Kapitel 26

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Ich lehnte mich mit meinem Rücken nach wie vor bewegungsunfähig an die Wand.

Langsam stieß ich mich von ihr ab und raffte mich auf, in die Küche zu gehen, um meinem verfressenen Höllenhund von meiner neusten Idee zu berichten. Hoffentlich schaffte er es mit seinem neuen, fetten Wanst auch bis nach unten in die Katakomben. Augenblicklich hatte ich das Bild eines sich träge die Treppen runterschleppenden Swist vor Augen und wie er auf halber Strecke schnaufend kapitulierte. Ganz eindeutig, Swist würde unter meiner Aufsicht abnehmen! Und eine Diät machen.

Kaum, dass ich die Küchentür aufgestoßen hatte, fand ich ihn auch schon zusammengerollt auf dem Boden liegen, den Bauch in die Höhe streckend. "Das ist doch jetzt nicht wahr.", stöhnte ich. "Sag' mir nicht, du hast schon wieder die Hälfte des Kühlschranks geplündert."

Ruckelnd und hin- und herrollend kam Swist auf die Beine. Das Ganze hatte etwas von einer überdimensionalen Schildkröte, die auf dem Rücken lag und versuchte, wieder in ihre natürliche Position zu gelangen. "Nur einmal 'reingeschaut." "Und gleich alles, was nicht laufen kann, aufgefuttert! Du wirst mir zu fett!" "Ich bin nicht fett! Nur etwas zu klein für mein Gewicht.", antwortete Swist in alter Garfield-Manier.

"Dann sorgen wir halt dafür, dass dein Gewicht wieder zu deiner 'schmächtigen' Größe passt", zog ich Swist auf. "Wie sollen wir denn so zusammen arbeiten? Bei dem Umfang kannst du die Jäger zwar plattrollen, aber mit Rennen und Kämpfen ist dann nichts mehr. " Ich funkelte ihn aus meinen Augen tadelnd an. "Aber darum kümmern wir uns ein anderes Mal. Du musst mir heute bei etwas behilflich sein." Schnell erklärte ich ihm meinen Plan bezüglich meiner "Zeitreise-Kräfte" oder wie auch immer man das im Fachjargon bezeichnete.

"Ich will ganz ehrlich zu dir sein, Libelle, ich weiß wirklich nicht, ob ich dir da helfen kann. Teleportationen sind das Eine, aber Zeitreisen ist ja wohl noch 'mal eine andere Nummer. Ich werde tun, was ich kann. ", versprach er und klopfte mir freundschaftlich mit der Pfote auf die Schulter.

"Das muss einfach funktionieren, sonst sind wir wieder ganz am Anfang." "Ich hoffe das Beste, Libelle. Das Beste." Ich streichelte ihm zärtlich über den Kadaverkopf und zog ihn mit mir in den Flur, hinunter in Richtung der Tunnel. Schnaufend und keuchend schleppte Swist seinen Körper die vielen Stufen hinab in die dunklen Gänge der Katakomben. Hier und da hörte ich ihn fluchen und zetern. Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht.

"Ich sagte ja, du musst abnehmen, du bist zu dick geworden. So schaffst du es ja nicht einmal bis nach unten." "Pff. Bis... ich..huh...unten bin... ". Er wischte sich mit der Pfote den Schweiß von der Stirn. "... wirst du... mit mir... lei...den.", schnaufte er. "Das tue ich ja jetzt schon. Der einzige Grund, warum du solche Probleme hast, ist, dass du die Pfoten nicht von dem Süßkram lassen kannst. Also: Selber Schuld! Da hab' ich kein Mitleid mit dir, im Gegenteil, so siehst du mal, wo deine Fresserei hinführt." Ich stemmte meine Arme in die Hüfte und beugte mich leicht über ihn.

"Also stell dich nicht so an." Ihm entfuhr ein Knurren und seine Augen verfärbten sich leicht rötlich, was ihm einen gefährlichen Ausdruck verlieh. "Du brauchst mich gar nicht so böse anzufunkeln, meine Schuld sind deine Pfunde sicher nicht. Weniger Essen und mehr Bewegung, mein Lieber. ", feixte ich zuckersüß und schickte ihm einen Luftkuss zu. "Wart' ab, bis du in mein Alter kommst, Kleine! Dann bin ich derjenige, der lacht.", antwortete er mir mit einem boshaften Grinsen. "Wir werden sehen."

Schnaufend stieg er die letzten Treppen hinter mir hinunter in das unterirdische Tunnelsystem. Skeptisch beäugte ich das Terrain, in dem ich vorhatte zu Reisen. Was wohl passieren würde, wenn ich in eine Zeit reiste, in der es diese Tunnel noch nicht gab? Ob ich dann einfach unter der Erde eingegraben werden würde? Langsam merkte ich, wie mir übel wurde. Das Ganze war doch eine schlechte Idee gewesen. Alleine die Vorstellung, ohne Hilfe tief in der Erde begraben zu sein, ohne zu wissen, wann ich zurückkehren konnte, jagte mir eine Heidenangst ein.

ROT - Die Farbe meiner Tränen,  LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt