Kapitel 15

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Es war noch sehr früh am Morgen, die Sonne war kaum aufgegangen, als Valerie vom Dachboden hinab stieg. Bobby saß, wie immer in den letzten Tagen, an dem großen Tisch in der Küche und brütete über den Büchern.
Sie ging, ohne ein Wort an ihn zu richten, zu ihm in die Küche.
In die anfängliche große Hoffnung war immer mehr Resignation eingeflossen.
Valerie wusste, dass er nicht mehr geschlafen hatte, seitdem die beiden Brüder gefahren waren.
Entweder studierte er Bücher oder telefonierte von einem speziellem Telefon mit irgendwelchen Leuten aus seinem Notizbuch.
Einige davon erreichte er gar nicht, ein paar wollten nicht mal mit ihm reden und legten sofort auf, als sie merkten, wer da am anderen Ende war und der Rest hatte keine Antworten für ihn.
Sowohl Bobby als auch Valerie lief die Zeit davon.
Sie hatte in den letzten Tagen in mühsamer Kleinarbeit, alle Zutaten für den Zauberspruch beschafft.
Zu Anfang hatte sie noch gedacht, es würde nicht sehr schwer werden, da es nicht besonders ungewöhnliche Bestandteile waren - eher so etwas wie Küchenkräuter im weitesten Sinne - aber diese
in aller Heimlichkeit während der fast ständigen Beobachtung durchzuführen war doch etwas zeitraubender, als sie anfangs gedacht hatte.
Doch nun endlich war die Mixtur fertig.
Sie musste es nur noch in den Kaffee geben, den Spruch aufsagen und schon würde Bobby für einige Stunden tief und fest schlafen.
So war jedenfalls der Plan.
Diese neue Freiheit würde ihr dann die längst überfällige Möglichkeit geben den Mann zu treffen, der anscheinend so viel über sie wusste.
Sie hoffte auch, das dort wie versprochen ein Heilmittel für Dean zu finden sei. Immerhin war sie an seinem Zustand schuld.
Valerie nahm sich eine Tasse aus dem Regal über der Spüle und goss sich einen Kaffee ein. Sie sah, dass die Tasse neben Bobby leer war.
Die Kanne noch in Händen fragte sie, „Willst du auch noch einen?"
Bobby gab nur ein Brummen von sich. Das sollte wohl ein „Ja" sein.
Unauffällig gab sie die Kräuter in die Kanne und goss dann Bobby von dem Kaffee ein.
Dieser griff ohne aufzublicken direkt nach der nun wieder vollen Tasse und leerte sie mit einem einzigen Zug.
Valerie setzte sich ihm gegenüber an den Tisch.
Doch statt sich auch ein Buch zu nehmen und weiter zu suchen, so wie die letzten Tage, saß sie einfach nur da und starrte ihn an.
Das machte ihn stutzig.

Er sah erst sie an und dann fiel sein Blick zufällig in die Tasse. Dort waren noch Reste der Kräuter am Boden zu sehen.
Nach einem kurzem Augenblick des Nachdenkens begann er eins und eins zusammen zu zählen.
„Was hast du getan?"
Er wollte aufstehen, aber seine Beine versagten ihm bereits den Dienst.

„Es tut mir Leid, Bobby. Wirklich", versuchte sie ihm zu erklären.

Aber ihr Gegenüber blickte sie nur verständnislos und zornig an.
„Ich dachte wirklich, ich könnte dir vertrauen! Interessiert es dich denn gar nicht, was aus Dean wird? Wer soll ein Heilmittel finden, wenn ich tot bin?", fragte er verzweifelt.

Sie sah ihn entsetzt an.
„Was denkst du eigentlich von mir? Du wirst doch daran nicht sterben. Nur ein paar Stunden tief und fest schlafen!
Aber bevor das passiert, möchte ich, dass du folgendes weißt: auch mir liegt Dean's Wohl am Herzen und ich werde eine Möglichkeit finden, ihm zu helfen. Das muss ich aber allein schaffen.
Bitte Bobby, sag den beiden, dass ich wieder kommen werde."

Bobby, der anscheinend allein schon von den Kräutern benebelt war, nickte nur stumm.
Valerie hoffte, er hätte verstanden und würde sich auch daran erinnern, denn jetzt war die Zeit gekommen, den Zauber mit dem Spruch, den sie auswendig gelernt hatte, zu aktivieren.
Es war kein besonders langer Zauberspruch.
Eigentlich waren es nur ein paar altertümliche Worte, aber kaum hatte sie geendet, schlug auch schon Bobby's Kopf auf dem Tisch auf.
Weil sie nicht wusste, wann die beiden Brüder wieder kommen würden, deckte sie den Jäger mit der Wolldecke vom Sofa zu und schob ihm eines der Kissen unter dem Kopf.
Sie hatte am eigenen Leib erfahren, dass die Nächte hier oben selbst im Sommer wirklich kalt werden konnten.
Hastig holte sie ihre bereits gepackten Taschen und den Rucksack vom Dachboden.
Sie war schon fast aus der Tür der Hütte raus, als sie einer inneren Eingebung folgend, noch einmal kehrt machte.
Sie schnappte sich einen Stift und ein Stück Papier vom Tisch. Darauf schrieb sie in großen Buchstaben „SORRY" und legte es gut sichtbar auf den Tisch direkt vor Bobby's Nase.
Es ist wirklich Zeit sich auf den Weg zu machen, dachte sie.

Die Kühle des noch jungen Morgens umfing sie, als sie zu ihrem Motorrad ging.
Die aufgehende Sonne tauschte alles in ein freundliches, goldenes Licht.
Trotzdem war es noch so kalt, dass sie ihren Atem sehen konnte.
Sie schloss die Jacke, klappte den Kragen hoch, bevor sie mit klammen Fingern die Taschen an dem mit Tau bedeckten Motorradheck befestigte.
Mit Hilfe des Navigationssystems ihres Handy's hatte sie sich schon vor einigen Tagen - als sie kurz Empfang hatte - den ersten Teil der Strecke errechnen lassen und eingeprägt.
Wenn sie in der Nähe ihres Ziels war, würde sie einfach auf altmodische Art und Weise den Rest des Wegs finden.
Mit einer Karte oder einfach durch Fragen.
Ab sofort musste sie ihr GPS deaktiviert lassen, damit man sie nicht aufspüren konnte. Sam hätte bestimmt als erstes daran gedacht.
Aber zum Glück hatte sie ein gutes Gedächtnis und die Strecke war nicht allzu kompliziert.
Die paar Stunden Fahrt waren nichts gegen das, was sie bereits hinter sich gebracht hatte.

Nachdem sie Helm und Handschuhe angezogen hatte, startete sie mit einem Gemisch aus Zuversicht und Zweifel den Motor ihrer Maschine und machte sich auf den Weg.
Da sie nie ohne Musik fuhr, hatte sie auch jetzt den MP3-Player ihres Handy's aktiviert.
Er war wie immer auf Zufallswiedergabe gestellt.
Ein altes Lied von AC/DC erklang.
Es hieß „TNT".

SeelenFeuer - The Beginning || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt