Kapitel 49

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Ich sass da auf dem Boden. Die Umhängetasche hatte ich neben mich gelegt. Flaitz atmete immer noch ruhig vor sich hin. In der Höhle wurde es immer dunkler, da draussen das Sonnenlicht verschwand und somit nur noch ganz wenig durch die dicken Wassermassen drang.  Ich streckte mich und gähnte. Als ich mich vom Boden erhob, schoss es mir durch den Kopf. "Aber klar!", rief ich aus. Wie konnte ich das nur vergessen haben? Ich wusste doch schon längst wo sich das letzte Zeichen befand! Ich schnappte mir die Tasche hängte sie mir um und machte mich schnell aus der Höhle. Als ich wieder ins Freie trat, war es beinahe so dunkel wie im Inneren der geheimen Höhle. Unos lag zusammengerollt neben einem Strauch und hob den Kopf, während ich meinen Weg zu ihm machte. Verwirrt drehte er den Kopf, als ich versuchte auf ihn zu steigen. Vielleicht wollte er es auch einfach nicht, aber dies war mir herzlichst gleich. Mit einem Schwung hatte ich mich auf den Rücken der Echse gesetzt und war bereit loszufliegen. Unos sah mich zuerst bloss verwirrt an, doch schien zu verstehen was ich wollte und erhob sich vom Boden. Er streckte seine zwei schuppigen Flügel aus und hob mit starken Schlägen vom Boden ab.


Ich war die Nacht durchgeflogen, als ich endlich bei Morgengrauen meinen Fuss auf den Boden setzte. Die sumpfähnliche Landschaft war umringt von dichtem Wald, der nur sehr schwach von der aufgehenden Sonne beleuchtet wurde. Ich hatte nicht sonderlich viel geschlafen, aber ich schien es auch gar nicht zu brauchen. Gerastet hatte ich ja in der Zeit. Sofort umhüllte Nebel, der um diese Zeit und an diesem Ort üblich war, meinen Fuss und liess mich erschaudern. Mein Gewicht verlagerte sich gleichmässig auf meinen Beinen, als ich endlich den zweiten Fuss auf den Boden setzte und somit von Unos getrennt wurde. Ich nahm meine Umhängetasche behutsam vom Drachen und seufzte. Flaitz war während des ganzen Fluges nicht aufgewacht. Ich machte mir wirklich Sorgen um ihn. Er atmete immer noch ruhig, aber ich befürchtete jede Sekunde, dass dies ein Ende hatte. Ich richtete die Haarspange von Dael wieder grade nachdem sie komplett verrutscht war und seufzte erneut. Unangenehme Gedanken kreuzten die vorigen. Wenn ich einem Monster begegnen würde, wäre es schnell um mich geschehen. Ich hatte nicht eine einzige Waffe bei mir und ich wagte es nicht anzunehmen, dass Unos mir im Notfall helfen würde. Meine Schritte sanken im sumpfigen Boden ein, bevor ich auf einen kleineren Pfad kam. Mein Ziel war bereits sichtbar. Nie hätte ich mir erträumt, dass dieser Ort so erzählungstreu aussah. Alle diese Erzählungen oder auch die Texte, die ich in der grossen Bibliothek gelesen hatte, schienen hier Form zu erlangen. Der Schrein einige Meter vor mir war rot und schon am Rande des Weges stapelten sich Kadaver und andere Überreste.  Als ich diese Luft einatmete, kam ein innerlicher Reiz in mir hoch, der mir befahl mich zu übergeben. Ich schluckte und versuchte diesem Drang zu widerstehen, was mir glücklicherweise gelang. Meine Hand umgriff den Riemen meiner Tasche und ich näherte mich. Das Kies unter meinen Füssen war bedeckt mit Blättern, die meine Schritte rascheln liessen. Unos folgte mir auf Schritt und Tritt, verursachte jedoch viel Lärm was mir Sorgen bereitete. Hier sollten sich doch am meisten Monster herumtreiben.... Seltsam war, dass ich noch nicht attackiert worden war. Die Luft, die ich gelegentlich aushauchte türmte sich in kleinen Dampfwolken auf und verschwand sofort. Bei jedem Blinzeln brannten meine Augen beinahe von der ätzenden Luft.  Ein knorriger Baum vor mir versperrte mir die klare Sicht, doch ich konnte schon viele Details meines Ziels erkennen. Kleine Käfer huschten über die Rinde des pechschwarzen kahlen Baumes und versteckten sich in seinen Ritzen, als ich endlich an ihm vorbeigegangen war. Der Tempel vor mir war verglichen mit anderen Gebäuden erstaunlich klein, doch ich erkannte dass dieses Holz nicht bemalt wurde. Die rote Farbe war an oberen Brettern schon fast braun, da dieses Blut wahrscheinlich schon älter war. Die Fassade strahlte jedoch erschreckenderweise in rot und kleine Tropfen kullerten herunter. Ich kniff die Augen zusammen und konzentrierte mich darauf nicht umzukippen. Das Dach des Tempels bestand aus reinem Ebenholz und bildete einen starken Kontrast zu den Wänden. Ich bewegte mich an einer Seite des Tempels entlang und liess meinen Blick die Umgebung betrachten. Ich wurde aufmerksam auf kleine Geräusche und hielt kurz an. Mein Herz setzte aus, als ich auf der anderen Seite des Gebäudes Rascheln und Knarren vernahm. Ich hörte wie die Kreatur sich mir näherte, also wich ich rückwärts zurück. Taumelnd trottete ich zurück. Der kalte Schweiss brach in mir aus, als mein Rücken warmer Atem erspürte. Hektisch drehte ich mich um und blickte in die triefenden Augen einer Kreatur dessen Maul von Maden zerfressen war und die Zähne spröde hingerichtet waren. Geifer tropfte vom Eckzahn des drei Kopf grösseren Wesens zu Boden. Ich konnte es nicht länger begutachten, als sein Hals in die Höhe fuhr und mit einer Scherenbewegung nach mir schnappte. Erschrocken wich ich zur Seite und setzte mich in Bewegung. Ich hastete davon, wobei es mich beinahe überschlug und ich stolperte. Die schweren Schritte der Kreatur liessen den Boden erzittern und mein Herz rasen. Mit zittrigen Beinen stand ich erneut auf und hechtete um die Ecke an der ich wieder in etwas hineinstiess. Ich hatte meine Augen zugekniffen und nahm an, dass ich gleich gefressen werden würde, doch ich vernahm nichts. "Zalma!" Ich schaute auf und blickte den eisblauen Augen entgegen, die ich so sehr vermisst hatte. Ehe sich mein Herz richtig freuen konnte, klirrte der schrille Schrei des lebendigen Kadavers durch meine Ohren und ich riskierte einen Blick zurück. Mintox hatte mit seinem riesigen Hammer dem Kopf der armen Kreatur ein Ende gesetzt. Der Körper zuckte zwar immer noch unkontrolliert doch ohne Kopf fiel er zu Boden. Mintox fing seine Atmung wieder und schaute mir in die Augen. "Hallo, Freundin-", er wurde unterbrochen da eine schrille und beinahe heisere Stimme nach mir rief. Sy'kira lächelte von Ohr zu Ohr und sprang mir um den Hals. Wäre Dael nicht hinter mir gewesen um mich zu halten, wären wir wahrscheinlich beide zu Boden gefallen. Verwirrt und überfordert mit der Situation umarmte ich sie leicht und schaute nochmals zu Dael hoch. "Wir wussten doch, dass du irgendwann hier vorbeikommen musstest. Hier befindet sich doch das Zeichen, das wir nie geholt haben.", meinte der Prinz lächelnd zu mir und musterte mich mit einem warmen Blick. Ich verfing mich in seinen Augen und verlagerte mein Gewicht unbewusst auf die Brust des anderen. "Hallo. Wir sind auch noch da.", murmelte Sy'kira gespielt genervt und zog mich vom Prinzen weg. Sie packte mich an beiden Schultern und zwang mich ihr in die Augen zu sehen. "Tu das nie wieder, hörst du? Wir haben uns solche Sorgen gemacht! Dir hätte weiss Gott was passieren können! Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen! Und Dael hat vor Sorge kein Auge zugetan-", Sy'kiras Satz wurde vorzeitig beendet, da Dael ihr einen gefährlichen Blick zuwarf. Verwirrt schaute sie zu ihm und grinste wieder. "Achsoo.... Da hab ich wohl was zuviel gesagt!", kicherte sie beinahe verlegen. Mein Blick fiel auf Mintox nachdem sich eine Stimme hinter ihm geräuspert hatte. Hellbraune Fuchsohren lugten hinterm Rücken des grauäugigen hervor, bevor er sein Gesicht zeigte. "Ganz offensichtlich habt ihr mich wieder vergessen.", beklagte sich der Fuchsjunge und warf Mintox einen vorwurfsvollen Blick zu. Er schnaubte eingeschnappt und bewegte sich zu mir vor. "Dachtest du, du könntest einfach so Mintox' Drachen klauen huh? Wegen dir musste ich mit dem Angeber fliegen! Ausserdem kannste doch nich' einfach so abhauen!", knurrte Kiran und fletschte seine Zähne. Da er sein Gesicht so Nahe zu mir gestreckt hatte, schnippte ich mit dem Finger gegen seine Nase und erschreckte ihn damit. Fast schon augenblicklich hielt sich Kiran die Nase und war hinter Mintox gehopst. "Die da is böse...", murmelte er geärgert. Ich seufzte erleichtert auf: "Freut mich euch endlich wiederzusehen, Leute.", meinte ich lächelnd. 

Die Legende von Zalma (IN ÜBERARBEITUNG)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt