Das Geräusch von aufeinanderschlagendem Metall durchdringt meinen Kopf, während es jegliche anderen Geräusche auf der Wiese verstummen lässt. So wie es jedes Mal bei mir ist, wenn ich trainiere. In Momenten wie diesen existiert nichts anderes um mich herum.
"Denkt an Euren Arm, Eure Hoheit", erinnert mich Fernando, während er einen Angriff von der Seite vortäuscht.
Geschickt weiche ich seinen Hieben aus und lasse mein Schwert nach vorne schnellen .
"Sie sollten lieber an Ihren Arm denken, Fernando", lache ich und pariere seinen nächsten Schlag gekonnt. "Es müssten hundertfünfzig Grad sein, wenn mich nicht alles täuscht. Vielleicht sogar hundertsechzig. Haben Sie mich damals nicht Besserem belehrt?"
"Ich lasse mich nicht von Euch ablenken, Eure Hoheit", versichert er mir und setzt zu einem weiteren Schlag an, doch da hat er die Rechnung ohne mich gemacht.
Ich nehme Anlauf und stemme mich im selbem Moment vom Boden ab, in dem Fernando das Schwert nach oben reißen will. Genau im richtigen Zeitpunkt lasse ich meine Hand nach vorne schnellen und komme mit beiden Füßen hinter ihm auf dem Boden auf.
Freudenstrahlend blicke ich in das verdutzte Gesicht meines Gegners, der nun völlig unbewaffnet vor mir steht und fassungslos auf sein Schwert in meiner Hand starrt.
"Tatsächlich?", erwidere ich. "Für mich sieht es allerdings ganz danach aus. Und nur um das klarzustellen: Der Winkel zwischen Ober- und Unterarm betrug bei mir exakt neunzig Grad." Skeptisch sehe ich den Leibwächter meiner Eltern an. "Was bei Ihnen wohl eher nicht der Fall war."
Ein tiefes Lachen ertönt hinter uns und Papá kommt klatschend auf die Wiese vor unserem Schloss gelaufen. "Sie lassen sich doch wohl nicht von einer Sechzehnjährigen besiegen, Fernando?"
"Es tut mir leid Euch enttäuschen zu müssen, Eure Majestät", seufzt Fernando und klopft sich den Staub von seiner Uniform. "Doch Eure Tochter scheint tatsächlich besser zu sein, als ich es jemals sein werde."
Papá lacht und nimmt mich in den Arm. "Genau das ist ja auch der Zweck meines Trainings" Sanft streicht er mir über meine Locken. "Ich habe jahrelang dabei zusehen müssen, wie Prinzessinnen und sogar Königinnen Opfer von Anschlägen wurden, weil sie sich nicht verteidigen konnten. Aber das, sagt er und sieht mich stolz an, wird Lucía nicht passieren. Nicht meinem einzigen Kind."
"Eure Majestät, Ihr vergesst den starken Glauben Eurer Tochter", sagt Fernando plötzlich. "Sie ist eine fantastische Kämpferin, das gebe ich zu. Doch sollte der Fall eintreffen – könnte sie jemals einen Menschen...", er scheint kurz mit sich zu ringen, ehe er seinen Satz vollendet, "... umbringen?"
Erschrocken starre ich ihn an und meine Hand fährt automatisch an den Kreuzanhänger meiner Goldkette.
"Das Morden ist eine Todessünde!", flüstere ich und schüttle ungläubig den Kopf.
Wie könnte ein Mensch jemals einen anderen Menschen umbringen? Wie könnte ich jemals einen anderen Menschen umbringen? Mein Vater sollte das besser, als jeder Andere wissen.
"Das, Fernando, ist eine Eigenschaft, die sie ihrer Mutter zu verdanken hat", antwortet Papá. "So stark ihr Glaube, ihr Wissen und ihre Kampfkunst auch sind... Es gibt eine Sache, die all diese Dinge übertrifft."
"Die wäre, Eure Majestät?"
"Die Liebe", höre ich die Stimme von Papá. "Lucía würde alles für die Menschen tun, die sie liebt."
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während ich hinunter auf das bronzene Kurzschwert blicke, das mir mein Großvater vermacht hat.
"Ja, Fernando... Sie würde sogar morden."
DU LIEST GERADE
Die Grenzen zwischen uns *abgeschlossen*
Storie d'amore„Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenzulernen, Prinzessin Lucía" Unwillkürlich durchfährt mich ein weiterer Schauer, während er meine Hand langsam an seinen Mund legt und sie vorsichtig küsst. Mein Atem stockt. „Die Ehre ist ganz meinerseits"...