Kapitel 21

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Während der ganzen Fahrt zu Bobby's altem Haus in Sioux Falls rief sie sich immer wieder das Gelernte ins Gedächtnis, spielte immer wieder die verschiedenen Szenarien durch.

Die letzten Stunden vor ihrer Fahrt hatte sie mit ihrem Lehrer im Keller des Hauses verbracht.
Dort hatte sie den Spruch auswendig gelernt und wurde in die richtige Handhabung der verschiedenen Zutaten eingewiesen.
Da es analog der vier Elemente auch vier Elementargeister gab, befanden sich in dem kleinen, mit filigranen Intarsien verzierten Sandelholzkästchen, welches jetzt gut verpackt in ihrem Rucksack ruhte, vier verschiedene Fläschchen.
Jedes enthielt ein anders farbiges Pulver.
Ein braunes für den Erd-Elementar, ein blaues für den Wasser-Elementar, ein weißes für den Luft-Elementar und ein rotes für den Feuer-Elementar.
Auch gab es für jeden einen anderen Spruch, mit dem er, nachdem er gebannt worden war, in den Dolch zurück geschickt werden konnte.
Da es sich hier um einen uralten Zauber handelte, konnte sie nur allein mit ihrer neu entdeckten Kraft nichts ausrichten. Ihrem Lehrer nach, war dies bei allen mächtigen alten Zaubern so.
Würde man diese allein mit seiner Kraft brechen oder wirken wollen, würde man sterben.
Dafür reichte die Energie eines Sterblichen, egal wie mächtig, einfach nicht aus.
Jetzt wusste sie auch, dass es noch drei weitere Gegenstände gab, in denen sich Elementargeister befanden. Außer dem Dolch, beherbergten auch noch ein Stab, ein Kelch und ein Pentakel je einen Elementargeist.
Niemand wusste aber genau wo sich diese Relikte befanden.
Es war nur bekannt, dass es sie gab und das sie sehr mächtig waren.
Von wem und wann diese Erschaffen worden oder welchem geheimnisvollen Zweck sie dienten, war anscheinend in den Wirren der Zeit verloren gegangen.
Was aber bekannt war, war das von allen Elementargeistern der des Feuers der mächtigste und gefährlichste war.

Beide hofften, dass es nicht dieser Geist war, der dem Dolch innegewohnt hatte und nun in Dean sein Unwesen trieb und immer weiter wuchs.
Diesen wieder in die Waffe zurück zu verbannen würde Valerie bis an ihre Grenzen führen, möglicherweise sogar darüber hinaus.
Schenkte man allerdings auch in diesem Punkt ihrer Vision glauben, so würde es genau eben dieser Elementargeist sein, den sie würde bekämpfen müssen.

Neben all den ganzen Instruktionen hatte sie allerdings auch einige hilfreiche Tipps von ihrem Lehrer erhalten, die ihr möglicherweise helfen konnten diese schwere Aufgabe zu bewältigen.
Aber leider waren es nicht mehr als wage Vermutungen, deren Wahrheitsgehalt sie hoffentlich nicht prüfen musste.

* * *


Nach Stunden der Fahrt über die nächtlichen Highways erreichte sie im Morgengrauen Singer's Schrottplatz.
Das Tor stand weit offen.
Ohne anzuhalten lenkte sie ihr Motorrad hindurch und hielt auf das ausgebrannte Haus zu, in dessen Keller sie die beiden Winchester-Brüder und Bobby Singer wähnte.

Schon bei der Einfahrt bemerkte sie, dass es auf dem nun verlassenen Schrottplatz immer noch nach einer Mischung aus Öl, Benzin, rostendem Metall und nasser Erde roch.
Aber seit einiger Zeit hatte auch die Natur wieder damit begonnen sich ihr Terrain wieder zu holen, denn überall spross Unkraut in die Höhe.

Während ihrer Fahrt über den Platz bemerkte sie, dass einige alte Autos fast komplett von Pflanzen umschlossen waren.
Doch nichts deute auf die Anwesenheit der drei hin.
Sie konnte Dean's Impala nirgends entdecken.

Suchend zog sie deshalb weiter ihre Kreise über den verlassenen Schrottplatz.
Sie hatte gerade begonnen, an ihrer Wahl des Ortes oder des Zeitpunktes zu zweifeln, als sie doch noch gut versteckt, halb hinter einem schon fast zugewachsenen Schuppen verborgen, Dean's „Baby" erblickte.
Ohne weitere Zeit zu verlieren, stellte sie ihr Motorrad neben Dean's Wagen ab, ließ die Taschen wo sie waren und machte sich nur mit dem Rucksack bewaffnet auf den Weg zur Kellerluke.

Glücklicherweise erwies sich ihre Vision auch hier als zuverlässige Quelle, denn sie befand sich genau an dem Platz, an dem sie sich befinden sollte.
Mit klopfendem Herzen und voller Furcht hob sie die vom Feuer geschwärzte Luke an.
Diese ließ sich, im Gegensatz zu ihrer Vision, ohne jede Anstrengung anheben.
In diesem Moment fiel der erste Strahl der Sonne direkt in den nun offenen Zugang.
Erleichtert sah sie, dass aus dem Keller ebenfalls Licht fiel.
So beleuchtet fiel es ihr nicht schwer, die steile Treppe hinunter in den Keller zu steigen.
Kaum in dem stickigen Raum angekommen und nur wenige Meter gegangen, spürte sie auch schon eine Präsenz hinter sich.
Sie blieb stehen und hob beschwichtigend die Hände.
Sie war sich sicher, dass es Bobby war, der nun hinter ihr stand.
Als sie sich langsam umdrehte, sah sie tatsächlich in die hoffnungsvollen Augen des alten Jägers.

„Du bist wirklich zurück gekehrt!" sagte er leise, senkte dabei aber nicht das Silbermesser, welches er in der rechten Hand hielt.

Ihr fiel auch eine kleine Glasflasche mit einer klaren Flüssigkeit auf, die Bobby mit der anderen Hand umfasste.

Er bemerkte ihren Blick.
„Bist du es denn wirklich?", fragte er nur und machte einen Schritt auf sie zu.

Valerie begann zu ahnen, was er mit dem Messer und der Flasche vorhatte.
Er musste sicher gehen, dass sie nicht von einem Dämon besessen oder ein Gestaltwandler war.
Sie hoffte der Anteil an Engel in ihr war größer, als der dämonische, so dass sie diesen Test erfolgreich bestehen würde.
Ansonsten würde dies wohl die kürzeste Rettungsmission der Geschichte werden.
Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Bobby sie töten würde, sollte das Ergebnis nicht seinen Erwartungen entsprechen.
Egal wie das auch immer aussehen mochte.
Mit leicht zitternder Hand streifte sie den rechten Ärmel ihrer Jacke hoch und hielt ihn ihm entgegen.

„Sorry, Kleine. Das muss jetzt leider sein."
Er fügte ihr mit dem Messer schnell einen kleinen Schnitt zu und benetzte ihren Unterarm mit der Flüssigkeit aus der kleinen Flasche.
Der Schnitt tat weh und blutete Rot.
Die Flüssigkeit reagierte wie normales Wasser auf ihrer Haut, nämlich gar nicht.
Anscheinend entsprach das genau dem, was er erwartet - oder gehofft hatte -, denn er atmete sichtlich auf.

Er war so erleichtert, dass er einen weiteren Schritt auf sie zu machte und die Arme hob, so als wolle er sie umarmen.
Als Valerie verwirrt einen Schritt zurück trat, schaffte Bobby es gerade noch ein wenig verlegen, diesen spontanen Bewegungsansatz in ein linkisches Schulterklopfen zu verwandeln.

„Ich bin wirklich sehr froh, dich zu sehen. Wir hatten kaum noch Hoffnung. Bis jetzt!"

Valerie brachte es nicht übers Herz ihm sagen, dass das, was sie vorhatte auch gut ihrer aller Leben kosten konnte.

„Komm mit. Sam wird auch erleichtert sein, dich zu sehen", sagte er und wand sich zum Gehen um.

Valerie folgte ihm tiefer in den alten Keller hinein, vorbei an Regalen voll Einmachgläser mit undefinierbarem Inhalt, altem Gerümpel und Unmengen Spinnweben.
Alles mit einer dicken Ruß-Schicht bedeckt.
Hinter einer Ecke sah sie dann die erwartete Eisentür aus ihrer Vision, hinter der sie unterdrückte Schmerzensschreie vernahm.
Auf dem Boden davor saß Sam.
Den Rücken an die Tür gelehnt, den Kopf auf den Knien.
Er hatte sie nicht bemerkt.

Erst als Bobby ihn direkt ansprach, hob er unendlich langsam den Kopf, so als könnte er ihn nur mit Mühe und Not bewegen.
So erschöpft war er.
Sowohl Verzweiflung als auch die durchwachten Nächte hatten ihre Spuren auf seinem Gesicht hinterlassen.
Aus diesem blassen Gesicht sahen sie rot geäderte Augen ungläubig an.
„Valerie?"

„Ja, ich bin es, Sam. Ich bin zurück, wie ich es versprochen habe."

Sam konnte es kaum fassen.
Endlich, wahrscheinlich gerade noch rechtzeitig, war Hilfe gekommen.
Langsam stand er auf.
Seine Beine versagten ihm fast den Dienst und er musste sich kurz an der Tür festhalten.
Die Erschöpfung war sehr weit fortgeschritten.
Mehr, als er sich selbst eingestehen wollte.
Trotzdem ging er auf die junge Frau zu und tat das, was Bobby eben schon fast vor lauter Erleichterung getan hätte.
Er umarmte sie und hielt sie für einige Minuten fest an sich gedrückt.
Dabei er hielt sich eher an ihr fest, denn die aufkeimende Hoffnung überwältigte ihn, raubte ihm fast die letzte Kraft.
Valerie's Wärme zu spüren, tat ihm gut.
Ihm kam der absurde Gedanke, sie nie wieder los zulassen.
Der Wunsch, für immer dort stehen zu können, der ihn wohlig einhüllte wie eine wärmende Decke, keimte kurz ihm auf, bevor die Realität ihn wieder einholte.
In Form von Bobby, der leise hüstelte.

„Wie lang willst du da noch stehen bleiben, Junge? Du erdrückst die Kleine doch fast."

Sichtlich beschämt löste sich Sam von Valerie und trat einen Schritt zurück.
Er räusperte sich bevor er verlegen antwortete,

SeelenFeuer - The Beginning || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt