Ich sah Andre ängstlich und verzweifelt an und schüttelte mit dem Kopf, während sich in meinen Augen Tränen sammelten. "Du bist stärker als du denkst!" flüsterte er mir zu. Dann schob mich Tara auf den Hochsitz und deutete auf die Leiter. Ich kletterte mit zitternden Beinen hoch. Während ich mich bemühte nicht abzurutschen, sagte ich mir immer wieder das ich es schaffen würde. Als ich oben angekommen war, stellte ich mich schnell an den Rand des Hochsitzes. Ich sah wie Tara Andre an seiner Schulter festhielt und ihm etwas erklärte. Dann schaute sie zu mir hoch und schrie: "Also Emilia! Du musst Andre einfach nur führen und aufpassen das er nicht die Klippe runterstürzt. Trotzdem müsst ihr alle sechs Bälle finden. Alles verstanden?" Ich nickte hastig und auch Andre stimmte zu. "Ach ja, das alles müsst ihr in zehn Minuten schafften!" Mein Atme stockte. Plötzlich ging sie zu einer Einkerbung und holte eine Plastiktüte heraus. Sie zog eine kleine Stoppuhr raus und lächelte. Ich biss mir auf meine Lippe. Ich durfte jetzt auf keinen Fall versagen! Noch einmal fragte sie uns laut und deutlich: "Habt ihr alles verstanden?" Als wir beide dies bejahten ging Tara auf Andre zu und bund ihm die Augenbinde um. Sie prüfte noch, ob er tatsächlich nichts sehen konnte und kramte eine Pfeiffe heraus. Dann schrie sie: "Drei, zwei, eins und los!" Sie drückte auf die Stoppuhr. Mein Herz pochte wie wild und ich merkte wie meine Hände anfingen zu schwitzen. Andre ging ein paar Schritte und rief: "Emi, wo muss ich lang!" Dann realisierte ich alles noch einmal und packte meinen Mut zusammen. "Geradeaus. Die Klippe ist noch weit entfernt." Er befolgte meine Anweisung und lief bis ich ihn stoppte. "Der Abhang ist jetzt wenige Meter vor dir Andre." Ich beugte mich hektisch aus dem Hochsitz. "Da!" schrie ich laut. "Ich sehe einen Ball." Die Dorfbewohner waren still und gaben kein Wort von sich, wobei mir das in dieser Situation ziemlich egal war. "Geh noch ein kleines Stück nach vorne." Tatsächlich vertraute er mir und tastete sich langsam an. " Stopp!" rief ich. "Knie dich hin!" Ich sagte es so stark wie noch nie. Als er auf den Boden sank sprach ich weiter:"Andre hör mir jetzt genau zu. Genau unter dir, ungefähr eine Armlänge entfernt ist der Ball. Du musst dich nur ein wenig vorbeugen. Aber bitte sei vorsichtig!" Ich schrie so laut wie ich konnte. Er streckte seinen Arm aus unn griff nach dem Ball. Dieser ging glücklicherweise leicht ab. Ich sprang vor Freude, über den ersten Ball hoch in die Luft. "Wo muss ich jetzt hin?" riss mich Andre aus meinem Glücksgefühl. "So du musst jetzt aufstehen und langsam nach rechts gehen. In ungefähr drei Schritten kniest du dich wieder hin." Auch dies befolgte er sehr gut. "Jetzt ist ein Ball wieder genau eine Armlänge entfernt. Hol den erst einmal." Beim dritten Versuch klappte es. "Ein wenig weiter unter dem ersten Ball liegt ein anderer. Für den musst du dich aber hinlegen und dich ein wenig strecken. Geht das?" Er probierte es schnell aus. "Ja!" rief er knapp zu mir. Er reckte sich und schaffte es tatsächlich. Ich lächelte und klatschte begeistert in die Hände. "Du machst das super!" sagte ich. "So Andre jetzt musst du erst einmal aufstehen und gerade aus gehen." Ich schaute kurz zu Tara rüber, die misstrauisch zu mir schaute. "Geh dann ein kleinen Schritt nach rechts." Er führte es perfekt aus. "Super! Jetzt geh zwei Schritte nach vorne und mach eine halbe Umdrehung!" Auch das meisterte er sehr gut. "Gut Andre! Genau vor dir ist die Klippe. Unter dir sind wieder zwei Bälle. Die sind aber viel tiefer." Er legte sich hin und versuchte danach zu greifen. "Hier sind keine!" schrie er. Ich schluckte. "Doch, du musst dich nur einen Zentimeter weiter runter beugen, dann hast du den ersten." Wieder versuchte er es und holte ihn hervor. "Perfekt, mach weiter so!" rief ich glücklich. "Nur noch ein ganz kleines bisschen, musst du dich strecken, dann hast du den fünften Ball." Er tat genau das, doch griff immer wieder daneben. "Man ich schaff das nicht!" sagte er verzweifelt. "Doch du schaffst das! Beug doch noch ein ganz kleines bisschen vor." Bevor ich den Satz aussprach rutschte er plötzlich mit dem Arm weg. Ich erschrak und schrie auf. Er hielt sich mit beiden Armen an dem Rand der Klippe fest und rief um Hilfe. Ich lief schnell die Leiter runter und schrie dabei immer wieder:" Helft ihm schnell! Los!" Als ich unten angekommen war rannte ich zu ihm. Ich griff nach seinen Armen und zog ihn ,mit all meiner Kraft, hoch. Doch ich wusste das ich das alleine nie schaffen würde. "Man ich kann das nicht alleine! Helft uns doch!" stöhnte ich, während ich weiter versuchte ihn hochzuziehen. Doch die Bewohnern blieben, mit versteinertem Gesicht stehen. Endlich konnte Andre seinen Körper ein wenig hochziehen und robbte sich zu mir. Ich zitterte am ganzen Körper und riss ihm die Augenbinde ab. Ich umarmte ihn so fest ich konnte. Plötzlich piepte etwas hinter uns. "Tja damit habt ihr es wohl nicht geschafft!" Tara lächelte uns, mit der Uhr, böse an. Andre und ich schauten sie fragend an. "Meinst du das ist unser größtes Problem?" fragte er. "Andre wäre gerade fast gestorben!" sagte ich entgeistert. Sie grinste. "Das ist nun mal das Spiel! Entweder man gewinnt oder verliert auf ganzer Strecke!" Ich schluckte. Das ganze hier war härter, als ich dachte. Andre stand langsam auf. Ich stützte ihn ein wenig. "Und was ist jetzt?" wagte sich ein Dorfbewohner, die Stille zu durchbrechen. Tara musterte Andre. "Auch wenn sie gut waren. Sie haben nicht bestanden!" Ich sah Andre verzweifelt an und blickte dann zu Tara. "Aber sie haben es ziemlich gut gemacht." sagte eine Frau. Die Bewohner stimmten ihr zu und nickten hastig. "Trotzdem! Sie haben es nicht hinbekommen." Sie kam langsam auf uns zu. "Tut mir leid, ihr beiden." Ich sah auf den Boden. Wir hatten es nicht geschafft. Das heißt, dass sie uns nicht aufnehmen würden und wir unsere Freunde nie wieder sehen würden. Alles war umsonst gewesen. Plötzlich hörte ich ein leises Klatschen und schaute auf. Ein braun haariger Mann, mit halb Glatze, stand vor uns. Er grinste. "Sie haben das sehr gut gemacht!" Tara starrte ihn schockiert an. "Meister was machen sie hier?" Meister? Hatte sie gerade wirklich Meister gesagt? "Wir haben sie gar nicht bemerkt." Der Mann lachte böse. "Tara, wie oft muss ich dir noch sagen, das ich überall bin. Auch wenn ihr mich nicht seht, beobachte ich euch." Sie sah ängstlich und schüchtern aus. So hatte ich sie, zuvor, noch nie gesehen. "Ich denke..." fing er an. Danach machte er eine lange Pause. Keiner sagte etwas. Weder Andre, noch ich oder die anderen Bewohner. Dann sprach er weiter. "Ich denke, wir haben zwei neue Mitglieder!" Die Menge jubelte und klatschte wild durcheinander. Andre und ich schauten uns begeistert an und schlossen uns in die Arme. Er küsste mich voller Endorphiene. Ich hörte wie viele Menschen ein seufzen oder ein 'Och wie niedlich' von sich gaben. Also waren doch nicht alle gefühlskalt! Tara schaute wütend zu uns. Ich lächelte sie mit einem breiten Grinsen an. "Tara du gibst den beiden neue Kleidung, eine Hütte und Nahrung! Verstanden?" Als sie nickte, drehte sich der Mann um und wollte gehen. Doch bevor er verschwand fragte er uns noch nach unseren Namen. "Andre und Emilia!" Er lachte. "Ich meine eure Pseudonyme!" Wir schauten ihn verwirrt an. "Ach egal, dann denken wir uns etwas für euch aus." Dann ging er aus dem Wald. Auch wenn mir mein ganzer Körper, von der Aufregung weh tat und brannte, war ich glücklich. Unser Plan funktionierte!
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Das Dorf des Schweigens
Mystery / ThrillerDie 18 jährige Emilia ist auf Klassenfahrt in einem kleinem Dorf. Aus Langeweile macht sie mit ihren Freunden eine Mutprobe. Sie und ein, bis vor ein paar Stunden noch, fremder Junge müssen in ein verlassenes Gebäude gehen. Dort finden sie Zeitungs...