✴Kapitel 18✴

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Ich blinzelte nicht.
Bewegte mich nicht.
Realisierte es nicht.

Wer mir vor wenigen Tagen noch gesagt hätte, dass es ein Paralleluniversum gab, in dem Menschen – oder wie sie sich bezeichneten – mit magischen Fähigkeiten lebten, dem hätte ich direkt einen Weg in die nächste psychiatrische Klinik gezeigt.

Und jetzt bekam ich selbst das alles mit. Mein Leben war nicht mehr das gleiche.
Ich war nicht mehr die gleiche.

Die Fähigkeiten änderten nichts daran, wer ich war. Ich war immer noch Layla. Mit zwei linken Händen und Füßen. Und mit einer speziellen Gabe.

Noch traute ich dem nicht ganz. Aber Chris konnte mich in diesem Fall nicht anlügen. Auf eine seltsame Weise wusste ich es ja selbst schon.

Bereits als ich diesen Ort betreten hatte, war mir eine Veränderung aufgefallen. Am Anfang war es nur ein sanftes Prickeln. Ich hatte es auf meinen Stress Zustand geschoben. Und mittlerweile war es ein stetiges Pochen.

Ich hatte die Geschichte förmlich aufgesogen, da in dem Buch nichts darüber stand.

Und jetzt hatte jemand eine Nadel gefunden und zugestochen. Denn mein Kopf bekam immer weniger Sauerstoff und ich sackte in mich zusammen.

Also zu festhalten: Layla der neue Kugelfisch von weiß ich sonst wo.

"Wo bin ich Chris? Wo bin ich?!"

Komisch, dass ich noch nicht früher danach gefragt hatte. Immerhin befand ich mich auf einem Planten.
'Immerhin'

"Du bist in meinem Zimmer."

Ach was.

"Wo bin ich Chris?!" Eine Dringlichkeit, die man fühlen konnte, lag in meiner Stimme.

"Du bist..." Er schaute weg.
"Du bist in Saylan."

Saylan? Schon wieder ein neuer Ort und ein neues Chaos in meinem Kopf.

"Bring mich bitte weg!", flehte ich ihn an. Es war mir in diesem Fall egal, ob ich vor ihm im Staub kroch. Ich hätte hier sowieso nichts mehr zu verlieren.

"Ich kann nicht." Er schaute mich immer noch nicht an und strich sich durch sein braunes Haar.

"Chris, bitte. Ich. Muss. Hier. Weg."

Ich gab es auf mit meiner Ruhe und er anscheindend auch, denn er stand so ruckartig auf das der Sessel umkippte.

Wütend kam er auf mich zu und positionierte sich vor mir. Was war denn jetzt schon wieder in ihn gefahren? Beide Hände stützte er links und recht neben meinem Kopf ab. Damit war eine Flucht erstmal ausgeschlossen.

"Wieso willst du hier weg, Layla? Das hier ist deine Heimat. Dein... wirkliches Zuhause", murmelte er und seine Augen brannten sich in meine. Ich schluckte.

Ich sah zu Seite und biss mir auf die Lippen. "Es... ist nicht meine Welt", erklärte ich ihm und sah ihn wieder an. "Das alles hier. Es macht mich einfach nur verrückt."

Chris blinzelte und stieß sich dann wieder von der Wand ab. "Verrückt", äffte er mir nach und eine Faust krachte wenige Zentimeter neben mir in die Wand. "Du machst mich verrückt Layla! Du und deine..."

Chris stoppte und schien sich wieder fangen zu wollen. Währenddessen stand ich regungslos an die Wand gepresst. Der Typ tickt doch nicht mehr ganz richtig.

Ich wagte es kaum zu atem, geschweige denn irgendetwas zu machen. Es war fast wie in diesem Doktor Spiel: Eine falsche Bewegung und das rote Lämpchen ging an.

Ähnlich sah ich das bei Chris, eine falsche Bewegung und ich war das nächste Grillfleisch für ihn.

Schwer schluckte ich. Zum Teufel mit dem ganzen!

Mit einem Tempo, welches nicht normal sein konnte, flitze ich ins angrenzende Badezimmer und schloss ab. Im nächsten Moment krachte Chris gegen die Tür.

Erschrocken trat ich einige Meter zurück und schob einen Schrank vor die Tür, während Chris weiter mit der flachen Hand gegen die Tür schlug.
"Komm raus Layla!", brüllte er.

Ein Wunder, dass er noch nicht mit zwei brennenden Händen mitten im Zimmer stand.

Denk nach Layla! Denk nach! Das Klopfen rückte in den Hintergrund und ich versuchte nach einer Lösung zu suchen. Verdammt!

Dann kam mir das Fenstern in den Sinn und eine kleine Glühbirne begann über meinem Kopf hell zu leuchten und Gestalt einer Idee anzunehmen.

Das Fenster war nicht verschloss und als ich nach untern blickte wusste ich auch warum. Niemand war so geisteskrank und sprang 15 Meter in die Tiefe außer aus einem Grund.

Ich schluckte und drehte mich zur Tür um. Das Hämmern hatte aufgehört.
"Komm raus, Layla." Die Stimme war trügerisch sanft und lockte mich die Tür zu entriegeln.

Die Stimme war verführerisch und ich ertappte mich dabei wie ich meine Hand ausstreckte.

Ich schüttelte meinen Kopf und damit auch diese Stimme ab und versuchte mich wieder zu konzentrieren. Ich musste hier raus und damit meinte ich nicht gerade wegs durch die Tür in Chris Arme.

Auf einmal schienen die fein säuberlich gestapelten Handtücher in einem Regal in einer Ecke meine letzte Hoffnung zu sein.

Eilig riss ich einige heraus und schlug sie auf.

Ich betrachtete den Stoff. Er war zu dick und auch zu kuschelig um die Enden vernünftig aneinander zu binden.

"Layla..." Chris meldete sich von der anderen Seite des Zimmers.

Stumm suchte ich weiter nach etwas, aber es gab einfach nichts.

"Komm raus Layla, du kommst da sowieso nicht weg." Er schien Gedanken zu lesen. Ich sah zum Fenster und wieder zur Tür. Einen Weg gab es, aber... ich würde mit höchster Wahrscheinlichkeit sterben oder mir etwas brechen.

Chris fing wieder an mit seinen Händen an der Tür zu klopfen. "Ich kann diese Tür auch niederbrennen!", drohte er und ich kniff die Augen zusammen. So langsam geriet ich in Panik.

Auf einmal verstummte das Klopfen. Ich sprang zum Fenster und kletterte hinauf, als eine Flamme aus der Tür schoss und es verbrannt roch.

Chris stand mit bebend in der Tür und kam geschmeidig ins Bad. Dann sah er mich am Fenster. "Layla...", murmelte er weiter und ich rutschte weitere Zentimeter zurück.

"Komm nicht näher! Oder ich springe!"
Es war mein einziger Trumpf den ich gegen ihn ausspielen konnte. Und tatsächlich stoppte Chris. Gut.

Keiner von uns bewegte sich. "Du willst das doch nicht wirklich, Layla", fing er ruhig auf mich einzureden, doch ich schüttelte den Kopf.

"Lieber springe ich, als noch länger in dieser verrückten Welt zu bleiben! Das alles ist ein dämlicher Traum!"
Doch da war ich mir selbst auch nicht mehr ganz so sicher.

Chris bewegte sich. "Keinen Schritt weiter!", warnte ich. Eine Bewegung von mir und ich stürzte in die Tiefe.

Wieder stoppte er und sah mich an.
"Sei nicht dumm Layla." Chris und mich trennten nur noch wenige Schritte.

Ich wollte nicht springen, aber es gab keinen anderen Ausweg. Chris hatte mir mit dem Tod gedroht. Wieso also nicht auch hier sterben?

Alles geschah ganz schnell.
Chris sprang mit einem mächtigen Sprung auf mich zu und ich ließ mich fallen.

Zu spät.

Chris hatte meinen Arm zufassen bekommen und ich baumelte aus dem Fenster. Wir beide atmeten schwer.
Vor Adrenalin zitterte ich und Chris schien auch kurz durchzuatmen.

"Lass nicht los!", rief er mir zu, doch was erwartete er? Sollte ich bereitwillig  wieder zu ihm gekrochen kommen.

Er versuchte mich hinauf zu ziehen, doch ich stemmte mich gegen die Wand. "Niemals", knurrte ich ihn an und drückte gegen seine Hand.

"Lass du doch los!", warf ich ihm entgegen und nahm einen tiefen Atemzug, als ich mich von ihm kraftvoll wegstemmte.

Hate Me - Unkontrollierbare Sinne Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt