36. Kapitel

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Es verging eine ganze Woche, in der ich jede Nacht bloß drei Stunden Schlaf abbekommen hatte. Die meiste Zeit verzog ich mich im Hotelzimmer, besuchte irgendwelche Bars oder verbrachte die Zeit im Krankenhaus. Meistens saß ich Stunden lang bei Harry neben dem Bett und betrachtete ihn. Manchmal erzählte ich ihm auch etwas, doch irgendwann kam ich mir absurd vor, diese Selbstgespräche zu führen. Louis bekam ich auch selten vors Gesicht und Liam ging ich, so weit das ging, aus dem Weg. Ich hatte Angst davor in ein Gespräch mit ihm verwickelt zu werden, da ich über die Sache nicht reden wollte. Mit niemanden!

"Niall?", fragte auf einmal eine Stimme  und ich schreckte hoch. Ich musste eingeschlafen sein. Orientierungslos blickte ich um her und blieb an Liams ernsten Gesicht hängen, welches mich durch den Türrahmen hindurch ansah. Erst in diesem Moment realisierte ich, dass ich mich im Krankenhaus befand.
"Du bist völlig übermüdet!", meinte er, worauf ich schnell den Kopf schüttelte. Ich richtete mich auf und rieb meinen schmerzenden Rücken. Der harte Stuhl hatte gute Arbeit geleistet.

"Du musst hier raus, egal wohin, aber du brauchst eine Auszeit!", ließ Liam nicht locker. Mein Blick wanderte zurück zu Harry. "Ich bleibe bei ihm!", meinte ich bestimmt. Mein Kopf schmerzte und mein Magen fühlte sich so leer an, als hätte ich seit Tagen nichts vernünftiges zu mir genommen.

"Du hast hier zwei Nächte übernachtet, Niall. Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist, aber so geht es nicht mehr weiter. Was ist wenn noch eine Woche vergeht, ohne dass es Harry besser geht?", fragte Liam betreten. Ich erhob mich aprupt, doch ließ mich gleich wieder nieder, da mir schlagartig schwindelig wurde. "Ihm wird es bald besser gehen, das weiß ich!"

Die Worte verließen meinen Mund, ohne das ich über sie nachdenken konnte. Liam kam einen Schritt näher und schloss seine Hand um meinen Arm. Widerwillig ließ ich mich von ihm hoch ziehen. "Louis kommt gleich", versprach er und warf mir einen aufmunternden Blick zu. "Harry ist in guten Händen"
Wir verließen diesen schrecklichen Ort und ich konnte endlich wieder das Gefühl von frischer Luft in meiner Lunge spüren.

Liam verfrachtete mich auf den Beifahrersitz, während er sich rechts neben mir niederließ. Ich starrte schweigend aus dem Fenster. Am liebsten hätte ich mich bei ihm bedankt, da ich ohne ihn womöglich an einem tragischen Kummerstod gestorben wäre. Nur fühlte ich mich zu kraftlos etwas zu sagen, geschweige denn die richtigen Worte zu finden. Erschöpft ließ ich mich in den Sitz zurück fallen und schloss die Augen. Einen Augenblick später ertönte der Motor und ich versank in wirre Träume.

Die Sonne wärmte mein Gesicht und auch durch meine geschlossenen Augen, konnte ich die Lichterflut erkennen, die von ihr ausging. Es war ein herrliches Gefühl, beinahe ungewohnt.
"Liam", fragte ich und schaute mich um. "Ich dachte schon du wachst niemals auf!", kam es von meiner Rechten. Irrtiert blickte ich zur Seite. Wir saßen noch immer in dem fahrenden Auto, welches mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen gewesen war. "Wie spät ist es?", fragte ich, da ich jegliches Zeitgefühl verloren hatte.

"Es ist drei Uhr Nachmittags", verkündete Liam und konzentrierte sich wieder auf die Straße. "Oh", murmelte ich etwas verlegen.
"Wohin fährst du überhaupt? Willst du mit mir eine Weltreise machen?"
Liam lachte zaghaft, ehe er sagte: "Nein, das wäre ein wenig zu zeitaufwendig"
"Wohin denn dann?", fragte ich etwas ungeduldig und musste augenblicklich an das Krankenhaus denken.
"Hey, mache dir keine Gedanken! Louis ist da", rief Liam, als hätte ich meine Gedanken ausgesprochen.

Schnell schaute ich zu Boden, da ich befürchtete, dass er noch mehr aus meinen Augen ablesen konnte. "Ich dachte wir reden mal ein bisschen", sagte Liam. Mir entging nicht, dass er unsicher wurde.
"Und dafür verschwendest du dein Benzin?", fragte ich und musterte ihn skeptisch. "Hier kannst du wenigstens nicht weglaufen, so wie in den letzten Tagen"
Ich blickte in den strahlend blauen Himmel und dachte einen Moment über sein Angebot nach. "Na schön! Aber nur kurz", gab ich mich geschlagen und seufzte. Er war einfach der beste Freund den man sich wünschen konnte. Reden fühlte sich in diesem Moment vollkommen richtig an.

Auf Umwegen zu dir (Narry) Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt