Ich schließe meine Augen und genieße das alles, bis sich ein dunkler Schatten über alles legt. Und es ist nicht nur Derek, der sich gerade über mich beugt, sondern die Dunkelheit befällt auch meine Gedanken.
Langsam blinzle ich und erkenne Dereks Umrisse im Gegenlicht. Dann höre ich ihn seufzen.
"Darling, was ist mit dir los? Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht."
Ich erwidere sein Seufzen und schaue ihm fest in die Augen. Erst kann ich mein Unwohlsein nicht wirklich festsetzen, es befindet sich einfach in mir, benetzt aber wie Nebel langsam jeden Teil meines Körpers.
Und dann schießt mir ein Bild in den Kopf. Erst unscharf, dann stechen die Konturen immer weiter heraus und schließlich füllt ein Foto mein ganzes Gehirn und Bewusstsein. Ein Foto von Tyler. Und dann wird es mir bewusst.
Die Erkenntnis bewegt mich dazu, mich kerzengerade aufzusetzen. Das mit Tyler geht sehr viel weiter, als ich je akzeptieren wollte. In dem Moment wurde mir eines klar, dass ich so lange nicht realisieren wollte, so lange verdrängt hatte.
Im Nachhinein weiß ich selbst nicht, warum es genau in diesem Moment geschah und wie ich mir so plötzlich meiner Gefühle ganz sicher war. Vielleicht war es, weil Derek seinen Gefühlen vorher Freiheit gegeben hatte.
Ich weiß es nicht genau, aber was ich schon damals wusste, war die Erkenntnis, die mich wie eine Welle traf und mich fast um riss.
Ich hatte mich in Tyler verliebt.
Mit einem Mal war es, als würden alle Dämme, die in meinem Inneren existieren, plötzlich brechen. Die Worte strömen nur so aus meinem Mund. Ich hin mir ziemlich sicher, dass das alles nicht sehr geordnet ist und bin mir nicht mal sicher, ob Derek die Zusammenhänge überhaupt verstehen wird, aber es tut gut, alles rauszulassen.
Ich erzähle ihm alles, angefangen bei Jaron, über die Wette und das, was in der Küche passiert ist. Lediglich Tylers Erinnerungen an seine Mutter lasse ich raus. Das war etwas sehr Privates, das er mir im Vertrauen gebeichtet hatte und ich hatte nicht vor, diese Vertrauen leichtsinnig zu missbrauchen.
Derek sitzt die ganze Zeit einfach nur neben mir und hört mir zu. Irgendwann legt er mir einen Arm um die Schultern und zieht mich an sich. Dann fängt er an, meins Tränen mit einem Zipfel seines T-Shirts weg zu wischen. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich angefangen habe zu weinen.
Als ich aufhöre zu reden, sitze ich einfach nur noch leise da und schluchze. Aber ich fühle mich tatsächlich besser. Etwas freier und leichter. Es tut gut, alles rauszulassen.
Derek drückt mich noch etwas fester an sich. Langsam aber sicher höre ich auf zu Schluchzen. Irgendwann bin ich ganz leise. Da fängt Derek an zu reden.
"Wow."
Das ist das Einzige, was er für den Moment sagt. Aber er muss auch gar nicht mehr sagen, seine bloße Anwesenheit reicht, um mich zu beruhigen.
Ein paar Minuten später spricht er weiter:
"Ich glaube, dich hat es echt erwischt. Es scheint, als würdest du wirklich was für Tyler empfinden. Auch wenn er dich deiner Meinung nach nur benutzt hat."
Ich schniefe einmal zustimmend.
"Aber dennoch glaube ich, dass er eine weitere Chance verdient hat. Ich meine, was er gemacht hat bezüglich der Wette ist in keiner Weise in Ordnung, aber es schließt auch nicht aus, dass er nicht vielleicht doch etwas für dich empfindet.
Ich meine, die Wette wurde ganz am Anfang der Fährt geschlossen, seitdem kann sich eine Menge geändert haben.
Und so wie du vom ihm sprichst, solltest du ihn nicht voreilig abschreiben. Ich meine, ich höre ja, mit welcher weichen gefühlvollen Stimme du seinen Namen sagst und den sehnsüchtigen Blick, wenn du ihn erwähnst.
Ich möchte nur das du glücklich bist und deshalb solltest du nicht voreilig handeln. Du bist ein tolles Mädchen und die perfekte Freundin, wenn er dich nicht wollen würde ist er einfach dumm.
Oh Gott, hat sich das alles gerade klischeehaft angehört!", beendet er seine Rede und zaubern mir damit ein kleines Lächeln ins Gesicht."Du weißt echt immer das Richtige im richtigen Moment.", bewundere ich ihn.
"Ich weiß. Und gerade weiß ich, dass du nur eins tun solltest und zwar ihn dir schnappen!", meint Derek selbstbewusst, wofür ich ihm spaßhaft meinen Ellenbogen in die Rippen ramme.
"Ey, das tat weh!", entgegnet er gespielt beleidigt.
Dann werde ich wieder ernst.
"Wie soll ich das denn jemand schaffen, Tyler von mir überzeugen?", frage ich ihn zweifelnd.
Er wirft mir nur einen triumphierenden Blick zu meint:
"Dafür brauchen wir einen Plan, und ich habe schon eine geniale Idee."
Er beugt sich etwas weiter zu mir und erklärt mir alles. Langsam fange ich an zu lächeln und werde immer zuversichtlicher.
Als die Sonne schon untergegangen ist, gehe ich zurück in die Hütte. Zuvor verabschiede ich mich abernoch mit einer langen Umarmung von Derek. Ich bin ihm so dankbar für alles, was er heute Abend für mich gemacht hat.
Zurück in der menschenleeren Hütte nehme ich mir vor, so lange zu lesen, bis Cassy kommt, denn ich möchte ihr alles erzählen, was sich heute Abend zugetragen hat, sonst wäre sie am Ende noch tödlich beleidigt.
Diesen Plan vollziehe ich auch und bin unglaublich erleichtert, als Cassy über alles Bescheid weiß. Sie ist mir mittlerweile unglaublich wichtig, und es wäre eine Katastrophe für mich, wenn sie enttäuscht von mir wäre.
Am Ende meiner Erläuterungen nimmt sie mich in den Arm und drückt mich ganz fest an sich. Sie flüstert:
"Wenn er der Richtige ist, wird er allein bei deinem Anblick sofort dahin schmelzen."
Ich kann nicht anders, aber bei ihren Worten fließt mir eine Träne über das Gesicht. Dieses Mal ist es jedoch eine Freudenträne.
Wir reden noch etwas über Cassy und Harry - es scheint richtig gut gelaufen zu sein, was mich unglaublich für Cassy freut - und fallen dann todmüde in unsere Betten. Mein einziger und letzter Gedanke vor dem Einschlafen ist, dass ab jetzt alles nur noch besser wird.
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Only one summer
General FictionKönnt ihr euch etwas Cooleres vorstellen als mit eurer besten Freundin acht Wochen lang in einem Surfcamp in San Francisco zu sein?! Nein? Ich mir auch nicht! Aber was ist, wenn eure Freundin plötzlich doch nicht mitkommen kann und ihr allein mit d...