Kapitel 10

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"Felina! Felina komm schon. Wach auf!", rief Alice mir ins Ohr uns schüttelte mich an meinen Schultern. Langsam und bedächtig öffnete ich meine Augen und versuchte mich aufzusetzen, doch es gelang mir nicht und ich fiel auf meine warme und weiche Liege zurück. Über mir sah ich Lucas leicht angespanntes Gesicht, das auf mich hinunterblickte. Nur, wo war der Rest seines Körpers? Erschrocken von der Tatsache, dass ich vielleicht bei der Teleportation etwas falsch gemacht haben könnte und nur Lucas Kopf mitteleportiert worden sein könnte, sah ich mich hektisch um.

Wie sich herausstellte war Luc gesund und munter mit Körper angekommen, bloß hatte ich ihn nicht gesehen, da ich in seinen Armen lag. Er war zu meiner Ersatzliege mutiert und ich hatte nicht einmal die Kraft, ihn von mir zu stoßen oder einen spitzen Kommentar fallen zu lassen. Welch bedauernswertes Schicksal. Denn ich wäre nicht in dieser nervenaufreibenden Situation, wenn mich der Blödmann nicht zu dieser Tat ermutigt hätte.
Im Grunde genommen war es also allein seine Schuld! Genau so war es!

"Wo ist Swist? Hat die Teleportation funktioniert?", fragte ich leicht besorgt. "Funktioniert?", fragte Lucas gereizt zurück. "Wenn funktioniert für dich heißt, dass wir alle von A nach B gekommen sind, dann ja, hat sie funktioniert."

Erschrocken riss ich die Augen auf und schoss mit meinem Oberkörper in die Höhe, soweit es meine Kraft zuließ.
"Ist jemand verletzt worden?", fragte ich panisch und schaute mich im ganzen Raum um.  "Ja.", antwortete er. "Es ist jemand verletzt worden." "Um Gottes Willen! Wer denn?" Vor Schreck fingen meine Hände an zu Zittern und meine Atmung beschleunigte sich. Ich hatte jemanden verletzt. Wie grauenvoll.

"Du.", sagte er, als wäre es absolut logisch und undenkbar, dass ich nicht selber drauf gekommen war. "Warte. Was?!", gereizt ballte ich meine Hände zu Fäusten und schlug mit Ihnen nach Lucas, sofern man es so nennen wollte. Durch die Menge an Blut, die ich verloren hatte und die Energie, die mich der Transport gekostet hatte, waren meine Energiereserven restlos aufgebraucht und reichten nur noch für das Nötigste. Und Luc zu schlagen empfand mein Körper nicht für all zu wichtig, weshalb ich ihn nur tätscheln konnte. Aber es ging ja ums Prinzip.

"Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein!", schnauzte ich ihn an. "Und noch etwas. Ich habe die Wette gewonnen! Ich habe uns erfolgreich teleportiert.", sagt ich stolz.

"Und wärst dabei beinahe draufgegangen!", schnauzte Lucas zurück. "Für jemanden, der mir vor nicht einmal zwei Stunden gedroht hatte mich umzubringen, bist du aber ziemlich um mein Leben besorgt!", blaffte ich zurück. Was viel dem Arsch überhaupt ein?! "Und außerdem sieht ' fast draufgegangen ' anders aus! Das hier, das nennt man einen Schwächeanfall." "Meinetwegen. Aber mach' das nicht noch einmal. Für einen kurzen Moment dachte ich, ich hätte dich in den Tod getrieben mit dieser Aktion.", sagte Lucas und strich sich nervös durchs Haar.

"Du bist ja auch mit dran Schuld. Aber tot bin ich noch lange nicht. Nur müde und erschöpft, aber das kommt vom Blut- und Energiemangel, und weil ich sogar jetzt noch mit dir diskutieren muss." Und noch während ich die Worte sprach, schlossen sich meine Lider auch schon wieder und ich kuschelte mich in meine provisorische Liege, um zu Kräften zu kommen.

***

"Nein Alice! Wir können sie nicht einfach in die Stadt mitnehmen. Das verstößt nicht nur gegen unsere Vorschriften, sondern auch gegen unseren Eid! Sie ist vielleicht keine Komplizin der Jäger, aber dennoch ist sie anders als wir! Und ich nehme sie sicher nicht mit in die verborgene Stadt, ohne mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, dass sie uns nicht in Schwierigkeiten oder Gefahr bringt!", sagte Lucas mit fester und entschlossener Stimme.

"Aber Luc, ich finde das doch reichlich.." "Nein heißt nein, Alice!", unterbrach Lucas sie forsch.
"Und wo soll sie dann hin? Sie sagte, die Jäger seien hinter ihr her, da können wir sie doch nicht einfach rausschmeißen und sie ihrem Schicksal überlassen!", erwiderte Alice empört.
"Vielleicht hat sie ja gelogen. Und ich bin nur für die Sicherheit meiner Gruppe und die Sicherheit der Gezeichneten verantwortlich." "Sag, dass das nicht dein Ernst ist! Ich dachte, Außenseiter seien bei uns immer willkommen." Enttäuschung klang in Alice' Stimme mit und ich konnte hören, wie sie sich langsam, aber mit bestimmten Schritten von meiner Tür und Luc entfernte.

ROT - Die Farbe meiner Tränen,  LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt