seinen Spaß mit mir.
Warum?!
Warum bitte ich? Warum nicht irgendwer anders?!

Das ist zu viel für mich.

Ich renne die Treppe runter, wobei ich eigentlich eher stolpere.
Dann renne ich zu dem Wald.
Ich möchte einfach nur weg von hier.
Von diesem Arsch.
Ich naiven Ding, wie konnte ich denken, er würde etwas von mir wollen?!
Dabei hatte er mich immer so süß behandelt...

Mittlerweile habe ich den Wald erreicht.
Ich renne hinein und achte nicht wohin.
Einfach weg.
Langsam kommen meine Gefühle wieder und Tränen treten in meine Augen.
Sobald die erste meine Wange runter gerollt ist, folgt ein ganzer Wasserfall von ihnen.

Ich kann nicht aufhören zu weinen und schluchze immer wieder laut auf, während ich blind durch die Gegend laufe. Meine Atmung wird immer unregelmäßiger und ich habe Angst, dass ich gleich keine Luft mehr bekomme.
Was wahrscheinlich nicht so schlimm wäre. Ich bin ja eh nur ein Fickspielzeug.
Mit diesem Gedanken komme ich zu einer Lichtung. Ich habe keine Ahnung wo ich bin. Ist mir auch egal, ich möchte einfach nicht mehr.
Erst Shawn, jetzt Jaron, das ist zu viel für mich.

Ich setze mich an den Rand der Lichtung und schluchze einfach, in Gedanken bei dem eben gedachten.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß, aber als irgendwann keine Tränen mehr kommen, lege ich mich einfach hin und schließe meine Augen.
Vor Erschöpfung schlafe ich im nächsten Moment auch schon ein.

Only one summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt