Kapitel 50

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Am nächsten Morgen weckt mich die Sonne, indem sie in meine Augen strahlt und Cassy, indem sie lauthals singt. Verschlafen blicke ich mich um, sehe erst nur Cassys Konturen, die vor meinen Augen umher tanzen und blinzle bis sich schließlich ein scharfes Bild ergibt.

Sie steht zwischen unseren Betten und gibt ein Gemisch aus ihren Lieblingssongs zum Besten.

"Was machst du?", murmelt mein verschlafenes Ich, halb verwundert, halb belustigt.

Sie hört auf um zu antworten:

"Ich tanze und singe. Und ich wecke dich. Und ich bin glücklich. Alles gleichzeitig."

Ich setze mich in meinem Bett auf und schaue sie an. Ich muss nicht einmal laut fragen, denn wir beide wissen, was jetzt kommen würde und so meint sie unumwunden:

"Harry hat mich eben auf ein Date eingeladen... Er will mich irgendwann nach der Surfstunde abholen und ich soll mir den ganzen Nachmittag freihalten."

Ich stoße einen leisen Freudenschrei aus und Stege auf, um Cassy einmal ganz fest zu umarmen.

"Ich bin sooo glücklich für dich!"

Sie lächelt mich dankbar an. Dann fragt sie besorgt:

"Ist das denn ok für dich? Ich meine, eigentlich sollte ich dich bei deinem Plan unterstützen und jetzt habe ich ja kaum Zeit dir zu helfen... Ich meine, in zwei Tagen ist ja schon die Modenschau..."

"Na hör mal! Du hast die Liebe mindestens genau so verdient wie ich, also denk nicht so! Außerdem kann ich Anna, Lily und Derek fragen, ob die mir helfen. Du musst jetzt erstmal Harrys Herz erobern. Falls du das nicht schon längst gemacht hast.", beende ich meine kleine Rede mit einem Augenzwinkern.

"Aww, du bist so süß!", ist Cassys einzige Antwort.

Als ich sie frage, wann Harry denn da gewesen sei, meint sie, dass er gar nicht da war.

"Und woher weißt du von dem Date?", entgegne ich mehr als leicht verwirrt.

Cassy deutet nur wortlos auf ihren Nachttisch und reicht mir eine Rose, die dort liegt. Ich nehme sie und entdecke einen kleinen weißen Zettel, der um den Stiel gebunden ist. Als ich ihn lese, steht darin die Einladung zum Date.

"Oh mein Gott ist das niedlich!", stoße ich hervor.

Cassy nickt nur glücklich. Behutsam lege ich die Blume zurück auf den Nachttisch, auf dem auch Cassys Wecker steht, der sagt mir, dass ich gerade mal zwanzig Minuten habe, bis das Frühstück beginnt. Mit einem Seufzer richte ich mich auf.

"Ich mach mich dann mal fertig für das Frühstück."

Träge suche ich mir etwas zum anziehen raus, wobei ich wahllos ein Top und eine Hose aus dem Koffer ziehe. Ich will mich gerade umziehen, als von Cassy ein entsetzes Schnauben kommt, gefolgt von den Worten:

"Bist du verrückt? Ich dachte du willst Tyler für dich gewinnen?! Dann kannst du jetzt auf den letzten Metern nicht einfach ein dreckiges Top mit irgendeiner Hotpan anziehen!"

Und tatsächlich hat das Oberteil, dass ich in meiner Hand halte, einen braunen Fleck am Ausschnitt. Woher der ist, weiß ich nicht. Eigentlich will ich es auch gar nicht wissen.

"So, du brauchst jetzt noch mal etwas, was dich von den anderen heraus stechen lässt... Wie wäre es mit...", Cassy wühlt in ihrem eigenen Koffer, als sich ihr Gesicht plötzlich erhellt, "... Mit dem hier!"

Zufrieden hält sie ein Teil in ihrer Hand, an dem ich im ersten Moment nur die Spitze erkenne, die das ganze Oberteil bedeckt. Die Farbe erinnert mich an das blau-grün des Meeres. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich um ein etwas längeres Bralette-Oberteil, das ich an Cassy noch nie gesehen habe. Als könnte sie meine Gedanken lesen, sagt sie:

"Das ist mir etwas zu klein, ich weiß selbst nicht, warum ich es dabei habe, aber dir müsste es perfekt passen."

Erst sehe ich das Teil mit einem skeptischen Blick an. Ich meine, das ist eigentlich nur ein BH mit etwa einer weiteren Hand breit Stoff darunter. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob das für mich so gut geeignet ist. Meine Skepsis scheint auch Cassy zu erkennen, deshalb bittet sie mich:

"Zieh es doch nur einmal kurz an. Danach kannst du immer noch dein dreckiges Top anziehen."

Während sie das sagt, schaut sie mich mit einem Hundeblick an, dem ich leider nicht lange widerstehen kann.
Seufzend ziehe ich es an in der Erwartung, es zu hassen, wenn ich in den Spiegel schaue. Doch als ich mich umdrehe, staune ich über mich selbst.

Das Top lässt mich älter und ein bisschen sexy aussehen, allerdings nicht zu übertrieben. Die Farbe harmoniert unglaublich gut mit meiner Augenfarbe und meinem Hautton. Ich schaue Cassy an und sage:

"Wow, das sieht echt gut aus, aber ich kann das nicht anziehen, es gehört schließlich dir."

"Nein, tut es nicht."

Verwunderung spiegelt sich in meinen Augen wider.

"Nicht mehr jedenfalls.", spricht Cassy weiter.

"Es ist mir doch eh zu klein und es steht dir so unglaublich gut. Ich kann nicht anders als es dir zu schenken."

Dankbar falle ich ihr um den Hals und würde sie am liebsten nie wieder los lassen.

"Hey, wir müssen langsam mal gehen, sonst kannst du dein tolles Oberteil ja gar nicht mehr beim Frühstück präsentieren, denn das ist bis dahin vorbei!", meint sie nach einer Weile lachend.

Ich muss ihr zustimmen und so ziehe ich mir noch schnell eine passende Hose an, um mich im nächsten Moment auch schon mir Cassy in Richtung Essensplatz zu begeben.

Seine Blicke brennen mir fast Löcher in den Körper.

Ich merke, wie Tyler mich anblickt, eigentlich schon anstarrt und irgendwie... Genieße ich es. Mittlerweile bin ich mir über meine Gefühle im Klaren. Ja, Tyler hat Fehler gemacht, aber er hat auch gezeigt, was für ein wunderbarer Mensch er sein kann. Und in diesen wunderbaren Menschen habe ich mich verliebt. Ich weiß nicht, ob eine Beziehung zwischen uns beiden halten wird, aber ich möchte es probieren. Denn auch, wenn wir vielleicht nicht für die Ewigkeit sein werden, möchte ich doch, dass er jetzt Teil meines Lebens ist.

Ich muss Licht lächeln. Irgendwie fühle ich mich so erwachsen. Ich straffe meine Schultern und werfe Tyler ein Lächeln zu. Für einen Bruchteil treffen sich unsere Blicke.
Verwirrung blitzt in seinen Augen auf, aber auch so etwas wie Freude.
Wärme steigt in mir auf und erfüllt meinen Körper. Ich hoffe, es geht ihm genau so.

Nach dem Frühstück verläuft sich alles ein bisschen. Mittlerweile sind wir schon so lange da, dass man manchmal ehrlich gesagt nicht mehr weiß, was man machen soll.
Ich brauche Zeit für mich, zum Überlegen. Das war schon immer so. Mir fällt es schwer, mich anderen mitzuteilen und ich denke über Vieles lange für mich selber nach, bevor ich es anderen erzähle.
Also ziehe ich mir Schuhe an und gehe in das kleine Wäldchen am Fluss.

Schließlich setze ich mich auf einen großen Felsen am Fluss und lasse die Füße ins Wasser baumeln. Ich schließe meine Augen uns spüre die Sonne auf meinem Gesicht, wie die Wärme meinen ganzen Körper erfüllt.
Meine Gedanken schweifen von Cassys Date mit Harry zu Dereks Coming Out, weiter zu meinem Stoff, den ich mir für mein Projekt gekauft habe. Und landen immer wieder bei Tyler und seinem Blick heute beim Frühstück. Mir wird warm im Bauch, wenn ich daran denke.
Ich kann nicht anders, dieser Moment läuft wie in einer Endlosschleife immer wieder in meinem Kopf ab.

Ich öffne meine Augen, um den Kreislauf zu beenden. Leise seufze ich und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Warum gehe ich nicht einfach zu ihm hin und gestehe ihm meine Gefühle. Aber davor habe ich zu große Angst. Andererseits ist es vielleicht die einzige Möglichkeit, ihn wieder in mein Leben zu holen.

Hinter mir knackst es. Ich drehe mich um, nur um im nächsten Moment Tyler zu sehen, der den Weg entlang kommt.

Only one summer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt