~32~ M A T E S

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Zoey (p.o.v)

Zögernd ging ich ein paar Schritte zurück, da es mir etwas unangenehm war, ihm so nah zu sein, wenn er halbnackt war. Nennt mich prüde, mir egal.

Dann geschah es unglaublich schnell. So schnell, dass das menschliche Auge gar nicht erfassten konnte, was hier vor sich ging. Als es aufgehört hatte, blinzelte ich kurz irritiert, bis ein leises Knurren die Stille durchbrach.

Meine Augen weiteten sich so, dass ich Angst hatte, sie würden aus ihren Höhlrn fallen.

Heilige Mutter Maria Gottes.

Logan war nicht mehr da, dafür war nun ein riesiger Wolf an den Baum gekettet, der hastig atmete. Ängstlich wich ich ein paar Schritte zurück und schlug mir die Hand vor den Mund, um nicht zu schreien.

Der Wolf hörte nicht auf zu knurren, seine Vorderfoten versuchten mit aller Kraft, die schweren Ketten von sich zu ziehen, vergebends. Er jaulte kurz auf, dann wandt er seinen Blick wieder mir zu und musterete mich neugierig.

Seine Augen waren die gleichen wie die Logans, nur größer. Die kleinen, blauen Sprenkel in seiner Regenbogenhaut schienen im Licht der aufgehenden Sonne zu tanzen.

Du musst hier weg. Dieser Wolf hatte zu einhundert Prozent Logan gefressen und sich irgendwie in den Ketten verfangen. Renn, Kind, renn!

Doch ich blieb stocksteif stehen. Oh ja, ich hatte Angst, große sogar. Dieser Wolf würde mich innerhalb weniger Sekunden in Stücke reißen. Besonders wenn er sich gegen die Ketten wehrte und wie verrückt zappelte, bangte ich um mein Leben. Und trotzdem blieb ich hier, weil ich Logan spürte. Irgendwo hier.

Unauffällig ließ ich den Metallschlüssel in meiner hinteren Hosentasche verschwinden.

Der Wolf war faszinierend und angsteinflößend zugleich. Wahrscheinlich waren das alle Wölfe, ich hatte nur noch nie einen zu Gesicht bekommen.

Dass ich lebensmüde war, merkte ich erst, als ich einige Schritte auf ihn zuging. Er kläffte mich an, nicht bösartig, sondern eher begierig und verzweifelt, wie ein Junkie, der seit Tagen auf kaltem Entzug war.

Tolle Vergleiche ziehst du. Passt echt zu der Situation.

Jaja, danke danke, du darfst jetzt aufhören zu Klatschen.

Als ich meine Hand ausstreckte, wurde er augenblicklich ruhig, starrte meine Hand an und dann wieder mich. Er knurrte leise und schnupperte an mir. War das die Ruhe vor dem Sturm?

Nein, die Ruhe vor dem Tod, wenn du dich nicht langsam verpisst.

Die Erkenntnis, dass das Logan war, in der Gestalt eines riesigen Wolfes, brannte sich immer weiter in mein Hirn.

Dann berührte ich ihn und meine Hand schien Feuer zu fangen. Alles in mir platzte vor Glücksgefühlen, als ich über sein glänzendes, pechschwarzes Fell strich und es manchmal mit meinen Händen spielerisch festklammerte. Logan, glaubte ich, schloss die Augen und ließ den Kopf etwas nach vorne hängen.

Es war anders, als würde ich ein Haustier streicheln, oder eine Ziege im Zoo. Es war, als würde ich Logan durch die Haare fahren, mich darin festklammern und zusehen, wie er genussvoll seinen Kopf in den Nacken legte.

Nicht, dass du es genießen würde, wenn jemand deine heiligen Haare anfasst. Aber bei anderen ist das okay, schon klar.

Langsam strich ich über seine aufgestellten Ohren und platzierte einen Kuss auf seinem Kopf, ehe ich ihm meine Hand entzog und mich etwas entfernte.

Es war mir zu unreal, als dass ich es verarbeiten könnte. Trotzdem tat mir Logan leid, wie er unter der Enge der Ketten den Bauch einziehen musste und sich darunter wandt. Dabei, er wollte doch angekettet werden. Dennoch hatte ich das dringende Verlangen, ihn loszumachen.

Soulmate [Werwolf]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt