37. Kapitel

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"Ich habe so Angst ihn zu verlieren, Liam. Ich habe das Gefühl ohne ihn nicht leben zu können, weißt du. Ja, das klingt vielleicht kitschig und ich hätte nie gedacht, dass ich das mal ausspreche, aber es ist die Wahrheit", sprudelte es aus mir heraus. Die Müdigkeit war schlagartig verflogen und der Hunger schien nun, wie die Kopfschmerzen, ganz normal zu sein.
Liam hörte mir schweigend zu, während er weiterhin auf das Gaspedal trat.

"Wie du weißt, hatte ich noch nie einen festen Freund. Und Harry ist der erste, mit dem ich mir eine Beziehung vorstellen kann. Damals als ich noch auf die Jungenschule in Mullingar gegangen bin, habe ich mir immer versucht einzureden, dass ich nicht schwul bin, aber irgendwann musste ich mich damit abfinden"
Es tat gut seine Gedanken aussprechen zu können. Vorallen wenn es Gedanken waren, von deren Existenz man noch nicht einmal selbst wusste.

Nach einem kurzen Schweigen, sagte Liam: "Ich hoffe, dass das kein Vertrauensbruch ist, aber Harry hat mit mir über dich gesprochen"
Bei diesen Worten spürte ich ein seltsames Gefühl in mir auf kommen. Es fühlte sich nach Hoffnung an.

"Ich kann und will dir deine Fragen nicht beantworten", sagte Liam ernst. Ich nickte. "Bevor... also als Harry noch...", ich versuchte die richtigen Worte zu finden. "Manchmal gab es..."
Meine Stimme brach ab. Mit Liam über diese Augenblicke zu sprechen, in denen ich diese Verbindung zwischen Harry und mir gespürt hatte, führte wirklich zu weit. Wie schaffte es Liam nur, einen so tief in den Geist zu schauen?

"Und ich dachte eine Fernbeziehung sei kompliziert", sagte Liam auf einmal. Wir fingen gleichzeitig an zu lachen. Nur brach ich im nächsten Moment wieder ab. Es war nicht der Zeitpunkt, um herum zu albern. Aus irgendeinem Grund bekam ich jedes Mal, wenn ich auch nur ein Funken glücklich sein in mir spürte, ein schlechtes Gewissen. Es war einfach nicht fair, dass ich lachte, während Harry um sein Leben kämpfte. Auch Liam verstummte mit einem ernsten Gesichtsausdruck.

Einen Moment schien keiner so Recht zu wissen, was er sagen sollte. Schließlich brach Liam die Stille: "Hast du schon von der GBH-Aktion gehört?"
Ich schüttete den Kopf und warf ihm neugierige Blicke zu.
"Die Fans haben sie auf Instagram gestartet! GBH steht für Gute Besserung Harry", klärte Liam mich auf.
"Es gibt dutzende Fotos von Händen, auf denen GBH geschrieben ist"
"Das ist ja süß", meinte ich und nahm mir vor später nach dieser Aktion zu suchen. Wenn tatsächlich so viele mitmachten, dürfte das kein Problem darstellen.

"Ja, finde ich auch. Sie machen sich au..", doch weiter kam Liam nicht, da plötzlich ein leises Piepen zu hören war. Erst hielt ich es für das Radio, doch dann wurde mir klar, dass es aus Liams Jackentasche kam. "Augen auf die Straße!", rief ich erschrocken, als Liam einhändig das Gerät aus seiner Jacke fischte und einen kurzen Blick darauf warf. Noch einen Autounfall konnten wir nun wirklich nicht gebrauchen.
"Liam?", fragte ich ungeduldig. Doch da bemerkte ich, dass alle Farbe aus seinen Gesicht gewichen war.

Alamiert versuchte ich ihm das Handy weg zu nehmen. Jedoch hielt Liam es mit einer Hand so fest, dass ich nicht einmal mit zwei dagegen ankam.
"Was ist passiert?", rief ich verzweifelt und kämpfte weiterhin um das Handy.
Wortlos reichte er es mir schließlich, wendete das Auto und brauste in einer hohen Geschwindigkeit zurück.
Mit zittrigen Fingern öffnete ich die letzte Nachricht. Entsetzt sah ich auf das Display. Es waren nur zwei Sätze. Zwei einfache Sätze. Doch an diesen Tag lernte ich am eigenen Leib kennen, wie viel zwei Sätze bedeuten konnten.

Kommt her! Er schafft es nicht! Louis

Auf Umwegen zu dir (Narry) Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt