Kapitel 22

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Der MP-3 Player spielte immer noch, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter aus der Konzentration riss. Es war Sam, der nun vor ihr stand und sie äußerst besorgt musterte.
Überrascht nahm sie die Kopfhörer heraus.

„Komm schnell. Wir haben uns anscheinend verschätzt!"

Valerie stand sofort auf.
Bevor sie auch nur eine Frage stellen konnte, begann Sam ihr zu erklären, was in der letzten Stunde geschehen war.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass schon so viel Zeit vergangen war, so tief war sie in ihrer Konzentration versunken gewesen.

„Wir haben Dean die ganze Zeit beobachtet und gesehen, wie sich der Geist unter seiner Haut immer weiter ausgebreitet hat.
Es schien bereits fast seinen ganzen Körper einzunehmen, als er genau so plötzlich auch wieder verschwand. Es waren keine ungewöhnlichen Bewegungen unter seiner Haut mehr zu erkennen.
Auch seine Schmerzen hatten offensichtlich aufgehört. Er schien sich zu erholen.
Wir hofften schon, es wäre jetzt überstanden."

Er machte eine kleine Pause bevor er weiter sprach.
„Wie dumm von uns!"

Mit schleppender Stimme erzählte er leise weiter.
„Bobby hatte die Tür zum Schutzraum bereits geöffnet, bevor ich ihn daran hindern konnte. Er ging hinein. Er dachte wohl wirklich, Dean sei wieder der Alte. Aber dem war nicht so.
Der Geist in ihm war zwar nicht mehr zusehen, aber trotzdem stimmt etwas nicht mit ihm. Ohne Vorwarnung griff er Bobby an.
Es ging alles so wahnsinnig schnell. Ich hatte keine Möglichkeit mehr, Bobby da raus zu holen.
Wenn du den Versuch noch starten willst, dann jetzt sofort!"

„Worauf warten wir dann noch?"

Der Weg durch den Keller zum Schutzraum schien sich ins Unendliche verlängert zu haben, jetzt da die Zeit drängte.
Keiner der beiden sprach auch nur ein Wort währenddessen.
Ihre Anspannung war fast greifbar, als sie endlich vor der Tür ankamen.
Durch den schmalen Sehschlitz konnten sie im Inneren nur den bewusstlos auf dem Boden liegenden alten Jäger erkennen.
Von Dean selbst war nichts zu sehen.
Ein Schauer überlief Valerie, denn diese Szenerie erinnerte sie sehr an ihre Vision.
Genau wie dort lagen auch jetzt zertrümmerte Regal-Teile verstreut im Raum herum.

„Bon Jovi?", fragte Sam sie plötzlich.

Im ersten Moment begriff sie nicht, was er damit meinte.
Aber nach einer Weile bemerkte sie, dass sie in der Eile ihren MP-3 Player nicht ausgeschaltet hatte und immer noch Musik über die kleinen Kopfhörer vernehmbar war.
Gerade im Moment sang Jon Bon Jovi die letzte Strophe von „Keep the Faith".
Eines von Eric's Lieblingsliedern.
Sie hatte nie ganz verstanden, warum es ihm gefallen hatte.
Bis jetzt.

„Ähm. Ja", antwortete sie verlegen und schaltete die Musik sofort aus.

Sam runzelte nur überrascht die Stirn.

„Ist 'ne lange Geschichte. Ich hoffe, ich kann sie dir später noch erzählen."
Sie zog ihre Jacke aus, nahm die Schale vom Tisch auf und drückte sie Sam in die Hände.
„Halt das."

Sie zog ihr Messer aus der Scheide am Rücken und schnitt sich in den rechten Unterarm.
Unter ständigem wiederholen eines Satzes, in einer Sam unbekannten Sprache, ließ sie das nun aus der Wunde austretende Blut in das Gefäß tropfen.
Kaum das die rote Flüssigkeit die Schale berührte, färbte es sich schwarz und schien sich selbständig zu bewegen.
Sam sah Valerie nur entsetzt an, machte aber glücklicherweise keine Anstalten, die Schale fallen zu lassen.
Nur ein leichtes Zittern seiner Hände verriet seine Aufregung.

Als der Boden des kompletten Gefäßes gut mit der dunklen Flüssigkeit bedeckt war, verstummte Valerie und nahm den Arm herunter, so dass kein neues Blut mehr in die Schale tropfen konnte.
Sie atmete tief durch.
Die Wunde an ihrem Arm hatte bereits begonnen sich zu schließen.
Sie versuchte es zu verbergen, doch Sam war ein aufmerksamer Beobachter.
Er sah sie misstrauisch an.

„Lass mich raten ... auch das ist eine lange Geschichte, oder?"

„In der Tat. Und zu lang für den Augenblick."

Sam sah ihr lange in die Augen.
Valerie spürte wie er innerlich mit sich rang, sich fragte, ob er ihr vertrauen könne.
„Wenn das hier vorbei ist, erkläre ich euch alles. Versprochen!"

Anscheinend hatte er sich für das Vertrauen entschieden, denn er antwortete ihr nur,
„Was soll ich als Nächstes tun?"

Valerie atmete erleichtert auf.
„Du musst mit dieser Schale und den Fläschchen bereit stehen. Ich sage dir dann, den Inhalt welches der Fläschchen du hineingeben sollst.
Das muss alles sehr schnell geschehen, weil ich nicht genau weiß, wie lange ich den Geist in dem Bannkreis werde halten können."
Mit diesen Worten zeigte sie Sam die kleine Phiole, bevor sie sie wieder in die Hosentasche steckte.
„Darin ist eine Flüssigkeit, die den Elementargeist eine Weile aufhalten wird."

Sie ging näher an die Tür heran und sah durch die kleine Luke.
Bobby lag immer noch in der Mitte des Raumes.
Anscheinend war er noch am Leben, denn sie sah, wie sich seine Brust hob und senkte.
Von Dean war rein gar nichts zu sehen.

Sie wandte sich zu dem verbliebenen Winchester um.
„Wir machen das so: Wir gehen beide hinein. Ich zu erst, dann schnappst du dir Bobby und bringst ihn in Sicherheit. Ich kümmere ich mich um den Rest."

„Ok."

„Also dann ...los!"

Sam öffnete die schwere Eisentür und beide traten vorsichtig, Schritt für Schritt, mit gezogenen Messern, in den halbdunklen, runden Raum.
Valerie vorne weg, wie besprochen.
Sam folgte ihr, ihrer beider Rücken deckend.

Als beide nach einer gefühlten Ewigkeit bei Bobby gelangt waren, packte Sam den alten Jäger unter den Armen und begann sofort ihn aus dem Raum zu ziehen.
Beide sahen sich währenddessen immer wieder aufmerksam um, aber außer Bobby und den beiden schien keine weitere Menschenseele mehr im Raum zu sein.

Als Sam Bobby bereits durch den halben Raum gezogen hatte, sahen er und Valerie sich ungläubig an.

„Er war hier drin und er konnte nicht raus", flüsterte Sam nachdrücklich.

„Aber wo ist er dann?" antwortete Valerie ebenso so leise, als sie sich ihm kurz zu wandte.

„Hier, Süße!", ertönte es plötzlich in Valerie's Rücken.

Sam erstarrte in der Bewegung und fixierte fassungslos einen Punkt direkt hinter Valerie.
Er ließ Bobby zu Boden gleiten und griff nach seinem Messer, welches er zuvor weg gesteckt hatte, um den Jäger schneller aus dem Gefahrenbereich zu bringen.
Er wollte ihr zu Hilfe eilen, sich zusammen mit ihr dem Bösen in seinem Bruder stellen, aber der Geist ließ es nicht zu.
Mit einer Bewegung seiner Hand katapultierte der sowohl den immer noch bewusstlosen Bobby, als auch Sam aus dem Raum.
Beide krachten irgendwo, außer Sichtweite, im Keller gegen einige Regale.
Fast Gleichzeitig schloss sich blitzschnell die massive Eisentür direkt vor einer entsetzten jungen Frau.
Damit demonstrierte der Elementargeist eindeutig seine Macht.
Eine Macht, die wahrlich der eines Dämons gleich kam.

„Na, bist du öfter hier?", fragte der Geist feixend.
Er wollte anscheinend noch ein kleines Spielchen spielen, bevor er endgültig mit ihr Schluss machte.

Das kam ihr gerade recht, denn im Moment war es wichtig etwas Zeit zu gewinnen, bis Sam wieder einsatzbereit war, um ihr die nötige Unterstützung zu geben.
Sie erinnerte sich an ihre Vision, wie sie dort mit Dean fertig geworden war.
Er musste genauso wie da in etwa einem Meter Abstand hinter ihr stehen.
Allerdings jetzt etwas links von Ihr.
Er hatte demnach wahrscheinlich nicht das Messer in ihrer rechten Hand gesehen.
Natürlich würde sie ihn damit nicht tödlich verletzen, sondern nur außer Gefecht setzen.

Mit wild klopfenden Herzen drehte sie sich über ihre linke Seite zu ihm um, verdeckte mit der ihm zugewandten Körperhälfte das Messer, machte einen Schritt vorwärts und
stieß das Messer, auf seine Schulter zielend, vorwärts ... ins Leere.

Dean befand sich plötzlich nicht mehr dort, wo er noch vor einer Sekunde gestanden hatte.
Stattdessen blickte sie nun direkt in sein höhnisch grinsendes Gesicht.
Sie waren sich in diesem Augenblick so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Wange spürte.
Und einen wirklich genauen Blick auf seine Augen werfen konnte.
Außer seinen Augen sah sie kaum etwas anderes.

Ihr Grün hatte sich vollkommen in lodernde Flammen verwandelt.
Also doch der Feuerelementar? ,fragte sie sich schockiert und voller Angst.

SeelenFeuer - The Beginning || Supernatural FanFiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt