38. Die Wahrheit in den Jahrbüchern

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Gemeinsam saßen sie an diesem Abend nach dem Unterricht, im Gemeinschaftsraum um einen der Couchtische herum, auf dem die Bücher lagen. Victoria, Fred, George, Alicia, Katie, Angelina und Oliver, der direkt neben ihr saß und ihre Hand hielt, während sie ihren Kopf wieder an seine Schulter gelehnt hatte. Stillschweigend starrten sie alle auf die Jahrbücher, als könnten diese sie jeden Moment anspringen. Um sie herum herrschte munteres treiben. Kleinere Gruppen hatten sich zusammengefunden um zu lernen oder sich vor dem zu Bett gehen noch zu unterhalten.

>>Man Victoria! In den Büchern findest du vielleicht deine Eltern!<< brach Fred das Schweigen, der auf dem Boden mit dem Rücken an den Kamin gelehnt saß, in dem ein behagliches Feuer prasselte.

>>Ja, aber mir geht nicht mehr aus dem Kopf was du gesagt hast. Was wenn meine Eltern tatsächlich nie auf Hogwarts waren? Es gibt so viele Schulen! Und wenn sie gar keine Zauberer sind? Vielleicht erwarte ich zu viel von der ganzen Sache...<< nervös nestelte sie an ihrem Medaillon herum.

>>Dann schau rein!<< bekräftigten Angelina sie. >>Wenn du nicht reinschaust wirst du es nie wissen! Und wieso sonst hätte Professor Lupin dir dann seine Bücher geben sollen? Was an sich schon merkwürdig ist...<< fügte sie nachdenklich hinzu.

>>Außerdem hast du doch dieses Medaillon!<< sagte George und deutete darauf. >>Und wenn da tatsächlich hin und wieder ein Schriftzug erscheint, sind deine Eltern ganz bestimmt keine Muggel!<<

>>Lasst Victoria in Ruhe! Wir dürfen sie nicht dazu drängen.<< warf Oliver ein und zog sie schützend an sich. >> Vielleicht braucht sie noch etwas Zeit.<<

>>Nein.<< sagte Victoria klar und blickte in die Runde. >>Ich brauche keine Zeit mehr. Ich mach es. Aber ich muss das alleine tun. Würde es euch etwas ausmachen, mich allein zu lassen?<< >>Kein Problem, wir gehen. Wenn du uns brauchst, weißt du wo du uns findest.<< Die Gruppe stand auf und verließ den Gemeinschaftsraum. Oliver nicht ohne Victoria noch einen kurzen Kuss gegeben zu haben. Victoria sah ihren Freunden hinter her. Wozu hatte sie bloß so gute Freunde verdient?

Hier im Gemeinschaftsraum, konnte sie aber nicht in die Bücher sehen.Viel zu viel Trubel. Sie packte die Bücher in eine Tasche und machte sich auf den Weg hoch in den Astronomie Turm. Dort oben würde sie ungestört lesen können.

Der Vollmond schien in dieser Nacht so hell, dass Victoria fast gar kein zusätzliches Licht ihres Zauberstabs brauchte. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und legte sich das erste Buch auf den Schoß.

Zögernd sah sie sich den Buchdeckel an, auf dem das Schulwappen und das Motto der Schule prangten. Draco dorminens nunquam titillandus. Aber wenn sie doch zu viel erwartete? Was wenn ihre Eltern nie auf Hogwarts waren, sondern auf Beauxbatons, Durmstrang oder vielleicht sogar Ilvermorny?

Entschlossen schlug sie die erste Seite auf, wenn sie zögerte würde sie es nie erfahren. Langsam blätterte sie sich durch die Seiten. Victoria sah die Bilder der Lehrer die zu der Zeit unterrichteten, die Bilder der damaligen Quidditchmannschaften, Fotos von Weihnachtsfesten und Halloweenfeiern und zu guter letzt, die Porträtfotos der einzelnen Schüler. Sie waren unterteilt in Klassenstufen und Häuser. Zuerst die Gryffindors. In den oberen Ecken der Seiten wanden sich rote Ranken um einen brüllenden goldenen Löwen. Unzählige Erstklässler lachten sie aus den Porträtaufnahmen an. An den Bildern von James Potter, Sirius Black und Peter Petigrew waren kleine Sternchen gekritzelt und daneben die Worte meine besten Freunde.

Victoria lächelte. Fast hatte sie vergessen, dass das die Jahrbücher von Professor Lupin waren. Direkt neben den dreien war auch sein Bild. Ein paar der Seiten waren ein wenig verklebt und deshalb öffnete Victoria ein paar Seiten zu weit, den Abschnitt mit den Slytherins. Als einer der ersten Fotos, blickte ein elfjähriger Junge mit langen schwarzen Haaren und dunklen Augen entgegen. Sein Bild stand im Kontrast zu den anderen. Die meisten seiner Hausmitglieder sahen ziemlich selbstgefällig in die Kameras, teils mit ziemlich unheimlichen grinsen, aber er wirkte ziemlich schüchtern.

Victoria ging wieder zurück zu den Bildern der Gryffindors und löste vorsichtig die verklebten Seiten. Es folgten die Seiten mit den Mädchen aus der ersten Klasse. Viele lachende Gesichter sahen zu Victoria auf und manche winkten ihr sogar zu. Sie blätterte weiter und auf einmal sprang ihr das Bild eines Mädchens ins Auge, dass sie hätte selbst sein können.

Erschrocken zog Victoria scharf die Luft ein >>Oh Scheiße!<<

Ihr entgegen blickte ein elfjähriges Mädchen mit langen dunkelroten Haaren und strahlend grünen Mandelförmigen Augen. Unter dem Bildstand der Name Lily Evans. Sie glich Victoria wie ein Ei dem anderen, ausgenommen von den Augen und der Nase.

Victoria verlor keine Zeit und nahm sich gleich das nächste Jahrbuch zur Hand und suchte direkt nach Lily Evans. Und wieder, dieses mal ein Jahr später. Hastig öffnete Victoria Jahrbuch für Jahrbuch auf den Seiten, auf denen sich die Fotos von Lily Evans befanden und legte sie nebeneinander. Victorias Blick huschte von einem Bild zum nächsten. Immer und immer wieder hatte sie das Gefühl, sie würde sich Fotos von sich selbst ansehen. Besonders das Bild aus dem fünften Schuljahr, auf dem man, wenn man es nicht besser wusste, Victoria vermutet hätte.

Halb lachend, halb weinend schlug sie sich die Hand vor den Mund. Die Ähnlichkeit zwischen ihr und Lily Evans war nicht zu übersehen. Das war sie! Das war ihre Mutter! Anders konnte es nicht sein! Auf dem Foto des Abschlussballs, sah sie genauso aus wie in Victorias Träumen...

Nochmal sah Victoria sich die einzelnen Bilder an und erst jetzt fiel ihr die Kette auf, die Lily seit ihrem ersten Jahr in Hogwarts um den Hals trug. Auf fast allen Bildern trug sie das goldene Medaillon, das nun um Victorias Hals baumelte. Unbewusst schloss Victoria die Faust darum.

Aufgeregt sah sie sich alle Bücher durch, auf der Suche nach weiteren Vermerken über Lily. So fand sie heraus, dass ihre Mutter Schulbeste war und unzählige Auszeichnungen für ihre hervorragenden Leistungen und Verdienste rund um ihr Haus erhalten hatte. Glücklich betrachtete Victoria ein Bild was Lily Evans auf der Weihnachtsfeier eines gewissen Professor Slughorns, der damals das Fach Zaubertränke unterrichtete, zeigte. Die darauf abgebildeten Personen prosteten ihr lachend zu.

Victoria lachte und weinte zugleich. Sie konnte es kaum glauben! Sie hatte tatsächlich rausgefunden wer ihre Mutter war!

Vor Aufregung zitternd durchsuchte sie die Seiten nach einem Bild auf dem Lily vielleicht mit jemandem zusammen abgebildet war, bei dem es sich vielleicht um ihren Vater handeln konnte. Fast hätte sie dabei einige der Seiten zerrissen.

Bald wurde sie fündig. Es zeigte Lily, wie sie mit James Potter auf dem Weihnachtsball ihres letzten Schuljahres tanzte und erst jetzt fiel es Victoria wie Schuppen von den Augen. Lily Evans hatte James Potte rgeheiratet und war seit zwölf Jahren tot, umgebracht von Lord Voldemort in der Halloween Nacht 1981...

Victoria schluckte und eine Welle der Enttäuschung überrollte sie. Jetzt hatte sie ihre Mutter gefunden und gleichzeitig erfahren, dass diese seit Jahren tot war.

Aber etwas war unlogisch... Wenn Lily Potter ihre Mutter war, konnte James Potter doch nicht ihr Vater sein, das wäre doch sonst bekannt? Und wieso hätte sie dann weggegeben werden müssen? Und auch die Augen und die Nase stimmten nicht. Victoria glich Lily in allen äußeren Merkmalen, bis auf die Augen und der Nase. Aber James Potter hatte eine eher runde Nase und braune Augen gehabt, während Victoria eine eher spitzere Nase und schwarze Augen hatte. Und auch ihre Haut war wesentlich heller, als die von Lily und James. Also konnte er es nicht sein! Also wer war ihr Vater? Soweit Victoria wusste, gab es keinen anderen außer James Potter, mit dem Lily damals zusammen gewesen war, aber ihr Wissen über die Familie Potter beschränkte sich auch nur auf diese Halloweennacht.

Victoria raffte die Bücher auf und lief die schmale gewundene Treppe hinunter.

Lily Potter mochte tot sein, aber vielleicht hatte sie Glück und ihr Vater lebte noch! Und wenn jemand wusste, wer er gewesen sein könnte, dann Dumbledore! Er kannte die Potters und es musste einen Grund geben, warum Victoria damals weggegeben wurde.

The Halfblood-PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt