Kapitel 36

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Als ich meine Augen öffne, ist es in der Hütte dunkel. Mit einem Stöhnen rolle ich mich auf die andere Seite und starre aus dem Fenster. Es ist fast Vollmond und so kann ich die Umgebung draußen dank des Mondlichtes gut erkennen.
Alles liegt, ruhig da, es scheint keinen Wind zu geben, denn auch das Meer ist spiegelglatt und der Mond spiegelt sich in ihm.

Warte, der Mond?! Als mein Magen das bemerkt, fängt er an sich zu beschweren. Erst nur leise, aber er fordert immer lauter nach Essen, so dass ich irgendwann Angst habe, dass Cassy dadurch aufwacht.

Ich schwinge also meine Füße geschmeidig aus dem Bett – zumindest so geschmeidig wie man das mit einem verletzten Fuß kann, wahrscheinlich sehe ich eher aus wie eine auf dem Land gestrandete Robbe – und lasse mich auf den Boden gleiten.

Fuck, das war keine gute Idee, mich auf meinen verletzten Fuß zu setzen! Aber naja, ich brauche nun mal essen, sonst kann mein Gehirn nicht denken.

Dann bist du also ständig unterernährt? Ach nee, du bist einfach dumm!

Ach, du meldest dich mal wieder, liebe innere Stimme, DIE KEINER BRAUCHT! Es ist immer so motivierend dich zu hören... Also, mal ganz unter uns... Wenn ihr jemand sehr nervigen gerne umbringen würdet, wie würdet ihr das am besten machen?

Hey, ich gehöre zu dir, du dumme Nuss!

Ok, ich verbessere mich, wie würdet ihr euch umbringen, wenn euch wer sonst in kürzester Zeit zu Tode nervt?!

Ich bin ja schon leise! Aber dann kannst du ab jetzt ganz auf mich verzichten!

Yes, Spiel, Satz, Sieg! Am liebsten würde ich jetzt einen Freudentanz machen, aber dann würde sowohl Cassy mich hassen als auch mein Fuß. So beschließe ich, innerlich meinen Triumph zu feiern. Auf jeden Fall so lange, bis mich mein Magen wieder an meine Mission erinnert: Essen!

Da hier ja immer noch die Süßigkeiten rumliegen, wird es nicht schwer sein, so viel zu essen, bis mein Magen endlich Ruhe gibt. Ok, also neben meinem Bett lag immer eine Tüte halbvoll mit Gummibärchen, die müsste doch eigentlich ganz gut geeignet sein, um das Raubtierbrüllen meines Magens verstummen zu lassen.

Ich taste im Halbdunkeln nach der Tüte, kann sie aber nirgendwo finden. Dann schaue ich mich genauer im Raum um. Und stutze. Anscheinend muss Cassy aufgeräumt haben als ich geschlafen habe, dann unsere Hütte ist soweit ich es im schwachen Mondlicht erkennen kann, blitzblank.

Man, in jedem anderen Moment würde ich Cassy dafür ganz doll lieb haben, nur jetzt ist es echt doof. Mein Magen wird mich noch von innen heraus auffressen. Ist sowas schon mal passiert? Wenn nicht wäre ich in spätestens einer Stunde der lebende Beweis, dass es funktionieren kann! Ich muss dringend an Essen kommen!

Dann fällt mir die Küche ein. Ich habe ja bisher schon einmal gekocht und da habe ich gesehen, dass der Kühlschrank immer randvoll ist. Irgendwas Leckeres wird sich da doch finden lassen müssen, was ich mir stibitzen kann. Und da es so viel ist, wird wohl keiner eine Liste darüberführen, wie viel wovon genau noch im Kühlschrank ist.

Klar, es ist eigentlich nicht erlaubt, aber ich glaube nicht, dass Erik morgen gerne eine Leiche aus diesem Zimmer tragen würde.

Die Frage ist nur, wie ich bis da überhaupt kommen soll. Denn mein Fuß wird sich bestimmt nicht denken: Oh, sie ist hungrig, jetzt geht es mir auf einmal wieder super! Aber mein Rollstuhl müsste noch draußen vor der Tür stehen. Wenn ich es schaffe, nach draußen zu robben, ihn vorsichtig die kleine Treppe runter zu bugsieren und dann irgendwie einsteige, ist meinem kleinen Essensraub keine Grenze mehr gesetzt.

Ok, Challenge accepted!

Also robbe ich so leise es geht über den Fußboden und strecke meine linke Hand nach der Türklinke aus. Meine Fingerspitzen berühren schon das kalte Eisen, aber ich schaffe es einfach nicht weiter. Warum muss Gott mich auch mit so einer geringen Größe gesegnet haben?! Kann ich nicht einfach so ein zwei Meter Mensch sein? Dann hätte ich jetzt nicht das geringste Problem.

Only one summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt