Kapitel 17

147 5 0
                                    

Ein weiterer warmer Sommertag neigte sich schon fast dem Ende zu, als ein schwarzes Motorrad von seinem Fahrer auf die Auffahrt zu einem einsamen Haus gelenkt wurde.
Er lauschte dabei einem alten Song von Creedance Clearwater Revival; "Green River".


Die Auffahrt führte leicht bergauf und war von Apfelbäumen gesäumt, die in regelmäßigen Abständen die schmale Straße beschatteten.
Direkt hinter den an weißen Zäunen gepflanzten Bäumen, erstreckte sich viele Hundert Meter nur saftig, grünes Gras.
Das Haus selbst schien seine besten Jahre hinter sich zu haben. Es war in einem mittleren, schon etwas ausgeblichenen Grünton gestrichen und hatte, einstmals weiße, Fensterläden.
Selbst von Weitem konnte man die notdürftigen Ausbesserungen an der Fassade erkennen. Dort war das Grün ein anderes.
An einigen Stellen des Hauses, wie auch vom Namensschild, auf dem man kaum noch den Namen „C.B Sanders" lesen konnte, blätterte bei näherem Hinsehen bereits die Farbe ab.
Aber weder diese Details des Hauses noch die Schönheit des umliegendes Landes interessierten den Motorradlenker.
Allein was am Ziel der Reise wartete, war von Bedeutung.
Da der Motor der Maschine laut vor sich hin bollerte und die restliche Umgebung außer Vogelgezwitscher keinen Laut von sich gab, war es kein Wunder, dass auf der Veranda des Hauses bald eine Gestalt erschien, kurz nachdem das störende Monstrum in die Auffahrt eingebogen war.
Das Motorrad hielt direkt vor der Veranda.
Der Motor erstarb.
Der aufgewirbelte Staub legte sich und wieder war die geschätzte Ruhe eingekehrt.
Doch trotzdem war etwas anders als vorher.
Der Fahrer stieg ab, aber der ältere Mann auf der Veranda machte keine Anstalten ihm entgegen zu gehen.
Es war fast so, als hätte der Mann auf seinen Gast gewartet.
Die Gestalt, die eben vom Motorrad gestiegen war, nah den Helm ab und ging auf den älteren Mann auf der Veranda zu.
Halblange, rotblonde Locken fielen auf die staubbedeckte schwarze Wax-Cotton Jacke.
Als die beiden sich gegenüber standen, entgegnete der Mann, „Gut, dass du endlich da bist, Valerie. Ich habe schon lange auf dich gewartet. Zu lange."
Er drehte sich ohne weiteren Kommentar um und ging ins Haus zurück.
Valerie folgte ihm in die Kühle des Hauses. Die alten Holzdielen knarrten unter ihren Motorradstiefeln.
Hinter der Eingangstür führte ein schmaler Gang mit je zwei Türen zur Rechten wie zur Linken zu einer ebenso schmalen Treppe in das obere Geschoss.
Der Mann war durch die erste Tür auf der rechten Seite gegangen.
Absichtlich hatte er sie offen gelassen, denn hier befand sich das Wohnzimmer, in dem er auf sie wartete.
Eine dunkle Blumentapete mit einem schon leicht verblichenen Jugendstilmuster zierte die Wände.
Auch die Möbel machten auf Valerie den Eindruck, als hätte sich in diesem Haus seit gut 100 Jahren nichts verändert.
Selbst die Luft schien noch die selbe zu sein. Verbraucht und staubig.

Der Mann setzte sich auf ein ausgeblichenes altes Sofa unter dem Fenster und deute auf einen Sessel ihm gegenüber.
Nach der Fahrt tat es ihr gut, sich in die bequemen Polster fallen zu lassen. Erst jetzt sah sie, dass etwas auf dem Tisch stand.
Zwei Teetassen, eine Kanne mit Tee, beides aus edlem Porzellan, Zucker, Milch und ... ein Brief.
Ihr Gastgeber griff nach der Kanne und goss Tee in beide Tassen. In seine Tasse ließ er nur etwas Zucker gleiten.
Er sah sie auffordern an.

„Was ist das für Tee?", wollte sie wissen.

„Earl Grey, meine Liebe."
Er sprach mit einem eigentümlichen Akzent.

„Mein Lieblingstee", antworte sie verwundert.

Auch sie nahm etwas Zucker, aber auch Milch durfte in ihrem Tee nie fehlen.
Sie genoss den ersten Schluck des wunderbaren Tees, als wäre er aus purem Gold.
Aber genauso wertvoll war er auch für sie, da er süße Erinnerungen an Zuhause weckte.
Ein Zuhause, das nun nicht mehr existierte.
Sie starrte wie gebannt in ihre Teetasse, ganz so, als könne sie in der golden Flüssigkeit ihr Vergangenheit wieder finden. Oder die Antworten auf all die Fragen, die sie schon so lange beschäftigten.
Der Mann ihr gegenüber brach als erster das Schweigen.

„Entschuldige bitte. Ich habe mich noch gar nicht offiziell vorgestellt. Mein Name ist Constantin Blackmon Sanders. Aber wie bereits erwähnt kannst du mich einfach C.B. nennen.
Das machen doch die jungen Leute heute so .. Abkürzungen verwenden."

Valerie ging auf diese Anspielung nicht ein. Ihr war der Mann suspekt.
Auch wenn er im Moment anscheinend der Einzige war, der etwas Ordnung in das Chaos bringen konnte.
„Meinen Namen kennen sie ja offensichtlich schon", antwortete Valerie etwas säuerlich.

„In der tat, das tue ich. Und noch mehr", entgegnete Constantin kryptisch.
„Bevor ich dir bei deiner Suche nach einem Heilmittel für deinen ... Freund helfen werde, möchte ich dich bitten, diesen Brief zu lesen. Er ist von deiner Tante Marie und wird vieles erklären."

Wie er das Wort "Tante" betonte, kam ihr ziemlich eigenartig vor.
Was soll das nun wieder bedeuten?

Sie ergriff zögerlich den Brief, auf dem ganz eindeutig in der Handschrift ihrer Tante in großen Lettern ihr Name stand.
Constantin stellte seine Teetasse ab und erhob sich vom Sofa.

„Damit lasse ich dich besser allein."

Er verließ das Zimmer.
Kurze Zeit später hörte man, wie die Eingangstür ging.
Als sie aus dem Fenster blickte, konnte sie sehen, dass er es sich auf der Veranda in einen Schaukelstuhl gesetzt hatte.
Sie wusste, er würde dort warten, bis sie fertig war. All seine Äußerungen im Zusammenhang mit diesem Brief deuteten an, dass er um den Inhalt wusste.

Mit zitternden Händen öffnete sie den Umschlag.
Ein Duft von Rosen und Lavendel strömte ihr entgegen. Der Lieblingsduft ihrer Tante.
Sie begann zu lesen.

Mein liebes Kind - denn das bist du für mich geworden über die Jahre - ,
wenn du das liest, bin ich nicht mehr und mein guter Freund Constantin hat dir diesen Brief übergeben.
Ich weiß nicht recht wo ich anfangen soll! Es ist so schwierig für mich nun über die Dinge zu reden, vor denen ich dich all die Jahre versucht habe zu beschützen und die ich vor dir verheimlichen musste.

Aber vielleicht sollte ich einfach am Anfang beginnen.
Ich bin nicht deine Tante. Ich bin nicht mal mit dir verwand. Ich bin nicht einmal das, was man einen „normalen" Menschen nennen würde, denn ich bin eine Hexe.
Deine wahren Eltern habe ich nie gekannt. Sie sind schon lange tot, wenn sie auch nicht bei einem Autounfall ums leben gekommen sind, so wie ich es dir erzählt habe.
Oder besser gesagt erzählen musste.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke ist eigentlich nichts wirklich so, wie ich es dich habe glauben lassen und das tut mir nicht nur jetzt, wo ich diese Zeile schreibe, unendlich leid.
Es hat schon seit vielen Jahren mein Gewissen belastet.
Deine leibliche Mutter starb bei deiner Geburt, dein Vater bereits lange vorher. Du bist nicht das Kind ihrer Liebe, sondern das Resultat eines lange währenden Plans.
Nach deiner Geburt wurde ich dazu bestimmt, dich bis zu deinem 16. Lebensjahr zu beschützen. Danach solltest du selbst in der Lage sein für dich zu sorgen, denn in dir vereinen sich zwei widerstrebende Blutlinien.

Zum einen die der Halbengel, die auch Nephilim genannt werden und die der Halbdämonen.
Nur ein ganz besonderes Kind konnte diese Erbanlagen in sich tragen und überleben. Dieses Erbe machte dich zu einer potentiellen Waffe für das Böse.
Der ganze Plan wurde von einem hochrangigen und mächtigen Dämon bereits vor sehr langer Zeit ersonnen und sollte ihm zu uneingeschränkter Macht verhelfen. Macht über die Hölle, die Menschheit und den Himmel.
Du solltest der Schlüssel dazu sein.
An deinem 16. Geburtstag sollten sich deine Kräfte voll entfalten und du zum mächtigsten Werkzeug dieses Dämons werden. Welche Kräfte genau du entwickeln solltest, weiß ich bis heute nicht.
Es wird wohl auch auf Ewig ein Geheimnis bleiben, da der Dämon, der für dies alles verantwortlich ist, nicht mehr existiert.
Zuerst war es für mich nicht mehr als ein „Job", ein ungewöhnlicher zwar, aber ein Job. Doch über die Jahre bist du mir wie ein eigenes Kind ans Herz gewachsen.
Aus diesem Grund hatte ich auch beschlossen dich nicht diesen Dämonen zu überlassen.
Also überlegte ich mir eine List. Da wir uns nicht vor ihnen verstecken konnten, machte ich dich für sie uninteressant.
Einige Jahre vor deinem Schicksal bestimmenden Geburtstag begann ich damit dir jeden Tag eine Tasse besonderen Tee zu geben.

Du erinnerst dich vielleicht noch. Er war bitter und du hast ihn gehasst. Ich sagte dir er sei gut für dich und würde dich gesünder machen. Nun, in gewisser Weise stimmte das auch.
Dieser Tee und einige andere Dinge, von denen du vielleicht noch von Constantin hören wirst, unterdrückten die Entwicklung deiner Kräfte. So kam es, wie ich es geplant hatte.
Die Abgesandten des Dämons, die dich an deinem Geburtstag mitnehmen wollten, merkten, dass du nutzlos für sie warst.
Eigentlich wollten sie dich töten, aber ich überzeugte sie, es nicht zu tun. Sie ließen dich also bei mir, denn für sie war das Experiment gescheitert.
Ab diesem Zeitpunkt lebten wir ein ruhiges und friedliches Leben, wie du weißt.
Bis ich vor ungefähr einem halben Jahr bemerkte, dass sich in unserer Umgebung etwas seltsames tat.
Zu erst fühlte ich mich nur einmal während unseres monatlichen Besuchs in Metz beobachtet.
Vielleicht erinnerst du dich noch? Du hattest mich gefragt, ob etwas nicht in Ordnung sei.
Dann später, bei einem weiteren Besuch verstärkte sich dieses Gefühl.
Ich forschte nach, ließ meine alten Verbindungen spielen und erfuhr, dass uns jemand aufgespürt hatte.
Aber es waren keine Dämonen, denn die hätte ich schon lange vorher gespürt.
Es waren Menschen, die uns gesucht und gefunden hatten. Aber warum? Auf jeden Fall konnte es nichts Gutes bedeuten.

Aus diesem Grund kontaktierte ich meinen alten Freund Constantin, schickte ihm meine wertvollsten Bücher und gab ihm Instruktionen für den Fall der Fälle.
Da ich dich ja nun nicht in deinem Zimmer einschließen konnte, musste ich jemanden finden, der auch auf dich aufpassen konnte, wenn ich nicht da war.
Hier kam dann Eric ins Spiel.
Er wurde mir als ein guter Hexer von Freunden empfohlen. Ich weiß, du wirst es mir nicht verzeihen, aber zuerst sollte er dich wirklich nur beschützen.
Dass sich daraus mehr entwickelte, war nicht geplant. Aber ich war glücklich, weil er dich glücklich machte.
Vor wenigen Wochen merkte ich nun, dass sich der Kreis unserer Verfolger enger um uns schloss.
Ich beschloss dich und Eric aus der Schlusslinie zu schaffen. Deshalb die Reise in die USA.
Sollte das Schlimmste geschehen, hättest du immer noch Eric und Constantin, die dich beschützen würden. Ein Schutz ist auch das Amulett, dass du schon seit Kindertagen um den Hals trägst.
Nach den letzten Vorkommnissen hatte ich es noch zusätzlich mit speziellem Wissen versehen. Vorher war es ein reines Schutzamulett.
Constantin kann dir dazu mehr erzählen.
Es gibt noch so viel was ich dir sagen will, aber die Zeit drängt.

Ich möchte nur, dass du folgendes weißt: ich liebe dich wie mein eigens Kind, aber ich habe immer befürchtet, dass uns irgendjemand einmal aufspürt.
Deshalb habe ich dich auch immer dazu ermutigt, dass zu tun, was du wirklich wolltest. Sei es das begonnene Kunststudium, die Ausbildung als Graphikerin , der Job im Tattoo-Studio oder das Motorrad fahren.
Irgendwie habe ich wohl immer geahnt, dass deine Herkunft dich irgendwann einholen würde.
Bis dahin solltest du aber alles in vollen Zügen genießen können. Dafür wollte ich sorgen.
Egal wie sehr wir uns auch bemühen, es wird da draußen immer jemanden geben, der dich nicht in Ruhe lassen wird. Aber das sollte kein Grund sein aufzugeben. Es gibt immer mehr als einen Weg, mein Kind.
Du musst ihn nur finden. Ich bin sicher du schaffst das.
Dabei werden dich Eric und Constantin unterstützen. Ich bitte dich aber inständig, vertrau sonst niemanden.
Keinen Dämonen und erst recht keinen Engeln. Auch, wenn du mit ihnen verwand bist.
Aber trau auch keinen Menschen, denn unter ihnen gibt es eine besonders gefährliche Gruppe: Die Jäger.
Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Wesen wie dich und mich und die vielen anderen, die es noch da draußen gibt, zu jagen und zu töten.
Sie unterscheiden nicht ob gut oder böse. Alles, was nicht Mensch ist wird getötet.
Einer dieser Jäger war uns damals schon einmal zu nah gekommen.
Du erinnerst dich vielleicht an den Autounfall damals, als Helene getötet wurde? Ein anderes Auto hatte euch auf dem Rückweg von der Schule von der Straße abgedrängt.
Helene's Wagen hatte sich überschlagen und du wurdest schwer verletzt.

Das ist zumindest dass, was ich dir erzählt habe.
Die Wahrheit ist, dass dieser Jäger das Auto absichtlich abgedrängt und dich lebensgefährlich verletzt hatte. Mit einem Messer aus Oliverholz hatte er versucht dich zu töten.
Normalerweise wäre ihm das auch gelungen, aber das Amulett und mein Wissen retteten dein Leben.
Daher hast du auch die Narbe in Höhe deines Herzens.
Wir sind damals nach diesem Vorfall von dort weggezogen und haben einen anderen Namen angenommen, um diesen Jäger in seinem Glauben zu lassen, er hätte seine Arbeit erledigt.
Mit den meisten Jägern würdest du auch jetzt schon, dank des Amulettes, fertig werden, aber es gibt unter ihnen zwei Brüder, die wirklich, wirklich gut sind.
Einer der beiden bezeichnet sich auch gern, eingebildet wie er ist, als den besten Jäger auf dem Planeten. Leider trifft das auch so ziemlich zu.
Die beiden vor denen ich dich hiermit ausdrücklich warne sind Sam und Dean Winchester.
Also mach einen großen Bogen um Jäger im Allgemeinen und die Winchesters im Besonderen.
Auch wenn du ausnahmslos allen Jägern irgendwann gewachsen sein wirst, bitte ich dich, halte dich fern von ihnen allen und wiederum von den beiden Brüdern besonders, denn diese haben einen Engel auf ihrer Seite.
Und das ist nicht bildlich gemeint.
Du weißt, ich kenne dich. Komm also bloß nicht auf die Idee, nach so langer Zeit noch Nachforschungen anzustellen, damit du Rache nehmen kannst für den Anschlag auf dein Leben.
Du lebst und das ist alles was zählt!

Bestimmt fragst du dich nun, wer du jetzt eigentlich bist? Engel, Dämon, Monster?
Nun keins von alldem.
Und alles von alldem.
Du bist immer noch die selbe aufrichtige, mitfühlende und gerechte Valerie, die du schon immer warst und die du immer bleiben wirst.
Nichts in dir selbst hat sich geändert. Nur die Umstände haben sich verändert.
Aber mit Constantin's und Eric's Hilfe wirst du auch das meistern.
Du wirst dich anpassen. Vertrau mir.
Lebe einfach ein ruhiges und friedliches Leben, so lange es dir vergönnt ist.
Egal was kommt, ich werde immer bei dir sein.

Adieu

Marie


Valerie faltete den Brief bedächtig wieder zusammen.
Eine Träne rann ihre Wange entlang und fiel auf das Papier.
Sie legte den Brief ihrer Tante - nein, Marie's - zurück auf den Tisch und lehnte sich im Sessel zurück.
Ihr Blick wanderte zum Fenster.
Dort draußen kündigte das golden werdende Licht den nahen Sonnenuntergang an.
Vogelgezwitscher und das Summen einiger Insekten drang durch das halb geöffnete Fenster.
Die Blätter der Apfelbäume wiegten sich im Wind.
Alles war so friedlich und ruhig dort draußen.
In ihrem Inneren hingegen herrschte Aufruhr und Chaos.
In den letzten Tagen hatte sie schon so viel erlebt, so viel über sich selbst erfahren, was sie nie für möglich gehalten hätte.
Bis eben war sie noch ein ganz normaler Mensch.
Jetzt wusste sie, dass sie wohl so etwas wie ein Monster, ein Freak war!
Marie hatte es richtig vorhergesagt. Genauso sah sie sich jetzt.
Als eine lebende und atmende Abartigkeit. Gezüchtet, nur um Chaos und Verderben zu bringen.
Um einem Dämonen zur absoluten Macht zu verhelfen.
Aber andererseits fühlte sie sich immer noch wie vor einer Stunde.
Bis vor kurzem - bis vor dem Telefonat mit Jean-Luc - hatte sie auch wirklich noch fest daran geglaubt, dass dieser Alptraum bald ein Ende haben würde.
Das sie bald einfach wieder nach Hause würde fahren können zu Marie und ihren Freunden.
Bis vor ein paar Tagen hatte sie nicht einmal geahnt, dass es so etwas wie Dämonen, Hexen und Engel überhaupt gab.
Nun wusste sie unwiderlegbar um deren Existenz und auch, dass es nichts mehr gab, zu dem sie nun noch zurück kehren konnte.
Dass die Einzigen, zu denen sie bis jetzt wenigstens etwas vertrauen gefasst hatte, angeblich zu ihren größten Feinden zählten.
Ihr ganzes Leben schien ihr aus den Händen zu gleiten, wie Wasser, das durch die Finger rinnt, egal wie fest wir die Faust auch schließen.
Marie hatte ihr geschrieben, sie könne nur Eric und Constantin vertrauen, aber Eric war tot und Constantin - C.B. wie er genannt werden wollte - kannte sie nicht gut genug, um sich ein
Urteil über ihn zu bilden, geschweige denn, ihm zu vertrauen.
Irgendwie kam ihr der Mann eigenartig vor.
Sollte sie denn wirklich ihr Versprechen Bobby gegenüber brechen und Dean nicht helfen, weil er ein Winchester war?
Ihn einfach sterben lassen und das auch noch durch die Hand eines Freundes oder sogar seines eigenen Bruders?
Er hatte während des Kampfes ihr Leben gerettet.
Letztendlich würde er durch ihre Schuld umkommen, wenn sie nicht mit einem Heilmittel zurück kehrte.
Was, wenn die drei in der Zwischenzeit heraus gefunden hatten, was sie wirklich war, warum die Dämonen hinter ihr her waren?
Könnte sie ihnen dann noch vertrauen?
Würden sie ihre Hilfe annehmen, nur um sie dann zu töten, damit sie nicht in die Hände der Dämonen fiel? Ihre Tante - Marie - hätte es ihnen unbesehen zugetraut.
Es waren immerhin Jäger und Winchesters obendrein!
Aber Marie war nicht mehr hier und sie musste ihre eigenen Entscheidungen treffen.
Ihr Leben, ihre Entscheidungen!
Wahrscheinlich hätte sie ihr für die, die sie eben für sich gefällt hatte, eine ordentliche Gardinenpredigt gehalten. Da war sie sich sicher.
Ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre Lippen.
Sie erhob sich langsam aus dem Sessel, atmete tief durch und verließ das Wohnzimmer.
An der Tür zur Veranda hielt sie kurz inne.
War es wirklich die richtige Entscheidung, die sie jetzt getroffen hatte?
Sie konnte es nur hoffen.
Irgendwann würde sie es vielleicht wissen, aber den eingeschlagenen Weg würde sie nicht verlassen.
Das wusste sie nun mit Bestimmtheit.
Ein Zurück gab es nicht mehr.
Nie wieder.

Sie trat auf die Veranda hinaus, in das dunkelrote, fast schon blutrote Licht der Sonne.
C.B., der es sich auf einem der altersschwachen Schaukelstühle gemütlich gemacht hatte, sah sie neugierig an.
„Und?"

„Danke für den Brief."
Sie schluckte, denn ihre nächsten Worte, würden nicht das sein, was er erwartet hatte.

Er ahnte es, denn er erwiderte, „Aber...?"

„Ich werde nur so lange bleiben, bis wir ein Heilmittel für meinen ... Freund gefunden haben. Dann werde ich wieder gehen. Ob ich danach zurück kehre, weiß ich noch nicht."

Constantin wirkte traurig.
„Ich habe befürchtet, dass du dich so entscheidest. Aber Marie hatte mich vorgewarnt, es würde nicht leicht werden, dich zu überzeugen, wenigstens das Grundlegendste über deine Fähigkeiten zu erfahren.
Denn auch ich werde dich nicht immer beschützen können."
Er erhob sich.
„Es wird bald dunkel. Lass uns reingehen und etwas essen. Morgen werden wir mit der Suche nach einem Heilmittel beginnen."

SeelenFeuer - The Beginning || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt