Die Begegnung

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Ich schaute auf die vielen Regentropfen die an der Scheibe herunterliefen. Das Wetter war seit Tagen schon so trüb und regnerisch. Es schien so, als würde es gar nicht mehr aufhören zu regnen. "Gib mir mein scheiß Handy wieder!" schrie plötzlich jemand hinter mir. Ich drehte mich erschrocken um. Es war Justin der wild in die Luft griff um seinem Kumpel Julian, das Handy abzunehmen. " Und was wenn ich es nicht tue?" fragte Julian ihn. Er lachte. Ich rollte mit den Augen und drehte mich wieder um. Das ist meine Klasse. Kindisch und einfach nur dumm. Ich lehnte meinen Kopf an die Scheibe des Busses und dachte nach. "Hey Emi? Alles gut?" Ich drehte meinen Kopf und sah meiner Freundin Sophie in die Augen. " Klar alles gut. Bin nur ein wenig müde." Ich log. Schon wieder. Seit zwei Wochen log ich nur noch, wenn mich jemand fragte ob alles okay sei. Um ehrlich zu sein war nichts okay. Tim interessierte sich kein bisschen für mich und das hatte er mir deutlich ins Gesicht gesagt. "Du Emilia, du bist echt nett. Voll das Kumpelmädchen." Das ist nicht gerade das, was ein Mädchen von einem Jungen hören will, den sie schon ein Jahr lang vergötterte und anhimmelte. Tim ging in meine Parallelklasse und war echt perfekt für mich gemacht. Lieb, schlau, lustig, talentiert. Abgesehen davon hatte er wahnsinnig tolle braune Augen und dunkele Haare. Einfach der Wahnsinn, dieser Junge. Doch leider schien er nicht das selbe von mir gedacht zu haben. Und jetzt saß ich hier, im miefenden Bus, mit meiner kindischen Klasse, auf dem Weg in ein kleines Kaff. Weit weg von Tim, meiner Familie und meinem zu Hause. "Emi wir sind da!" trällerte Sophie laut. Ich schaute auf. Wie ich vermutet hatte, schliefen wir in einer kleinen, ranzigen Jugendherbege. Ich konnte echt nicht verstehen wie Sophie so glücklich sein konnte. Wobei eigentlich doch. Ich meine ihre Eltern waren einer der Strengsten überhaupt. Von ihnen eine Woche weg zu sein, tat bestimmt mal gut. Wir, die Klasse 12 C, stiegen aus dem Bus und nahmen unsere Koffer. Als wir mit der Zimmereinteilung fertig waren, zogen wir in unsere Zimmer ein. Ich war mit meinen Freundinnen Sophie, Rina und Elif in einem. Wenigstens das hatte geklappt. "Echt eine Drecksbude hier." sagte Rina. Ich lachte. Ja, lachen konnte ich zum Glück noch. Nachdem wir unsere Betten bezogen und die Koffer einigermaßen ausgepackt hatten, fragte Sophie:" Und Leute wollen wir uns mal die Gegend ein bisschen anschauen?" Alle nickten. Also gingen wir aus der Herberge heraus und schauten uns ein wenig um. Es war ein ziemlich kleines Dorf. Manchmal sahen wir in den Häuser ein paar Menschen, aber die meisten standen leer und waren herunter gekommen. "Wahnsinns Gegend." sagte ich ironisch. " Wer will denn hier schon leben?" fragte Rina uns. "Naja Menschen die kein Geld haben, vermutlich!" antwortete Elif. "Selbst wenn ich arm wie eine Kirchenmaus wäre ,würde ich dort nie wohnen wollen." Meine Freundinnen prusteten los. "Arm wie eine Kirchenmaus." äffte mich Rina nach. Ich lachte. Meine Freundinnen schafften mich wirklich immer zum lachen zu bringen. "Na Mädels habt ihr Bock etwas zu erleben?" Wir drehten uns um. Vor uns standen Julian, Justin, Marcel und noch ein anderer Junge, den ich zuvor noch nie gesehen hatte. Er war groß, sehr groß hatte dunkelblonde, rötliche Haare einen Bart und sah ein wenig älter aus, als die Jungs aus unserer Klasse. Er lächelte. Ziemlich süß, aber eigentlich nicht so mein Typ. "Was erleben? Warum nicht, oder?" Das war mal wieder typisch Sophie. Sie liebte Abendteuer und flirten. Ich hingegen war ein wenig zurückhaltend und schüchtern. Rina und auch Elif nickten. Die Jungs schauten mich an. "Ach komm schon Emilia. Du willst es doch auch." Ich zog eine Augenbraue hoch und lächelte. "Wir haben sogar einen neuen Jungen mitgebracht. Andre heißt er." Andre lächelte immernoch und begrüßte uns mit einem "Hi!". Das 'Hi' klung nicht schüchtern, sondern eher laut und deutlich. "So sind wir vier Mädchen und vier Jungs. Ist doch perfekt." sagte Marcel. Ich lachte und stimmte zu. "Na gut! Was wollt ihr denn machen?" Die Jungs grinsten. "Andre kennt sich hier aus. Er hat uns gerade etwas gezeigt. Das müsst ihr euch ansehen." Wir folgten ihnen, beziehungsweise Andre. "Und ist der was für dich?" flüsterte mir Rina ins Ohr. Ich schaute sie entgeistert an. "Ist nicht dein Ernst oder?" Sie grinste mich an. " Warum nicht?" Ich schüttelte den Kopf. Danach irrten wir ungefähr eine halbe Stunde im Wald herum, bis Andre plötzlich sagte: "Da sind wir schon." Er zeigte auf ein Gebäude. Es sah aus wie ein schwarzer Karton.

Das Dorf des Schweigens Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt