22. Kapitel

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Während der Fahrt, redeten wir kein Wort mit einander. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und wollte diesen offenbar nicht Preis geben. Ich befürchtete schon, dass es ganauso ausarten würde, wie beim Interview. Wenigstens hatte niemand etwas getrunken, sodass unkontrollierte Einwürfe schon einmal ausgeschlossen waren. Dennoch begleitete mich (wie schon so oft in letzter Zeit) ein ungutes Gefühl.

Normalerweise freute ich mich auf die Aufnahmen im Studio. Meistens hatten wir bei dieser Arbeit eine Menge Spaß und im Gegensatz zu einem Konzert einen ruhigeren Tag. An diesen Nachmittag jedoch wurde meine Laune von Kilometer zu Kilometer schlechter. Mein Magen war es nicht gewohnt, so viele Stunden ohne Essen aus zukommen. Ich konnte nur hoffen, dass ich mir in der Pause eine Mahlzeit besorgen konnte. Ansonsten würde ich diesen Tag womöglich nicht überleben.

"Schön euch zusehen", meinte unser Produzent Jamie Scott erfreut, als wir ins Studio traten. Glückerweise war er so damit beschäftigt sich über unsere Anwesenheit zu freuen, dass er unsere mürrischen Gesichter übersah.
Die dicke Luft zwischen uns stieg immer weiter an. Als wir uns für die Aufnahmen warm machten, musste auch Jamie gemerkt haben, dass etwas nicht stimmte.

"Versucht ein bisschen lockerer zu werden. Die Leute können euren Gesichtsausdruck hören. Ein bisschen mehr Energie" Mit diesen Worten warf er uns durch die Glasscheibe einen vielsagenden Blick zu. "Es ist alles bestens", log Harry und schüttelte sich ein bisschen, als würde er seine Lüge dadurch verdeutlichen wollen. Liam nickte zustimmend. Was mich betraf, ich stand nur still neben den anderen und starrte zum Mikrofon. Mir war gerade nicht danach zu singen. Nur hatte ich keine andere Wahl. "Okay, seit ihr bereit?"

Am liebsten hätte ich den Kopf geschüttelt, doch dann erklang bereits die Backgroundmusik. Es dauerte zwei Takte bis Louis begann zu singen: "I might never be your knight…"
Bevor er die Zeile vollständig über die Lippen gebracht hatte, wurde er von Jamie unterbrochen: "Stopp! Du hättest noch zwei Takte warten müssen!"
"Ja", sagte Louis knapp und warf einen kurzen Blick durch die Glasscheibe.
Dann erreichte auch schon ein "eins, zwei,drei" mein Ohr. Louis brauchte drei weitere Anläufe. Dies senkte seine Stimmung  nur noch mehr. Doch nicht nur er, sondern auch Harry, schien mit seiner Geduld am Ende zu sein. "Konzentriere dich doch einfach mal!", zischte er zur seiner Linken.

Louis ignorierte es, atmete tief durch und schaffte es endlich seinen Text fehlerfrei zu singen. Bloß hielt das Harry nicht davon ab, einen Kommentar ein zu werfen: "Du musst bei der  letzten Zeile 'But I can be the one, be the one tonight' viel höher gehen!"
"Entschuldigung", sagte Louis kühl. Ich warf Harry einen kurzen Blick zu, doch er starrte immer noch seinen Exfreund an.
"Außerdem liegt die Betonung…", wollte Harry gerade einwerfen, als Louis ihn unterbrach: "Du sagst doch immer, dass wir Arbeit und Privates im gewissen Maße von einander trennen sollen!"
Eine kurze Stille füllte das Studio. Ich verspürte den Drang nach draußen zu laufen. Die Nähe von Harry und der ausgebrochene Streit waren eine schlechte Kombination.

"Wieso handelst du dann gegen deine eigenen Regeln?", fragte Louis nun.
"Ich habe doch nur meine Meinung gesagt. Der einzige unprofessionell bist du", erwiderte Harry mit belegter Stimme. Tränen füllten seine Augen. Ich war mir sicher, dass Liam und schon gar nicht Louis etwas davon mitbekommen hatten. Mir konnte Harry nichts vor machen. Die Trennung nahm Harry noch immer mit. Dieser Gedanke versetzte mir einen Stich. Erschrocken über die Tatsache, dass es nicht nur am Mitgefühl lag, wandte ich mich schnell von ihm ab.

Auf Umwegen zu dir (Narry) Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt